Einst wurden 70 000 der bis zu 1000 Seiten dicken Fahrplanbücher verkauft, doch die Nachfrage hat stark nachgelassen, die Fahrgäste nutzen stattdessen ihr Smartphone und die VVS-App. Doch das Kursbuch hat auch Fans – und die trauern.

Stuttgart - Fesselnd war es nie wirklich, reich illustriert auch nicht, aber immerhin informativ, wenn auch auf eine etwas dröge Art, denn der Plot fehlte. Dennoch war es über Jahre ein Bestseller. „Alles drin. Zum hin und weg sein“, versprach das Fahrplanbuch des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS) in seiner letzten Auflage. Die ist seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2021 Geschichte. Nun ist das Buch selbst weg.

 

Ein paar Fahrgäste trauern dem Wälzer (bis zu 1000 Seiten) nach. „Ich selbst habe kein Smartphone zur Fahrplanauskunft. Ich kann mir aber glücklicherweise helfen, indem ich im Zweifelsfall eben dann mein Auto nehme“, schrieb ein verärgerter Fahrgast kurz vor Jahresschluss 2021 an den Verbund. Vier schriftliche Beschwerden habe es bis vor Weihnachten gegeben, heißt es dort. Wer statt der Auskunft auf dem Smartphone lieber etwas Gedrucktes haben wolle, könne sich über die Linienfahrpläne informieren.

Mitarbeiter heute mit Tablets

Den Abschied von dem 1978 erstmals aufgelegten Standardwerk öffentlicher Verbindungen in der Region Stuttgart hat der VVS bereits vor mehr als einem Jahr angekündigt. Die Fahrgastzahlen wuchsen vor der Coronapandemie Jahr für Jahr, die Nachfrage nach den Wälzern – insgesamt sechs für die jeweiligen Stadt- und Landkreise – ging dagegen immer mehr zurück.

In Spitzenzeiten habe man 70 000 Fahrplanbücher verkauft, zuletzt noch 15 000 aufgelegt, von denen aber nur 10 000 in den Verkauf (der Band zu 3,80 Euro) gingen, so der VVS. Der Rest waren Fahrerexemplare, die die Verkehrsunternehmen den Mitarbeitern stellten. In der Regel schauen die heute auf Tablets, die weniger auftragen als das Buch und die jüngsten Baustellen und Änderungen nennen können. 56 sind aktuell auf der VVS-App eingestellt.

Millionen Auskünfte täglich

Die finanzielle Seite – Druck und Vertrieb organisierte ein VVS-Vertragspartner, der Verbund übernahm eine Ausfallbürgschaft – sei weniger ein Grund für die Einstellung gewesen als der, dass die Information auf Papier schnell veralte.

Die kostenlosen Linienfahrpläne, die der VVS und die Verbundbetriebe ausgeben, erreichen eine Auflage von 660 000 Exemplaren, über die VVS-Homepage kann man sie auch ausdrucken, 210 Linien werden abgedeckt. Die Auslieferung dieser Mini-Kursbücher, die ins Portemonnaie passen, hatte sich im Dezember teils verzögert, weil der Zusteller nicht hinterherkam. 660 000 Exemplare, das hört sich nach viel an. Die Zahl verblasst aber angesichts von drei Millionen Auskünften, die über die elektronische Fahrplanauskunft abgerufen werden – und das täglich.