Eine eigene Studie bescheinigt der Bundeswehr eine ausgeprägte Frauen- und Familienfeindlichkeit. Die meisten Soldaten würden sich nicht noch einmal für den Dienst an der Waffe entscheiden.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber leidet. Fast 43 Prozent der Soldatinnen und Soldaten würden ihren Beruf nicht oder eher nicht wieder ergreifen. Das geht aus einer bundeswehreigenen Untersuchung hervor, die vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften im Herbst 2011 erhoben und jetzt in Berlin vorgestellt wurde. Die Unzufriedenheit der Bundeswehrangehörigen mit ihrer beruflichen Realität wächst aus unterschiedlichen Gründen.

 

Immer mehr Soldaten beklagen Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Bei den Soldaten ist die Zufriedenheit in diesem Bereich seit der Vergleichsstudie sechs Jahre zuvor um fast 20 Prozentpunkte auf 53,1 Prozent gesunken. Bei den Soldatinnen sank die Zufriedenheit von 66,6 auf 51,3 Prozent.

Der Dienst wird zum Trennungsgrund

Diese Entwicklung ist für das Verteidigungsministerium umso besorgniserregender, als die Befragung vor der jüngsten Neuausrichtung der Bundeswehr erfolgt ist. Mit den im September 2011 beschlossenen Standortreduktionen kommen jedoch weitere Erschwernisse auf die Soldaten zu. Da durch die Reform eine hohe Zahl von kleinen und mittleren Militärstandorten entstanden ist, steigt nach Einschätzung von Experten die Versetzungshäufigkeit. Je größer die Standorte sind, desto größer sind die Chancen für die einzelnen Soldaten, mehrere Karriereschritte an einem Ort zu vollziehen. Die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat angekündigt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern zu wollen. Ihr Vorgänger Thomas de Maizière (CDU) wollte an der Neuausrichtung nicht rütteln. Dass von der Leyen mit bereits gefassten Beschlüssen flexibler umgeht, wird von Soldaten und in Koalitionskreisen erwartet.

44 Prozent der 8500 befragten Frauen und 43 Prozent der befragten 6000 Männer gaben im Jahr 2011 an, sich aufgrund ihres Dienstes von ihrem Lebenspartner getrennt zu haben. Die Zahlen sind ein Alarmzeichen, denn die Truppe tut sich nach der Aussetzung der Wehrpflicht und angesichts der demografischen Entwicklung sowie den positiven Konjunkturaussichten schwer mit der Rekrutierung des Nachwuchses.

Darüber hinaus wird die im Jahr 2001 eingeleitete Integration von Frauen von den männlichen Truppenangehörigen mit Argwohn betrachtet. 2011 fanden mehr als die Hälfte der Männer, dass die Soldatinnen zu positiv beurteilt würden und bessere Karrierechancen hätten. Fast jeder dritte Soldat glaubt an eine Vorzugsbehandlung der Frauen durch die Vorgesetzten.

Generell sehen die Soldaten die Frauen in Uniform als Belastung für die Bundeswehr. Mehr als jeder dritte Soldat sieht die Kampfkraft der Streitkräfte dadurch geschwächt. Fast 16 Prozent meinen, dass der militärische Auftrag deswegen nicht mehr erfüllt werden kann. 56,6 Prozent sprechen von einer Veränderung zum Schlechteren.