Casper und ich, das war keine Liebe auf den ersten Song. Aber wer weiß schon, ob es die Liebe auf den ersten Song überhaupt gibt. Casper jedenfalls passt in keine Schublade – genauso wenig wie seine Fans.

Stuttgart - Casper und ich, das war keine Liebe auf den ersten Song. Aber wer weiß schon, ob es die Liebe auf den ersten Song überhaupt gibt, wenn wir nicht mal wissen, ob die Liebe auf den ersten Blick existiert.

 

Der Anfang war schwer, aber Fakt ist, dass es mittlerweile zu jedem meiner Gefühle, die ich in irgendeiner Weise empfinden und ausleben muss, einen passenden Casper-Song gibt. Der versteht mich, der Benjamin.

Es gibt viele Künstler, die genau eine Gruppe von bestimmten Menschen anziehen, die alle in eine einzige Schublade passen würden, wollte man sie denn dort hineinstecken. Naja gut, außer bei Helene Fischer, die raubt ja zurzeit so gut wie allen den Atem. Aber mal abgesehen von ihr sind die meisten Fans sich eben doch sehr ähnlich.

Der typische Casper-Fan in der Theorie

Bei Casper ist das anders. Er ist der große Poet, der liebe Junge von nebenan und der coole Rapper. Casper passt in keine Schublade – genauso wenig wie seine Fans. Aber trotzdem hat man ja einen gewissen Typen im Kopf, wenn man an die Fans denkt. Theoretisch kann er dann auch so aussehen, praktisch vielleicht auch nicht.

Prototyp Casper-Fan. Attentat auf meine Mitbewohnerin mit der Frage, wer denn der typische Casper-Fan sei? Dazu die Erlaubnis, sie dürfe sich bei allen Klischees bedienen, die ihr einfallen. Ich stellte ihr also diese Frage und heraus kam Folgendes:

Ein Casper-Fan ist eine offene Person, ohne zu extrovertiert zu sein. Er ist kein fetter Partygänger, aber trotzdem gerne mit seinen vielen Freunden unterwegs. Ein Mensch, der das Leben genießt und vorhandene Kreativität sehr zu schätzen weiß. Was ihn an Casper fasziniert sind die Alltagsthemen, die zwischen den Zeilen hervorschauen, und die Musik, die man einfach gerne hört.

Es geht ans Eingemachte

Dann geht es ans Eingemachte: das Aussehen. Mann oder Frau? Kleiderstil? Alter?

Nach erstaunlich kurzer Zeit legen sich die Denkfalten auf ihre Stirn und sie antwortet: „Eher weiblich, bunte, aber freundliche und stilsichere Kleidung. Wahrscheinlich irgendwo zwischen Oberstufe und Studium oder aber eine derjenigen, die einfach jung geblieben sind.“ Ja, man ist schließlich immer nur so alt, wie man sich fühlt. Und wenn Caspers Songs dazu führen, dass man „Forever young“ bleibt, dann bitte.

Von der Theorie in die Praxis

Soweit also in der Theorie, aber wie sehen diese Menschen denn wirklich aus? Die neben mir auf dem Casper-Konzert in Stuttgart stehen und lauthals mitschreien? Eine Charakterisierung der etwas anderen Art, nicht wie man sie früher im Deutschunterricht geschrieben hat.

Die Praxis

Der Hipster. Tanktop, dunkelrote oder dunkelgrüne Pullijacke. Textsicher. Und er lässt die Beats nicht unbewegt an sich vorbeiziehen. Nein, er tanzt ab. Er feiert. Von Anfang bis Ende. Er ist das Abbild Caspers und fühlt sich wohl dabei. Meist zu zweit oder in kleinen Gruppen unterwegs bringt der Hipster die Menschen um sich zum Tanzen, zum Schwitzen. Und zeigt sich alsbald nur im Tanktop.

Die Poetin. Sie liebt Casper wegen seiner Texte, kann jedes Lied von Anfang bis Ende mitsingen und erkennt den Song schon, bevor andere die ersten Töne überhaupt wahrnehmen. Dann schreit sie laut los und setzt mit ein. Und auch wenn der Atem von Strophe zu Strophe schwerer wird, hört sie nicht auf, bis die Menge am Ende des Liedes anfängt zu klatschen. Morgen hat sie keine Stimme mehr, aber das ist ihr egal. Sie liebt diese Texte, lebt diese Texte.

Die Junggebliebenen. Ja, sie waren tatsächlich da. Nicht textsicher, nicht total am abfeiern, aber trotzdem voll dabei – und sie hatten Spaß an der Sache. Spaß mit den vielen jungen Leuten. Ich find’s cool, die finden es cool – alle glücklich. Einziges No-Go: die Oropax, die braucht man bei Casper nun wirklich nicht.

Das Schmuse-Pärchen. Zwei total verliebte Menschen, die das Geld für die Konzertkarten dafür ausgegeben haben, in der Halle herumzustehen, Arm in Arm. Während um sie herum alle eskalieren. Egal, Hauptsache Kuscheln.

Die Bewunderer. Casper ein Vorbild, Casper ein Idol. Und vielleicht würden sie auch gerne mal so werden, vielleicht werden sie es auch tun. Und bis dahin feiern sie ihn, wollen ihm nah sein. Anerkennung für das, was er da tut. Wie er auf der Bühne steht. Wie er Musikgeschichte schreibt.

Die Textunsichere. Sie schreit immer mit, auch an Lautstärke fehlt es ihr nicht. Leider aber an Textkenntnis, denn gekonnt nimmt sie die falschen Worte in den Mund und zaubert so einen völlig neuen Song. Interessant. Macht sich allerdings auf dem eigenen Erinnerungsvideo nicht allzu gut.

Ort und Zeit vergessen

Das waren sie also, die Fans, die mir besonders ins Auge gestochen sind. Und wenn sie auch so unterschiedlich scheinen, dann haben sie doch alle eins gemeinsam: die Liebe zu Casper. Zu seiner Musik, sie gehen alle darauf ab. Gemeinsam, im Hinterland. „Wo Gedanken im Wind verwehen und die Zeit scheinbar nie vergeht.“

Er taucht die Welt in lilablau und lässt uns Ort und Zeit vergessen. Ein Bann, dem man sich nicht entziehen kann. Deshalb schreiben alle lauthals mit. Deswegen holen alle die Handys raus, um ein Lichtermeer zu erschaffen. Und so hüpfen alle rum, weil Casper sich darüber freut. Außer das Schmusepärchen, das steht.