Die deutschen Tennisfrauen bestreiten am Wochenende das Fedcupfinale gegen Tschechien. Im Verband tobt aber ausgerechnet jetzt ein Machtkampf um den früheren Wimbledonsieger Michael Stich – und beherrscht die Schlagzeilen.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Wenn Fedcup ist, dann haben die deutschen Tennisfrauen zuletzt immer eine gute Zeit gehabt. Das war auch am Mittwochmittag so, als die Bundestrainerin Barbara Rittner mit ihren fünf Spitzenkräften im Kellergewölbe der Prager Arena auf das Pressepodium trat. „Unkraut vergeht nicht – mir geht es wieder viel besser“, sagte Andrea Petkovic, die neben Angelique Kerber von Samstag an die Einzelspiele im Fedcupfinale gegen Tschechien um die zweimalige Wimbledonsiegerin Petra Kvitova bestreiten wird.

 

Aufgrund einer öffentlichen Tränenattacke beim Turnier in Luxemburg vor gut zwei Wochen hatte man sich noch Sorgen um Petkovic machen müssen. Doch am Dienstag ist die Darmstädterin („meine Probleme sind privat“) letztlich mit einem Sieg beim WTA-Turnier in Sofia nach Prag gereist. „Hier bei den Mädels fühle ich mich sowieso immer wie in einer Wohlfühlblase“, sagte Petkovic, die gemeinsam mit Kerber sowie den Doppelspezialistinnen Julia Görges und Anna-Lena Grönefeld durch Siege in der Slowakei und im fernen Australien das Endspiel in der goldenen Stadt erreicht hat. Dass nun auch Sabine Lisicki, die Wimbledonfinalistin von 2013, das Team komplettiert und sich als mögliche Doppelspielerin auch für die zweite Reihe nicht zu schade ist, zeigt, wie gut es um die Teammoral der deutschen Tennisfrauen bestellt ist.

Fedcupfinale rückt in den Hintergrund

Schade nur, dass derlei Wohlfühlklima nicht überall im krisenerprobten Deutschen Tennis-Bund (DTB) vorherrscht. „Es ist eine Schande, dass wir den Erfolg des Fedcupteams in den Schatten stellen, nur weil wir uns mal wieder mit uns selbst beschäftigen“, sagt zum Beispiel Dirk Hordorff, der Landesverbandschef aus Hessen und Ex-Trainer von Rainer Schüttler, über den derzeit offen ausgetragenen Machtkampf an der Spitze des DTB.

Der Stichtag ist dabei der 16. November, wenn in Berlin der Nachfolger des amtsmüden DTB-Präsidenten Karl-Georg Altenburg von der Mitgliederversammlung für drei Jahre gewählt wird. Dabei handelt es sich nicht um irgendeinen Posten, schließlich ist der DTB mit 1,5 Millionen Mitgliedern der größte Tennisverband der Welt. Gewählt wird der neue Mann von den Vorsitzenden der 18 Landesverbände, die je nach Mitgliederstärke über eine bestimmte Anzahl an Stimmen verfügen. Bayern besitzt als größter Verband 23 der insgesamt 132 Stimmen, Württemberg hat 13.

Zunächst schien es noch, als habe sich die so genannte Findungskommission des DTB bei ihrer ersten Sichtung im Juli während des Rothenbaum-Turniers in Hamburg auf einen Kandidaten geeinigt: Der rheinland-pfälzische Präsident Ulrich Klaus sollte demnach den scheidenden Karl-Georg Altenburg beerben. Dessen aussichtsreichster Mitbewerber, der Wimbledonsieger Michael Stich, erhielt vom Gremium im Sommer noch die Rote Karte. Vor allem, weil sich das Amt Stichs als Macher beim ATP-Turnier von Hamburg nicht mit dem Chefposten des DTB vereinbaren lasse. Der Verband betreibt unter anderem die Anlage am Rothenbaum. Stich müsse daher zwangsläufig Geschäfte mit sich selbst machen, hieß es.

Obendrein schienen die finanziellen Forderungen des Olympiasiegers im Doppel von 1992 zu hoch: So soll der 46-Jährige ein Jahressalär von rund 300 000 Euro gefordert haben, während der Vorgänger Altenburg noch ehrenamtlich arbeitete.

Turbulentes Treiben

Am Sonntag folgte dann aber der Beleg dafür, dass man sich bei der DTB-Führungsriege mit ihren vielen Köpfen, Meinungen und Eitelkeiten niemals allzu sicher sein darf. Plötzlich schaltete die Ampel für Stich wieder auf grün, als sich dieser bei den Landesfürsten noch einmal vorstellen durfte – und offenbar überzeugte. Ulrich Klaus und dessen designierter Vize Hordorff blieben dem Treffen lieber fern. „Angela Merkel geht ja auch nicht zur Wahlkampfveranstaltung der SPD“, kommentierte Klaus aus der Distanz. Der Ton war schon da rauer geworden.

Das turbulente Treiben ging dann am Dienstag weiter, als Robert Hampe das Wort ergriff: „Stich fehlt bis zum 16. November die Zeit, um eine Mannschaft zusammenzustellen, um als Präsident zu kandidieren“, sagte der Vorsitzende des Bundesausschusses, dem Zusammenschluss der 18 Landesverbände. Tags darauf konterte der Ex-Profi aber die vorschnelle Aussage Hampes: „Ich habe nur gesagt, dass ich bis zum 16. November kein eigenes Team aufstellen kann. Aber ich stünde für ein Übergangspräsidium durchaus als Präsident zur Verfügung“, sagte Stich, der laut Statuten auch sechs Monate als Interimschef Zeit hätte, um ein Team zu finden.

Als Mann der Praxis wird der Pinneberger nach den Jahren unter den Funktionären Georg von Waldenfels und Karl-Georg Altenburg an der DTB-Spitze gerade von vielen Aktiven und Ehemaligen favorisiert. Dazu zählt auch Barbara Rittner. Doch vor dem Fedcupfinale in Prag hält sich die Teamchefin zurück. „Dieses Fass“, so sagt Rittner, „mache ich jetzt lieber nicht auf.“