Die Landtagswahl in Niedersachsen Anfang Oktober wirft ihre Schatten voraus – auch auf den CDU-Parteitag in Hannover. Kritik an der Bundesregierung könnte sich in dieser Hinsicht aber als zwiespältig erweisen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Das Wort Hattrick war zu einer Zeit modern, als der heutige CDU-Chef Friedrich Merz noch Moped fuhr und sich für einen jungen Wilden hielt. Im Sport nannte man so einen dreifachen Torerfolg des jeweils gleichen Spielers – einen ziemlich beeindruckenden Triumph. Auf einen solchen Hattrick hofft jetzt auch Merz, der seit Januar versucht, die CDU wieder als erfolgreichste Truppe im Wettbewerb um die Macht zu etablieren. Die Gelegenheit zu einem Hattrick könnte sich am 9. Oktober ergeben, wenn in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt wird. Die Chancen für die CDU stehen aber nicht besonders gut.

 

Der Wahltermin wirft Schatten voraus. Womöglich lässt sich so die Entscheidung des grünen Vizekanzlers Robert Habeck erklären, ausgerechnet ein Atomkraftwerk in Niedersachsen von einer befristeten Verlängerung der Betriebsdauer auszunehmen – der Atomausstieg ist für die niedersächsischen Grünen eine Frage der Identität. Auch der CDU-Parteitag Ende dieser Woche in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover steht im Schatten des Wahlkampfs. Merzens Kollegen um den gleichermaßen konservativen Spitzenkandidaten Bernd Althusmann erhoffen sich Rückenwind von dem Kongress. Die SPD, welche in Niedersachsen den Ministerpräsidenten stellt und gemeinsam mit der CDU regiert, liegt in allen Umfragen dieses Jahres vorn – vermochte den Vorsprung gegenüber den Christdemokraten (Wahlergebnis 2017: SPD 36,9 Prozent, CDU 33,6) aber nicht auszubauen. Dieser Vorsprung ist so gering, dass Überraschungen am Wahlabend nicht auszuschließen sind.

Auf der SPD lastet das miserable Ansehen ihres Kanzlers. Die CDU hofft, von den Schwächen und Fehlern der Bundesregierung profitieren zu können. Dazu wäre es allerdings hilfreich, wenn sie eigene attraktive Gegenmodelle zur Regierungspolitik präsentieren könnte. Das ist bisher nicht geschehen. Der Bundesparteitag in Hannover wäre die letzte Gelegenheit dazu. Die bisherigen drei Landtagswahlen in diesem Jahr sind für die CDU überwiegend erfolgreich verlaufen – was auch dem neuen Parteivorsitzenden Merz den Rücken gestärkt hat. Im kleinen Saarland konnte zwar die SPD triumphieren, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, dem mit Abstand größten Bundesland, zudem Merzens Heimat, zementierte die CDU jedoch ihre Macht an der Spitze von Koalitionen mit den Grünen. Das wäre auch die einzige Machtoption in Niedersachsen, abgesehen von einer Neuauflage der großen Koalition, was aber beide Partner nicht für erstrebenswert halten.

Mit Blick auf die Möglichkeit eines schwarz-grünen Bündnisses ist die Kritik des CDU-Parteichefs Merz an Habecks zögerlicher und auf zwei von drei Meilern beschränkter Bereitschaft zu nuklearen Extralaufzeiten eher kontraproduktiv. Ungeachtet solcher Detailfragen würde die Fortsetzung einer Erfolgsserie bei Landtagswahlen die größte Oppositionsfraktion im Bundestag stärken und die Kanzlerpartei im Falle eines weiteren Machtverlustes schwächen. Das wird Merz beim Parteitag nicht aus dem Blick verlieren.