Die neue EU-Norm für sogenannte „fliegende Bauten“ sorgt unter den Schaustellern in Stuttgart für viel Gesprächsstoff. Die Umsetzung scheint nicht einfach und ist mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden.

Stuttgart - Es sind fünf Buchstaben und fünf Zahlen, die unter den Schaustellern auf dem Volksfest gerade für allerhand Gesprächsstoff sorgen. In der Branche wird die DIN EN 13814 heftig diskutiert. Und sobald Politiker in der Nähe sind, kommt die neue EU-Norm immer wieder und unüberhörbar auf die Agenda. Erst kürzlich so geschehen, als der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner einen Wasenrundgang mit den Schaustellern machte – und wäre Wasen-Bürgermeister Michael Föll am Dienstag beim Schaustellerfrühstück gewesen, dann wäre die Norm sicher Gesprächsthema Nummer eins gewesen. Denn die ersten Schausteller bangen um ihre Existenz, sagen sie.

 

Neue Norm ist seit 2012 wirksam

Im Jahre 2005 wurde die Industrienorm DIN EN 13814, die die deutsche Übersetzung einer EU-Richtlinie für sogenannte Fliegende Bauten ist, fertig geschrieben. Seit dem Jahr 2012 ist die Norm wirksam. Fliegende Bauten sind im Amtsdeutsch Fahrgeschäfte wie Achterbahnen oder Riesenräder – die Existenzgrundlage vieler Schausteller also. Aber auch Zelte und Tribünen zählen in Deutschland zu dieser Gruppe. In der DIN EN 13814 sind die rechtlichen, konstruktiven und statischen Anforderungen an die Volksfest-Attraktionen geregelt. An sich kein Problem – schwierig wird es allerdings, wenn diese neue Norm auch auf die Bauten angewendet soll, die bereits vor dem Jahre 2012 gebaut wurden und deren Erstabnahme durch Betriebe wie beispielsweise den TÜV auch vor die Zeit fiel. Bis dahin wurden diese nämlich nach den Regeln der deutschen DIN 4112 gebaut. Und diese Auflagen unterscheiden sich teils erheblich von der neuen EU-Norm.

Zu sagen, dass die Umsetzung den Inhabern der Fahrgeschäfte nur ein wenig Kopfzerbrechen bereitet, wäre wohl untertrieben. Der Schausteller Heiko Schierenbeck, der zurzeit auf dem Cannstatter Volksfest mit seiner Achterbahn Black Hole zu Gast ist, hat gegen den TÜV Nord als vom Land Niedersachsen beauftragte Prüfbehörde geklagt. In erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Hannover hatte Schierenbeck im vergangenen Oktober auch Erfolg, der TÜV Nord ging jedoch in Berufung. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht will nun in der Sache erst entscheiden, wenn der TÜV Nord einige Fragen beantwortet hat. Schausteller Schierenbeck hofft, dass im März kommenden Jahres eine Entscheidung ansteht.

Urteil soll ein Exempel statuieren

Bis dahin ärgern sich die Schausteller über die Norm, sehen Traditionsbetriebe in Gefahr und hoffen darauf, dass das Urteil aus Niedersachsen ein Exempel statuiert. „Wir wehren uns nicht gegen EU-Recht“, betont Schierenbeck, „aber es muss gut ins nationale Recht umgesetzt werden.“ Unter den Schaustellern fällt immer wieder das Schlagwort Bestandschutz – es geht ihnen darum, dass die Fahrgeschäfte, die vor 2012 gebaut wurden und deswegen noch den Bestimmungen der deutschen DIN 4112 unterliegen, weiter in Betrieb sein dürfen, ohne vollständig umrüsten zu müssen.