An diesem Mittwoch will sich die große Mehrheit der Apotheken am bundesweiten Protesttag beteiligen. Medikamente dürfte es eher nur in den Notdienstapotheken geben. Warum sind die Apotheker so auf der Palme?

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sei nicht gefährdet, heißt es beim zuständigen Fachverband. Doch laste sie auf immer weniger Schultern. Denn die Zahl der öffentlichen Apotheken in Deutschland sinkt seit 2009 stetig und hat nun die 18 000er-Grenze unterschritten. Es ist der niedrigste Stand seit Anfang der 1980er Jahre.

 

Die Schließungen häufen sich, Neueröffnungen werden immer weniger. Allein in Baden-Württemberg ist über 25 Jahre ein Rückgang um gut 550 Apotheken auf derzeit noch 2264 zu verzeichnen. Als Ursachen werden neben dem Wettbewerb untereinander und den Nachwuchsnöten die gesundheitspolitischen Bedingungen ausgemacht. Weil die Politik aus Sicht der Apothekerinnen aktiver gegen den Schwund vorgehen müsste, treten sie am 14. Juni in den Warnstreik.

Seit Jahren anhaltende Ignoranz der Politik

Angesichts eines zehnjährigen Stillstands beim Apothekenhonorar, einer sich zuspitzenden Lieferengpasskrise, eines massiven Personalmangels in den Apotheken und einer nicht mehr hinnehmbaren bürokratischen Last wehrt sich der Berufsstand gegen die seit Jahren anhaltende Ignoranz der Politik“, fasst der Sprecher der Landesapothekerverbandes, Frank Eickmann, den grassierenden Unmut zusammen.

Laut dem Bundesverband der Arzneimittelhersteller hatte etwa jeder dritte Kunde in den vergangenen zwölf Monaten Schwierigkeiten, Arzneimittel gegen akute oder chronische Beschwerden zu bekommen. Eickmann zufolge landen jede Woche mehr Arzneimittel auf der Überwachungsliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Aktuell fehlten insbesondere Antibiotika, sowohl für Erwachsene als auch in Kinderzubereitungen, also Säften. Viele weitere Arzneimittelgruppen seien nicht lieferbar, darunter auch Insuline, Herzmedikamente oder Mittel gegen Bluthochdruck. „Die Liste der betroffenen Indikationen ist lang“, stellt der Sprecher fest. Der Gesetzgeber müsse wirkungsvoll gegensteuern.

Nötig sei beherztes politisches Handeln – auch im Hinblick auf eine gerechte Vergütung der Apotheken für ihre pharmazeutischen Leistungen. Konkret gefordert wird die Anhebung des apothekerlichen Fixhonorars von 8,35 auf 12,00 Euro. Das Fixum müsse durch einen regelhaften Mechanismus jährlich an die Kostenentwicklung angepasst werden. Auch sollte es eine „angemessene Entlohnung für zu leistende Mehrarbeit“ geben, die seit Monaten in immensem Maß bei der Bewältigung der Lieferengpässe anfalle.

Hohe Beteiligung am Streik erwartet

Dass der Streiktag wirkt, steht offenbar außer Zweifel: „Wir gehen von einer hohen Beteiligung aus“, sagt der Verbandssprecher. „Nach derzeitiger Einschätzung werden sich etwa 90 Prozent der Apotheken im Land beteiligen und ihre Türen am Mittwoch geschlossen halten oder mit anderen Maßnahmen agieren.“ Anders als in Berlin, Düsseldorf oder Hannover soll es in Baden-Württemberg keine größere Kundgebung geben.

Notversorgung werde sichergestellt: Die Notdienste seien an jeder Apotheke angeschlagen und im Netz unter www.aponet.de aufrufbar. Telefonisch seien die Notdienstapotheken über Ruf 22 8 33 recherchierbar. Patienten mit planbarer Medikation werden gebeten, sich am Tag vor oder nach dem 14. Juni in ihrer Apotheke zu versorgen.