Lebhafter Auftakt des Dreikampfes um die CDU-Spitze: Bei der ersten Regionalkonferenz versuchen Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn vor der Parteibasis zu punkten - mit unterschiedlichem Stil, aber inhaltlich ähnlichen Positionen. Den längsten Applaus bekommt Kramp-Karrenbauer.

Berlin/Lübeck - Im Rennen um die Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel an der CDU-Spitze haben die drei Kandidaten auf der ersten Regionalkonferenz eine Erneuerung der Partei versprochen und dabei programmatisch viele Gemeinsamkeiten gezeigt. Es herrsche Aufbruchstimmung in der CDU, betonten Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer (56), Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz (63) und Gesundheitsminister Jens Spahn (38) am Donnerstag in Lübeck in der überfüllten Gollan-Kulturwerft vor etwa 800 Parteimitgliedern.

 

Den längsten Applaus nach ihrem zehnminütigen Vortrag erhielt Kramp-Karrenbauer mit 41 Sekunden, gefolgt von Merz (30 Sekunden) und Spahn (15 Sekunden).

Kramp-Karrenbauer ist die Favoritin an der Basis: In einer Umfrage des ARD-Deutschlandtrends unter CDU-Anhängern sprachen sich 46 Prozent für „AKK“ aus, 31 Prozent für den Sauerländer Merz und nur 12 Prozent für Spahn. Das offene, die Partei belebende Nachfolgrennen kommt der Union bisher in der Wählergunst aber nicht zugute: Im Deutschlandtrend rangiert sie weiter bei 26 Prozent, gefolgt von Grünen (23 Prozent/+6), SPD (14/-1) und AfD (14/-2).

Kritischer Rückblick auf Flüchtlingskrise

„Wir müssen zu neuer Stärke kommen“, sagte Kramp-Karrenbauer. 26 Prozent wie zuletzt bei der Landtagswahl in Hessen seien für eine Volkspartei kein Maß. „Wir müssen wieder mehr Menschen von uns überzeugen.“ Es gelte, die Zweifel in der Bevölkerung auszuräumen, dass die CDU noch die Partei der Inneren Sicherheit sei, dass sie noch Recht und Gesetz durchsetzen könne. Die Flüchtlingskrise von 2015 dürfe sich nicht wiederholen. Damals waren rund 900 000 Migranten weitgehend unkontrolliert nach Deutschland eingereist.

Ähnlich kritisch blickten auch Merz und Spahn auf die Flüchtlingspolitik 2015 zurück - als einen Grund für den Aufstieg der AfD. Den Erfolg der rechtspopulistischen Partei, die in allen Landtagen und im Bundestag sitzt, will Merz stoppen: „Das traue ich mir zu, die AfD zu halbieren - das geht“, sagte er unter großem Beifall. „Nur, wir müssen dazu die Voraussetzungen schaffen.“ Merz hält einen Wiederaufschwung der CDU in den Bereich von 40 Prozent für möglich. Notwendig seien aber „bessere Beteiligungsprozesse von unten nach oben“ in der Partei, sagte er wie zuvor schon Kramp-Karrenbauer. „Die CDU ist eine Volkspartei der Mitte, wir verschieben sie nicht nach links und nicht nach rechts“, sagte Merz.

Merz bekannte sich auch zu einer sozialen und ökologischen Wirtschaftspolitik - und einem stark vereinfachten Steuersystem. Dabei erinnerte er an seine Forderung, der Bürger müsse seine Steuern auf einem Bierdeckel ausrechnen können. Und er betonte, die CDU müsse die Europartei in Deutschland bleiben und dazu beitragen, die Europäische Union aus der Krise zu führen.

CDU will Vertrauen zurück gewinnen

Spahn wünschte sich mehr Mut seiner Partei für offene Debatten. Die CDU müsse eine moderne Mitmachpartei werden. Die Partei müsse modern konservativ sein, sagte er. Es gehe um die bürgerliche Mitte. Sicherheit sei für die Bürger wichtig. Hier gehe es darum, Vertrauen zurückzugewinnen. Die CDU habe es auch zugelassen, dass die AfD heute in 16 Landesparlamenten sitze. „Wir können sie aber auch wieder verschwinden lassen“, sagte Spahn. Es sei immer klar gewesen: Die CDU stehe gegen die Extremisten von Rechts und Links.

Er mache seit 20 Jahren Politik, um die „entspannte Gelassenheit“ gegenüber Minderheiten in Deutschland zu verteidigen - gegen den Druck von Linken und von Rechten, und auch gegen andere „reaktionäre Kulturen“ mit ihrer Vorrangstellung des Mannes. Es dürfe in der CDU weder ein „Weiter so“ geben noch Nostalgie, und auch kein Zurück in die Vergangenheit, sondern einen echten Mut zum Neustart. „Darum geht es“, sagte Spahn.

Bis Ende November sind noch sieben weitere Regionalkonferenzen bundesweit geplant. Über den CDU-Vorsitz entscheidet ein Bundesparteitag am 7. Dezember in Hamburg.