Die Firma Rexer hat Insolvenz angemeldet. Das Calwer Busunternehmen bedient rund ein Drittel der Buslinien im Esslinger Stadtgebiet. Zunächst soll der Verkehr jedoch uneingeschränkt weiterlaufen.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Die ersten Hinweise hat Andreas Clemens, der kaufmännische Werksleiter des Städtischen Verkehrsbetriebs Esslingen (SVE), am Dienstag nach Feierabend erhalten. Auf einen Anruf des bisherigen Partners musste Clemens dann bis zum Mittwochmittag warten. Dabei birgt die Nachricht Sprengstoff.

 

Denn das Calwer Busunternehmen Rexer, das seit der von der Europäischen Union geforderten Bündelneuvergabe am 1. Juli 2018 rund ein Drittel des innerstädtischen Streckennetzes in Esslingen bedient, hat am Dienstag beim Amtsgericht in Tübingen einen Insolvenzantrag gestellt. Betroffen davon sind insgesamt fünf Rexer-Gesellschaften, die unter anderem neben Esslingen einen großen Teil des Nahverkehrs in den Landkreisen Calw und Heilbronn betreiben.

140 Busse, 360 Mitarbeiter

Aber auch das Schwesterunternehmen für den Busreiseverkehr und das für technische Dienstleistungen stehen vor der Zahlungsunfähigkeit. Insgesamt verfügt die Gruppe über 140 Busse und beschäftigt 360 Mitarbeiter. Deren Gehälter seien gesichert, heißt es.

Die positive Nachricht aus Sicht der Fahrgäste in den drei betroffenen Nahverkehrsregionen: Der bereits am Dienstag als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzte Ilkin Bananyarli von der Stuttgarter Anwaltskanzlei Pluta hat angekündigt, dass der Betrieb der von Rexer bedienten Buslinien zunächst „nahtlos weitergeführt“ werden kann. Bananyarli: „Die Beförderung aller Fahrgäste der Rexer-Gruppe ist damit sichergestellt.“ Das bestätigt Andreas Clemens: „Heute morgen sind alle Esslinger Busse rausgegangen.“

Noch zu früh, über Konsequenzen zu reden

Dennoch muss man sich in Esslingen nun ernsthafte Gedanken über die Zukunft des Öffentlichen Personennahverkehrs machen. Noch sei es viel zu früh, um beurteilen zu können, welche Konsequenz der Insolvenzantrag tatsächlich haben werde. sagt Clemens. In einer Pressemitteilung einer von Pluta beauftragten Agentur heißt es, der Insolvenzexperte Bananyarli mache sich derzeit ein Bild über die Lage des Unternehmens und führe erste Gespräche mit den Verantwortlichen. Unter anderem hat Bananyarli im vergangenen Jahr eine Investorenlösung für den Gewa-Tower in Fellbach gefunden.

Im Fall von Rexer habe das Unternehmen bereits selber im Vorfeld des Insolvenzantrags ein Sanierungskonzept ausgearbeitet. Weiter heißt es in der Mitteilung: „Trotz substanzieller Unterstützung durch den Landkreis Calw mit bereits abgestimmten Sanierungsbeiträgen konnte die notwendige Zustimmung weiterer Beteiligter nicht uneingeschränkt erreicht werden.“

Sanierungskonzept ist in Esslingen nicht bekannt

Von einem bereits existierenden, mit dem Landkreis Calw abgestimmten Sanierungskonzept will in Esslingen niemand etwas gewusst haben. Sowohl der für den ÖPNV zuständige Finanzbürgermeister Ingo Rust, als auch Andreas Clemens betonen mit Nachdruck, dass sie erst seit Dienstagabend von den Schwierigkeiten bei Rexer Kenntnis haben.

Ziel, so Bananyarli, sei es nun, die „positive Fortführung des Unternehmens“ im Rahmen eines Insolvenzverfahrens umzusetzen. Ob es dabei um die Suche nach einem Käufer oder um finanzielles Entgegenkommen der Gläubiger gehen soll, ist noch vollkommen offen.

Im schlimmsten Fall eine Notvergabe

Wenn Rexer gerettet werden kann, wird das nun laufende Insolvenzverfahren ohne Auswirkungen auf die ÖPNV-Kunden in den drei Regionen bleiben. Sollte der Insolvenzverwalter aber nach intensiver Prüfung in den nächsten Wochen zu dem Ergebnis kommen, dass unter den gegebenen Bedingungen das Unternehmen den Fahrbetrieb einstellen muss, müsste die Stadt Esslingen mit Hilfe einer so genannten Notvergabe nach Alternativen suchen. Dabei wäre die Vergabe durchaus auch an ein Konsortium, also den Zusammenschluss mehrere Bieter, möglich. Letztlich müssten die vom SVE zu vergebenden Bündel an Privatunternehmer erneut europaweit ausgeschrieben werden.

Die Beziehung von Rexer zu Esslingen hat sich seit Beginn des Vertragsverhältnisses äußerst schwierig gestaltet. Zunächst gab es heftige Kritik der Nutzer an fehlenden Sprach- und Ortskenntnissen der von Rexer beschäftigten Busfahrer. Auch der von Mitbewerbern erhobene Vorwurf, Rexer habe sich nur Vorteile beim Bewerbungsverfahren verschaffen können, weil er sich nicht an den vertraglich fixierten Tariflöhne halte, konnte bisher nicht ausgeräumt werden.