Die Firma Roche will ihren Teil der Kesslergrube in Grenzach-Wyhlen für 125 Millionen totalsanieren, der BASF reicht eine billigere Ummantelung und will statt 250 Millionen Euro nur ein Zehntel bezahlen. Der Gemeinderat hat einen Gutachter eingeschaltet.

Grenzach-Wyhlen – Die Sanierung der Chemiemülldeponien am Hochrhein soll vorankommen. Nach der aus Sicht der Behörden vorbildlichen, nach Ansicht von Greenpeace Schweiz jedoch unzureichenden Teilsanierung der Hirschackergrube in Grenzach-Wyhlen, soll 2014 die benachbarte Kesslergrube folgen. Einem internen Bericht der Basler Chemiefirmen von 2003 zufolge, lagern in der Kesslergrube fast 15 000 Tonnen teils hochgiftige Altlasten.

 

Über deren Entsorgung sind die beiden Pharmakonzerne Roche und BASF uneins. BASF ist Rechtsnachfolgerin des früheren Schweizer Chemiekonzerns Ciba, die zusammen mit Roche und Geigy für die wilden Ablagerungen in den 50er und 60er Jahren verantwortlich ist. Während Roche für den westlichen Teil der Grube eine 125 Millionen Euro teure Totalsanierung von 12 000 Kubikmetern kontaminiertem Erdreich vorschlägt, bevorzugt BASF für den östlichen, fast doppelt so großen Bereich eine Ummantelung.

Eine Ummantelung des Areals kostet die BASF ein Zehntel

Der Grund liegt auf der Hand. Ein vollständiger Aushub der 28 000 Kubikmeter plus der externen Entsorgung käme für den Branchenriesen aus Mannheim-Ludwigshafen mit 250 Millionen Euro viel teurer als eine Ummantelung, die schon für 27 Millionen Euro zu haben ist.

BASF möchte dazu eine 800 Meter lange, 20 bis 30 Meter tiefe und einen Meter dicke unterirdische Wand einziehen, die das übrige Erdreich vor den Giftstoffen schützen soll. Ein Entwässerungssystem soll einströmendes Grundwasser abpumpen und reinigen. Dadurch soll verhindert werden, dass verunreinigtes Grundwasser in den Wasserkreislauf gelangen kann.

Die Altlastenbewertungskommission des Landes hatte zusammen mit dem Landratsamt in Lörrach bereits Anfang März beide Varianten grundsätzlich für genehmigungsfähig erklärt. Der Gemeinderat von Grenzach-Wyhlen hatte jedoch Sorge, ob die Ummantelung nachhaltig genug sei. Ein Sachverständiger soll nun beide Sanierungsvarianten auf dem BASF-Areal prüfen. Ein entsprechendes Gutachten soll im Frühjahr 2014 vorliegen.

Gutachter soll die Verfahren auf Nachhaltigkeit prüfen

Erst danach will das Landratsamt Lörrach die endgültige Entscheidung über die Sanierungsmethode treffen. Im Anschluss müssen die Unternehmen ihre Genehmigungsunterlagen einreichen, die danach offen ausgelegt und geprüft werden müssen. Die Sanierung könnte frühestens im Herbst 2014 beginnen. Sie soll fünf Jahre dauern.

Bisher zeigte sich die Behörde stets verständnisvoll gegenüber den Anliegen der Basler Chemie, die mehr als ein halbes Dutzend Giftmüllplätze im Grenzgebiet aufbietet. Im Jahr 2009 gab sich das Landratsamt Lörrach mit einer Teilsanierung der Hirschackergrube zufrieden, wo etwa 5000 teils unbekannte chemische Substanzen lagern.

Dabei wurden in dem 73 Hektar großen Areal an zwei so genannten Hot Spots insgesamt 70 000 Kubikmeter Erdreich abgetragen und eine Aktivkohleanlage zur Grundwasserreinigung eingerichtet. In unmittelbarer Nähe der Grube befindet sich ein Trinkwasserbrunnen, unweit davon verläuft der Rhein.

Bis zu 100 000 Tonnen giftige Altlasten im Boden

Martin Forter, Basler Geograf und Experte von Greenpeace, schätzt, dass dort noch immer bis zu 100 000 Tonnen giftige Altlasten im Boden schlummern. Eine vor kurzem abgeschlossene, weitere Untersuchung des Grundwassers ergab „keine Gefährdung für das Grundwasser“.

Zwar seien 2492 unbekannte Substanzen nachgewiesen worden, die aber lägen im „Nanogrammbereich“. Es gebe auch „keinerlei Hinweise auf toxisch relevante Substanzen“. Forter sieht das Grundwassermanagement dennoch nicht als nachhaltige Lösung an. „Dass es überhaupt solche Messungen gibt, zeigt doch ganz klar, dass das Problem des giftigen Chemiemülls nicht gelöst ist.“