In Frankreich wird ein Busfahrer brutal ins Koma geprügelt. Nun ist er gestorben und die Politiker fordern schwere Strafen für die Täter.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris - Die Witwe will keine Gnade für die Täter walten lassen. „Wir müssen mit der Faust auf den Tisch schlagen, damit so etwas nie wieder passiert“, fordert die verzweifelte Frau des Busfahrers, der vor wenigen Tagen in südfranzösischen Bayonne von einer Gruppe junger Männer brutal ins Koma geprügelt wurde. Am späten Freitag ist der 59-Jährige in einem Krankenhaus gestorben. „Es ist barbarisch, nicht normal,“ sagte die Mutter von drei Töchtern. „Ich fühle mich wie in einem Albtraum.“

 

Hoffnung bis zur letzten Sekunde

Bis zur letzten Minute hatte sie gehofft, dass ihr Mann trotz der schweren Verletzungen wieder aufwachen würde, obwohl er von den Ärzten schon bei der Einlieferung in das Krankenhaus für hirntot erklärt worden war. Sein Herz schlage noch, sagte seine Frau dem Fernsehsender BFMTV noch Mitte der Woche. Überwältigt zeigte sie sich von der großen Anteilnahme der Menschen an ihrem Schicksal. Am Mittwochabend versammelten sich in Bayonne rund 6000 Teilnehmer zu einem Schweigemarsch. In vielen französischen Städten stoppten um 19.30 Uhr die Busse für eine Schweigeminute.

Zeugen der brutalen Tat berichten, dass der Busfahrer am vergangenen Sonntag an einer Haltestelle am Rand eines beliebten Ausgehviertels in Bayonne eine Gruppe von drei Männern aufgefordert habe, seinen Bus zu verlassen, da sie keine Masken trugen, wie es die Corona-Regeln in Frankreich verlangen. Gleichzeitig sei ein vierter Mann eingestiegen, dessen Ticket er kontrollieren wollte. Der Angesprochene habe sich aber geweigert, den Fahrschein zu zeigen. Die Situation sei innerhalb von Sekunden eskaliert und es sei zu einem Wortgefecht gekommen. Die Männer hätten den Fahrer aus dem Bus gestoßen beschrieb ein Augenzeuge der Zeitung „Le Parisien“. Dann sei er von Männern aus der Gruppe heftig gegen Kopf und Oberkörper getreten worden.

Die Täter können verhaftet werden

Ein anderer Zeuge beschreibt, dass mehrere Menschen dem Mann schließlich geholfen hätten, aufzustehen. Er habe geblutet und Schwierigkeiten beim Gehen gehabt. Dann sei er zusammengebrochen - er habe zwar geatmet, aber auf Fragen habe er nicht mehr reagieren können. Die Täter seien geflohen. Aber schon kurz nach der Tat wurden vier Personen gefasst und sitzen nun in Haft. Gegen zwei von ihnen, einen 22- und einen 23-Jährigen, wird demnach wegen Totschlags ermittelt, gegen die zwei weiteren Verdächtigen wegen unterlassener Hilfeleistung.

Die Politiker fordern harte Strafen

Angesichts der großen Bestürzung über die Tat im ganzen Land, eilte auch Frankreichs neuer Innenminister Gérald Darmanin nach Bayonne an die spanische Grenze. Es handle sich um eine „absolut abscheuliche, unaussprechliche Tat“, sagte der Minister am Wochenende bei einem Besuch der Witwe, die von der Politik „Rache“ für den Tod ihres Mannes fordert. Darmanin wollte sich nach eigenen Aussagen ein Bild von der Sicherheit vor Ort machen und sprach auch mit Busfahrern. Er wisse, dass viele von ihnen morgens mit einem mulmigen Gefühl zur Arbeit gehen würden, sagte der Innenminister. Die Angst gehöre inzwischen zum Alltag der Busfahrer, Kontrolleure oder U-Bahnfahrer, diese grundlose Gewalt dürfe aber niemals zur Gewohnheit werden. In dasselbe Horn stieß neben vielen anderen Politikern auch Frankreichs neuer konservative Premierminister Jean Castex, der auf dem Kurznachrichtendienst Twitter betonte, dass die Justiz „die Täter dieses verabscheuungswürdigen Verbrechens bestrafen“ wird.

Fehlender Respekt in der Gesellschaft

Innenminister Gérald Darmanin sieht die zunehmenden Gewalt und Verrohung allerdings als ein Problem der gesamten französischen Gesellschaft. Er konstatiert in allen Lebensbereichen den Respekt vor Autoritäten. Dieses Problem könne aber nicht gelöst werden, indem man bloß die Sicherheitskräfte des Staates mit mehr Geld und besser Ausrüstung ausstatte oder schärfere Gesetze erlasse, erklärte der Politiker bei seinem Besuch in Bayonne. Zentral sei die Erziehung der Kinder und Jugendlichen, er warnte aber davor, allein die Schulen dafür verantwortlich zu machen. Prägend sei das Elternhaus, wo die Weichen für das Leben gestellt werden.