Microsoft gilt als langweilig. Der neue, eher unscheinbare und technikverliebte Chef Satya Nadella scheint dazu zu passen. Doch bei genauerem Hinsehen steht die Firma nicht schlecht da – und stellt zurzeit bei der Börsenentwicklung Apple in den Schatten.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Microsoft und Action – das sind zwei Begriffe, die auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen scheinen. Immer noch zehrt der Konzern von seiner starken Position auf den Bürocomputern der Welt aufgrund seiner Software-Flaggschiffe Windows und Office. Zwei Drittel der Gewinne stammen weiterhin aus diesem Geschäft. Doch es war die Spielekonsole Xbox One, die jüngst eine positive Überraschung bei den Konzernzahlen bereitet hat. Gute Verkäufe im Weihnachtsgeschäft waren ein wichtiger Baustein für einen Umsatzsprung von 14 Prozent im letzten Geschäftsquartal 2013, auch wenn die Marge wegen der Einführungskosten noch nicht Schritt hält. Microsoft kann tatsächlich noch überraschen – obwohl der scheidende Konzernchef Steve Ballmer in den 14 Jahren seiner Regentschaft Microsofts Image der Behäbigkeit und der Arroganz nie abschütteln konnte.

 

Ballmer hinterlässt seinem Nachfolger ein zwiespältiges Erbe. Einerseits hat er schwere Flops zu verantworten wie das sperrige und unpopuläre Betriebssystem Vista oder das bisher bei den Kunden nicht so recht zündende Windows 8, das bei dem Versuch einer Anpassung an das Tablet- und Smartphone-Zeitalter die traditionellen Microsoft-Nutzer verärgerte, ohne andererseits die mobile Kundengeneration zu überzeugen. Doch immerhin hat Microsoft unter Ballmer 150 Firmen aufgekauft, um in neue Geschäftsfelder vorzustoßen – spektakulär zuletzt die Übernahme der Handysparte des finnischen Herstellers Nokia im vergangenen Sommer. Erst in dieser Woche ist Microsoft bei dem auf die mobile Suche spezialisierten Online-Kartensuchdienst Foursquare eingestiegen. Durch einen Umbau des Managements und einer stärkeren Fokussierung auf IT-Dienstleistungen und Geräte, hat Ballmer Microsoft stärker umgekrempelt, als dies das Image vom trägen Giganten nahelegt.

Ein heikler Balanceakt zwischen Innovation und Kontinuität

Sein überraschender Abgang, der zu einer monatelangen Nachfolgersuche führte, ist ein Indiz dafür, dass auch er einsah, dass es für einen Neuanfang neue Köpfe an der Spitze braucht. Aber zu dem Balanceakt zwischen Innovation und Kontinuität, für den Microsoft steht, gehört eben auch, dass die neuen Köpfe auf gewisse Weise auch die alten sind. Der jüngst vor allem als Philanthrop aktive Bill Gates schlüpft mit 58 Jahren noch einmal in die Rolle des Innovationsberaters.

Die gelangweilten Reaktionen auf die Berufung des Microsoft-Veteranen Satya Nadella, der sich bisher eher als Technikfreak denn als Unternehmenslenker einen Namen gemacht hat, lassen dem neuen Chef aber auch Spielraum für positive Überraschungen. Revolutionen braucht es dafür nicht, wie dies manche Investoren erhoffen, die von der renditeträchtigen Aufspaltung des IT-Giganten träumen.

Firma wird sehr wahrscheinlich ihrem Ruf treu bleiben

Dass ausgerechnet der Microsoft-Gründer Bill Gates der kreative Berater von Nadella werden soll, zeugt davon, dass Neuentwicklungen aus eigener Kraft künftig wieder stärker im Mittelpunkt stehen sollen. Die Firma wird aber sehr wahrscheinlich dem Ruf treu bleiben, dass Microsoft eher auf vorhandene Trends aufspringt, als sie selbst zu setzen. Der IT-Gigant hat aber im Gegensatz zu Konkurrenten wie Samsung oder Apple den Vorteil, ein starkes Standbein im Firmengeschäft zu haben. Auf dem Konsumentenmarkt tut sich Microsoft hingegen relativ schwer, wie der zunächst mäßige, erst in jüngster Zeit wachsende Erfolg des Tabletcomputers Surface zeigt. Der Umsatz der von Nokia übernommenen Handyabteilung ist im letzten Geschäftsquartal 2013 um fast ein Drittel gefallen.

Doch trotz aller Abgesänge auf den PC ist er aus den Büros nicht wegzudenken. Während der Markt insgesamt schrumpft, sind Microsofts Verkäufe von Desktop-Computern an kommerzielle Kunden in jüngster Zeit sogar gestiegen. Erfolgreich ist Microsoft auch im Bereich des Cloud-Computing. Hier hat sich der Umsatz im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2012 sogar verdoppelt.

Geschäftskunden beklagen sich zwar über die mangelnde Präsenz und Kompetenz von Microsoft im mobilen Bereich, aber das heißt auch, dass sie ihre Mobilgeräte gerne mit der bestehenden Microsoft-Infrastruktur im Büro verbinden würden – und auf Angebote warten. „Microsoft weist beim Verkauf von Softwareverkäufen an Firmen weiter Wachstumsraten auf – und stemmt sich gegen den Trend der Gewinneinbrüche bei anderen Technologieverkäufern wie IBM“, so analysierte das „Wall Street Journal“ die jüngste Geschäftsentwicklung.

Während etwa der Konkurrent Apple dazu verdammt ist, eine Massenkundschaft zu faszinieren, kann sich Microsoft auch auf einen Markt stützen, auf dem die Trends und Modeerscheinungen weniger kurzatmig sind. Die Börse hat das in jüngster Zeit honoriert. In den vergangenen zwölf Monaten hat die Aktie von Microsoft stärker zugelegt als die von Apple. Auch angesichts der jüngst einbrechenden Kurse steht Microsoft besser da. Minus 2,5 Prozent im Vergleich zu minus 10,6 Prozent bei Apple, lautet seit Jahresanfang die Bilanz.