An der Nabu-Klage könnte das ganze Bahnprojekt scheitern. Winfried Hermann will das verhindern.

Calw/Stuttgart - Auf Kante genäht ist das Bahnprojekt „Hesse-Bahn“. Denn die 50 Millionen Euro Baukosten können der Landkreis Calw und die Kommunen Ostelsheim, Althengstett und Calw nicht alleine stemmen, etwa die Hälfte dieses Millionenbetrages kommen aus Zuschüssen von Bund und Land. Im Jahr 2019 laufen diese Finanzierungsgesetze aus, bis dahin müssen die Bahnprojekte also fertiggestellt sein.

 

Gerade noch rechtzeitig, im Dezember 2018, will deshalb der Calwer Landrat Helmut Riegger seine Hesse-Bahn einweihen und mit ihr nach Renningen fahren. Jeder Stein im Getriebe, der das Projekt verzögert, kann damit zum Scheitern der Hesse-Bahn-Pläne führen.

Baustopp, bis ein Urteil vorliegt

Zu solch einem Stein könnte sich zum Beispiel die Klage des Naturschutzbunds (Nabu) entwickeln. Im August hatte der Nabu angekündigt, gegen den geplanten neuen Tunnel bei Ostelsheim vor den Kadi zu ziehen, vor etwa einem Monat reichte der Nabu-Rechtsanwalt die Begründung der Klage beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim nach. Das Problem: Bis ein Urteil vorliegt, kann der Landkreis Calw mit seinem Tunnelbau nicht beginnen – wann allerdings der Verwaltungsgerichtshof urteilen wird, kann niemand absehen.

„Der Nabu gefährdet das Projekt akut“, sagt daher der Calwer CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Blenke, der das Projekt unterstützt, genauso wie alle anderen Parteien im Landkreis Calw. „Ich appelliere an den Nabu, sich seiner gesamtökologischen Verantwortung bewusst zu werden und die Klage zurückzunehmen“, sagt der Christdemokrat Blenke. Um dieser Forderung auch Nachdruck zu verleihen, hat sich Blenke daher jetzt mit seinem grünen Koalitionsfreund Winfried Hermann zusammengetan. Der Landesverkehrsminister war schon immer ein Befürworter der Hermann-Hesse-Bahn.

Experten sollen die Klagepunkte des Nabu prüfen

„Wir sind schließlich für Mensch und Tier verantwortlich“, sagte der Minister daher bei einem Gespräch vor Calwer Verkehrspolitikern. Sein Angebot lautet: Alle streitenden Parteien will er an einen Tisch bringen und vermitteln. Das soll nun im Stuttgarter Verkehrsministerium geschehen. „Der Minister will nicht persönlich vermitteln“, erklärt Edgar Neumann, der Sprecher des Verkehrsministeriums. Vielmehr wollen nun Experten die Klagepunkte des Nabu genauer anschauen und prüfen, ob es Kompromissmöglichkeiten gibt. Einen solchen Kompromiss kennt Hans-Peter Kleemann, der Vorsitzende des Nabu Baden-Württemberg, bereits.

„Wenn man uns einen neuen Tunnel in Aussicht stellt, wäre das eine gute Lösung“, sagt er. Ein neuer Tunnel neben der bestehenden Röhre aus dem 19. Jahrhundert, in der      zahlreiche Fledermäuse leben. Denn diese Fledermäuse schätzt der Nabu als landesweit bedeutsame Population ein. „Nach dem europäischen und nationalen Artenschutzrecht haben die Fledermäuse ein Recht darauf, in den Tunneln ihr Winterquartier zu behalten“, sagt Kleemann. Und dieses Recht müsse er als Anwalt für die Tiere jetzt eben durchsetzen. „Aber natürlich nehmen wir die Gesprächsangebote des Ministers trotzdem an“, sagt er.

Der Landkreis Calw plant derweil, trotz Klage mit dem Projekt irgendwie weitermachen zu können. „Wir prüfen derzeit, ob wir den Sofortvollzug der Maßnahme beantragen können“, sagt Anja Härtel, Sprecherin des Landratsamts. Dann könnte der Landkreis nämlich von dem seit Juli vorliegenden Baurecht für den Neubau des Tunnels Gebrauch machen. „Wir gehen nämlich nach wie vor davon aus, dass die Genehmigung des Tunnels durch das Regierungspräsidium Karlsruhe rechtmäßig war“, sagt Anja Härtel.

Und auch Edgar Neumann, der Sprecher des Verkehrsministers, versucht, zu beruhigen. „Es gibt die klare politische Zusage, dass die Fördergelder auch nach 2019 noch fließen“, sagt er. Selbst, wenn die Nabu-Klage das Projekt verzögert, sieht das Ministerium das Schienenprojekt daher nicht gefährdet.