In Stuttgarts City ist das Leben zurück gekehrt: Am Samstag haben viele die Chance genutzt – nach Test, Genesung oder Impfung – endlich wieder in Cafés oder Restaurants zu gehen. Je später der Nachmittag, um so voller wurde es, was auf dem kleinen Schlossplatz zu Polizeieinsätzen führte.

Stuttgart - Am Abend zuvor seien Freunde das erste Mal wieder in einem Restaurant essen gewesen. „Fanden wir cool!“, kommentiert Sofie Bauer. „Da wollten wir eigentlich wollte heute in einem Café frühstücken gehen.“ Lena Bopp lacht. „Ja. Aber da nicht noch alle auf haben, die unserem Geschmack entsprechen, haben wir uns zuhause ein schönes Frühstück gemacht“, ergänzt sie. Nun, am frühen Nachmittag, haben es sich die Studentinnen im Mittleren Schlossgarten auf einer Picknickdecke gemütlich gemacht, um zu entspannen und zu spielen. Lena mischt die Uno-Karten. „Wir sind beide einmal geimpft“, sagt sie. „In vier Wochen kommt die zweite Dosis“, sagt sie. Im Park sind sie öfter, wären auch bei höheren Corona-Inzidenzen hingegangen. Aber es sei toll, dass nun auch seit zwei Tagen die Läden und zumindest teilweise die Gastronomie wieder aufhabe. Die Mitzwanzigerinnen finden es gut, dass nur Getestete, Geimpfte oder Genesene Zugang haben. „Wir müssen vorankommen, ich verstehe manche Neiddiskussion nicht“, sagt Lene und Sofie betont, dass mit diesem Wochenende der Öffnung und dazu das sonnige Wetter das Leben wieder zurückkehre. „Ein Silberstreif am Horizont!“

 

Restaurants und Bars sind gut gefüllt

Den spüren auch die Kinder, die nebenan mit Verve einen Wurfgleiter, also ein Spiel-Segelflugzeug in die Luft schleudern, während auf den Wegen Jogger, Radler und Spaziergänger sich ihre Bahnen sichern. Noch übersichtlich, aber es wird voller.

Derweil ist es in der Königstraße, auf dem Schillerplatz und rund um die Markthalle bereits recht belebt. Während im Eingangsbereich letzterer noch Luft ist, kann man in den engen Gängen vor den Leckereien nicht immer ausweichen, aber kein Gesicht ist ohne FFP2-Maske. Draußen sind die kleinen Restaurants und Bars in der Rosen- und Bärenstraße gut gefüllt – auf der Terrasse der Vinothek Arche ist kein Platz mehr frei. Auch einige Meter weiter stehen Menschen geduldig an, lassen ihre Impfpässe, Negativtests und Bescheinigungen, dass sie genesen sind überprüfen, etwa im Eduard’s, Tages- und Cocktailbar der Breuninger Gastronomie. „Es fühlt sich wie Weihnachten an!“, bestätigt Servicekraft Dort Nakija Mikushnice. „Wir sind samstags traditionell gut besucht. Nun sind alle sind total glücklich, dass es wieder geht.“ Die Auflagen störten keinen. Auch nicht das junge Paar aus Sindelfingen, das in vorderster Front Champagner und Mojito in vollen Zügen genießt. „Bei uns ist noch mehr auf, aber wir wollten mal wieder in Stuttgart flanieren.“

„Ein Anfang ist gemacht“

Ein ähnliches, nicht ganz so bevölkertes Bild bietet sich auf der Terrasse des „Oh Julia“. „Noch nicht alle da!“, sagt Asan Asanov, der die Besuchenden empfängt und die Dokumente kontrolliert. „Aber wir sind ausgebucht, waren selbst überrascht über die Nachfrage.“ Dank der großen Restaurantfläche hätten sie gut die Tische innen und außen auf Abstand stellen, beschreibt er – und schiebt die Hoffnung hinterher, dass das Ganze hoffentlich bald wieder ganz ohne Zusatzauflagen gehen möge. „Ein Anfang ist gemacht.“

Auch Beim Ochs’n Willi sind die Gäste drauf, zeigen ihre Dokumente, scannen ihren Quellcode für die Luca-App ein. „Wow, schau mal ein Impfpass aus Tahiti, schmunzelt Marion Andreata, und nickt dem Paar mit dem exotischen Ausweis zu, ihr zu folgen. „Alle werden zum Tisch geführt, gestern lobte ein Paar aus Frankreich, wie sicher sie sich hier fühlen, wie viel besser das hier als bei ihnen organisiert sei“, sagt ihre Chefin Margit Heidelberger. Auch geduldig seien alle, weil alles etwas aufwändiger sei und zunächst nicht alles zu haben war. „Die Lieferungen mussten erst mal anlaufen“, so Heidelberger. „Aber der Aufwand lohnt sich. Mit Luca vermeiden wir die furchtbare Zettelwirtschaft, die wir zuvor hatten.“ Für drinnen habe sie neue Filter angeschafft, draußen auf den Terrassen bewirteten sie und ihr Team nun 155 Personen statt sonst fast 200 Personen. Und das sind begehrte Plätze!

„Wir sind schon zwei Mal geimpft, genießen nun das Leben“

Das sind auch jene, die sich – gerade mal ein Eck weiter – in der Bar „o.T.“ vor dem Kunstmuseum befinden. „Wir sind schon zwei Mal geimpft, genießen nun das Leben“, sagt ein Stuttgarter Seniorenpaar und hebt die Gläser, gefüllt mit Weißwein und Rosé. Sie blicken auf das Schnelltest-Zentrum auf dem Schlossplatz, vor dem sich lange Schlangen bilden, wie auch an anderen Testorten an diesem Tag. Da geht es mitunter enger zu als manche es sich wünschen. Einige Aushäusige sind darunter, die nicht nur flanieren, sondern auch Angehörige oder Freunde besuchen wollen oder sich eine Schule für die Kinder anschauen. „Blöd, jetzt warten wir hier, verplempern kostbare Zeit! Bei uns in Hessen hält ein Schnelltest 48 Stunden, dort war ich gestern negativ“, moniert eine Frau. Andere nehmen es gelassen. „Muss halt so sein.“

Gelassen wird auch auf den Rasenflächen vor dem Neuen Schloss gechillt, viele lächelnde Augen, einige lassen die Maske auf.

Licht am Ende des Tunnels

Freilich nicht diejenigen, die sich im Café Treppe am Schlossplatz Cappuccino, Latte oder allerlei Salate schmecken lassen. „Alle ausgewiesen getestet, genesen oder zwei Mal geimpft“, stellt Rado Mirea hinter dem Tresen fest. Manche ärgerten sich, dass nur am Tisch Alkohol getrunken werden dürfe. „Aber es funktioniert besser als gedacht. Seit Donnerstag zeigt sich Licht am Ende des Tunnels!“

Dieses wurde indes am späten Nachmittag durch zwei Polizeieinsätze auf dem kleinen Schlossplatz getrübt. Laut dem Diensthabenden wurden zwei verdächtige Personen festgenommen, ein Zeuge hatte zuvor eine Schusswaffe bei den beiden gesehen, die sich als Softairwaffe entpuppte. Ein Schubserei von 13-Jährigen ebendort war dann Anlass des Folgeeinsatzes. „Erstes Wochenende der Öffnung, und dann noch gutes Wetter, die Stadt wird volllaufen“, hieß es bei der Polizei. „Wir fahren entsprechend unsere Einsätze.“