Jürgen Stäbler betreibt das kleinste Busunternehmen im VVS. Jetzt kämpft sich der Magstadter durch die Krise.

ÖPNV - Das Jahr hatte begonnen, wie es sich das Unternehmerherz wünscht. Im Januar und Februar waren die Kataloge gedruckt, auch die Menschen waren in guter Stimmung und wollten die Welt erkunden. „Wir hatten im Januar und Februar so viele Buchungen, wie schon lange nicht mehr“, berichtet Jürgen Stäbler.

 

Dann kam Corona, und dann war alles anders. Wenn der Busunternehmer aus Magstadt jetzt seinen Kalender durchblättert, sind die Tage entweder leer, oder es steht dort: „gecancelt“. Keine guten Aussichten für die Firma Stäbler-Reisen. Sie ist das kleinste Mitgliedsunternehmen des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart GmbH (VVS), aber das hilft in der Krise nur bedingt. „Gut ist, dass wir auf zwei Standbeinen stehen“, sagt Jürgen Stäbler, der Chef von fünf festangestellten Mitarbeitern und fünf Bussen.

Zu etwa einem Drittel leben sie vom Linienverkehr, zu zwei Dritteln von Reisen und Ausflügen. Etwa zehn mehrtägige Fahrten organisiert die Firma pro Jahr, dazu monatliche Tagesausflüge und die Ausfahrten von Vereinen und Schulen.

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Der komplette Reiseverkehr fällt derzeit weg. Und nicht nur das: Vorauszahlungen musste Stäbler den Kunden natürlich zurückerstatten. „Man braucht schon etwas Geld auf der hohen Kante, um das durchzustehen“, sagt er.

Und diesen langen Atem braucht er weiterhin. „Der größte Punkt ist die Fahrzeugfinanzierung“, sagt der Unternehmer. „Und die läuft ja weiter.“ Denn, so wie alle Busfirmen, hat er Kredite aufgenommen, um die Fahrzeuge zu bezahlen. Die Banken stunden die Raten zwar. „Das tun sie jetzt drei oder vier Monate, aber was ist dann?“, fragt er sich.

Und nicht nur er. Mit einer Sternfahrt mit rund 1000 Reisebussen aus ganz Deutschland hat die Branche am Mittwoch für mehr finanzielle Unterstützung demonstriert. Jeder zweiter Reisebusbetrieb fürchtet das Aus, ergab eine Branchenumfrage. Jürgen Stäbler bestätigt das. „Wir brauchen jetzt den Rettungsschirm für die Touristik“, sagt er. „Sonst ziehen ganz dunkle Wolken auf.“ Dieses Jahr werde er überstehen. „Aber wenn dann nichts passiert, wird die Sterberate bei uns in der Branche hoch sein.“

„Man muss Klimmzüge machen“

Langweilig war ihm trotz des wenigen Geschäfts noch nicht. Für die Mitarbeiter musste er Kurzarbeit anmelden, mit Banken und Versicherungen verhandeln. Und alle Kostenposten prüfen, die sonst gar nicht auffallen. Zum Beispiel die Gema, die er für Musik in Bussen bezahlt. „Ich musste mich erst einmal erkundigen, ob uns die Gema die Beiträge erlässt, was sie zum Glück getan hat“, berichtet er. „Das sind schon Klimmzüge, die man da machen muss.“

Dass es einmal so schwierig würde, hätte der heute 55-Jährige nicht gedacht, als er vor 25 Jahren den Betrieb von seinem Vater übernommen hat. In der vierten Generation ist er schon Busunternehmer in Magstadt. Christian Stäbler hat anno 1906 das Geschäft angefangen, 2006 hat man das hundertjährige Firmenjubiläum groß in der Festhalle in Magstadt begangen.

Der Vater hatte ihm einst abgeraten, die Firma weiterzuführen, schon damals war es schwierig. „Aber ich bin da reingewachsen, schon früh habe ich den Bus rausgekehrt, weil ich als kleiner Bub unter alle Sitze kam“, erzählt er und schmunzelt. Den sicheren Job als Kfz-Mechaniker beim Daimler hat er eingetauscht gegen die unsichere Selbstständigkeit.

Der Unternehmer setzt auf schöne Herbstfahrten

Und einfacher wird es nicht, das war auch schon vor Corona so. Nur ein Beispiel: Wer früher die Konzession für eine Linie hatte, der hatte ausgesorgt. Seit einigen Jahren aber verlangt die EU, dass die Landratsämter alle Buslinien regelmäßig ausschreiben. „Der Vertrag läuft dann acht Jahre, aber was danach ist, weiß niemand“, sagt Jürgen Stäbler.

Bei ihm ist es die X74, seine einzige Linie. Der Bus-Chef bleibt optimistisch, jammern will er nicht. „Man kann nicht sagen, dass nichts getan wird“, sagt er mit Blick auf den Staat. Bis Jahresende gibt es erst einmal den Rettungsschirm. Und auch den Reiseverkehr will er wieder langsam anlaufen lassen. „Ich setze jetzt auf schöne Herbstfahrten“, sagt er. „Und darauf, dass 2021 so gut anfängt wie 2020.“