Das Corona-Virus beeinträchtigt die Politik bereits massiv, wie der abgesagte CDU-Parteitag zeigt. Der Bundestag tagt bisher weiter. Einen Notfallplan für Situationen wie diese gibt es im Parlament allerdings nicht.

BerlinEs kam, wie es kommen musste, seit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ausdrücklich die Absage aller Veranstaltungen mit 1000 und mehr Teilnehmern empfohlen hat: Der für den 25. April geplante Parteitag seiner CDU wird wegen der Ausbreitung des Corona-Virus auf unbestimmte Zeit verschoben. Schließlich kommen allein 1001 Delegierte auf einem solchen Parteitag zusammen, zudem reisen hunderte Mitarbeiter, Gäste und Journalisten an. CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer schloss ihre Mitteilung zur Absage des Parteitags am Donnerstag mit den Worten: „Bitte achten Sie auf sich und bleiben Sie gesund.“ -

 

Politische Veranstaltungen werden reihenweise abgesagt

Kramp-Karrenbauer bleibt damit länger CDU-Vorsitzende als geplant, schließlich hätte auf dem Parteitag ihr Nachfolger gewählt werden sollen. Die Entscheidung der Christdemokraten zeigt: Das Corona-Virus beeinträchtigt die Politik bereits massiv. Seit dieser Woche werden in der Hauptstadt reihenweise Veranstaltungen etwa der Bundestagsfraktionen abgesagt, Pressegespräche finden nicht mehr statt, die Terminkalender lichten sich. Das betrifft auch die internationale Politik: Auf dem Programm von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hätte in der übernächsten Woche ein Treffen mit seinen G7-Kollegen in Pittsburgh gestanden – die Zusammenkunft wurde abgesagt.

Der Bundestag tagt bislang weiter. Spätestens seit der FDP-Politiker Hagen Reinhold am Mittwochabend als erster Corona-Fall unter den Abgeordneten des Bundestags bestätigt wurde, stellt sich aber die Frage, wie lange noch. Einen Notfallplan gibt es nicht, um die Handlungsfähigkeit des Bundestags in Situationen wie dieser zu sichern. Zur Verringerung der Ansteckungsgefahr verfügte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) zu Beginn der Woche zunächst, dass keine Touristen mehr die Kuppel des Reichstagsgebäudes besichtigen dürfen. Normalerweise besuchen zwei Millionen Menschen im Jahr die Kuppel. Einen Tag später erließ Schäuble ein Verbot für Besuchergruppen im Bundestag.

„Auch der Bundestag ist nicht immun“

Doch wie sieht es mit der politischen Arbeit Parlament aus? Hunderte Menschen gehen im Bundestag täglich ein und aus. Es gibt 709 Abgeordnete, jeder von ihnen hat mehrere Mitarbeiter, es kommen Gäste aus dem In- und Ausland. „Auch der Bundestag ist nicht immun“, twitterte der Vizechef der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach, am Mittwoch aus der Quarantäne. Lauterbach und andere sozialdemokratische Abgeordnete hatten zehn Tage zuvor an einer Sitzung mit einem Corona-Infizierten teilgenommen, sie bleiben bis Ende der Woche zu Hause.

Die FDP-Fraktion informierte am Donnerstag, dass sich nach der Corona-Diagnose beim Parlamentarier Reinhold „Kontaktpersonen im niedrigen zweistelligen Bereich“, darunter auch andere Abgeordnete, in vorsorglicher Quarantäne befinden. Zudem sollen so viele Parlamentarier und Mitarbeiter wie möglich vorsorglich von zu Hause arbeiten. „Ziel ist, das Risiko einer weiteren Ausbreitung zu minimieren und den Parlamentsbetrieb sicherzustellen“, erklärten die Liberalen.

Namentliche Abstimmungen abgesagt – wegen Ansteckungsgefahr

Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) sprach sich dafür aus, den Sitzungsbetrieb in „geordneter, aber reduzierter Form“ fortzusetzen. Doch grundlegende Änderungen über Parteigrenzen hinweg gab es zunächst nicht. Die Fraktionen vereinbarten immerhin, dass in der laufenden Sitzungswoche keine namentlichen Abstimmungen stattfinden. Dabei geben die Abgeordneten Stimmkarten ab und drängen sich häufig um die Urnen. „Über weitere mögliche Maßnahmen wird im Rahmen einer fortlaufenden Risikobewertung entschieden werden“, teilte die Bundestagsverwaltung mit.