So bunt ist die Stadt: Im Friedrichsbau Varieté spricht OB Frank Nopper mit über 50 Personen der LSBTTIQ-Community über deren Forderungen und den Streit um Fahnen im vergangenen Jahr. Bei den Wünschen ganz oben: ein Regenbogenhaus für Stuttgart.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Die Regenbogenkrawatte, die Frank Nopper bei seinem ersten CSD-Empfang im Stuttgarter Rathaus im vergangenen Sommer getragen hat, hängt diesmal nicht am Mann. „Zum Glück“, sagt CSD-Sprecher Detlef Raasch im Friedrichsbau Varieté spitz, „der Karnevalsschlips war eine medienwirksame, deplatzierte Aktion.“ Diesmal trägt der OB um den Hals Grün. Er kommt direkt von einem Termin beim VfB. „Grün ist die Farbe der Hoffnung“, erklärt der CDU-Politiker.

 

„Varieté bedeutet Vielfalt und steht für Akzeptanz und Toleranz“, sagt Timo Steinhauer, der Intendant des Friedrichsbaus und selbst Teil der queeren Community. So bunt wie das Leben sind die Kunstformen, die auf dem Pragsattel ihre Bühne finden. Der Theaterchef freut sich, dass er in seinem Haus so viele Personen aus der Stuttgarter LSBTTIQ-Community begrüßen kann. Die Hoffnung bei den Gästen ist groß, dass der grün tragende Rathauschef aus möglichen Fehlern vom vergangenen Jahr lernt. Ja, das mit der Regenbogenkrawatte mache er nicht mehr, sagt er zu Detlef Raasch und lächelt.

„Stuttgart ist eine Stadt der wechselseitigen Akzeptanz“

An diesem Abend stellt der Fotograf Wilhelm Betz die 52 Porträts seiner neuen Serie „Charakterköpfe – Buntes Stuttgart“ vor. Bisher hat er mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen gearbeitet. Bei diesem Thema ist Farbe Pflicht. Fast alle „Motive“ von Betz, also alle Buchstaben von LSBTTIQ, sind ins Varieté-Foyer gekommen. Dass der OB mit seiner Frau Gudrun Nopper dem bunten Treffen beiwohnt, versteht der Politiker als klares Statement. Im vergangenen Jahr hatte er sich im Streit um Regenbogenfahnen am Rathaus viel Ärger eingehandelt. Mit seinem Besuch im Friedrichsbau will er jenem Teil der Stadtgesellschaft Respekt zollen, der in der Vergangenheit oft ausgrenzt war.

„Stuttgart ist eine Stadt des guten Miteinanders, in der die unterschiedlichsten Lebensformen, Lebensstile und Lebensentwürfe ihren Platz haben“, erklärt der OB, „Stuttgart ist eine Stadt der wechselseitigen Akzeptanz und des wechselseitigen Respekts.“ Die sechs Farben der Regenbogenfahne stünden „für Leben, Gesundheit, Sonnenlicht, Natur, Kunst, Harmonie und Geist“. Sein Appell: „Lassen Sie uns mit der Regenbogenfahne den Geist der Harmonie in unserer Stadt und in unserer Gesellschaft stärken, aber auch den Geist der Solidarität und der bunten Vielfalt im schaffigen Stuttgart!“

Was wird aus dem Regenbogenhaus in Stuttgart?

Mit schönen Worten allein sind die Gäste nicht zufrieden. „Was wird aus dem Regenbogenhaus?“, fragt Tanja Gemeinhardt, die Gründerin von Mission Trans*, „unterstützen Sie die Pläne dafür?“ Ein Regenbogenhaus sollte einen Schutzraum bieten, aber auch Sichtbarkeit fördern, sagt sie. In dieser Einrichtung sollten „Freizeit- und Kulturangebote für Jung wie Alt, Lager- und Büroräume für Organisationen, Schulungen und Fortbildungen für Fachpersonal aus diversen Bereichen sowie ein breites Beratungsangebot, inklusive Informationen zu medizinischer Versorgung“ ihre Heimat finden. Frank Nopper erwidert, er sei diesen Plänen gegenüber aufgeschlossen. Deshalb unterstütze er den Gemeinderatsbeschluss, die Erarbeitung eines Konzeptes dafür zu finanzieren. Doch klar Position beziehen will der OB an diesem Abend nicht. Es hänge davon ab, was im Konzept stehe, sagt er. „Ein klares Ja kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen“, so Nopper.

Die neue Devise lautet: #OutInStuttgart

Es wird diskutiert, aber auch viel gelacht. George Bailey spielt am Klavier dazu. Vom Gesamtmetallpräsident Stefan Wolf bis zur Dragqueen Divalicious, vom Renitenz-Theater-Chef Sebastian Weingarten bis zu Nicole Illek, der Diversity-Managerin bei Festo, von Musicalstar Kevin Tarte bis zu Marcus Kapp, dem Mister Leather Baden-Württemberg, von Claudia Feiner von proud@porsche, dem LSBTTIQ-Netzwerk des Sportwagenproduzenten, bis zum Regisseur Benjamin Hille, der vor einem Jahr Teilnehmer beim Schauspiel-Manifest #actout war – mit ihnen und mit vielen anderen wird an diesem Abend das Friedrichsbau Varieté zum Regenbogenhaus. Das neue Motto lautet: #OutInStuttgart. So eine Möglichkeiten zum regelmäßigen Treffen wünschen sich viele der Gäste, weshalb die Stadt ein Regenbogenhaus brauche, nicht nur für einen Abend. Das Buch zu der Serie erscheint im Juli zum CSD bei einer Ausstellung der Porträts im Stadtpalais.