Simsalabim! Netflix verwandelt pünktlich vor Halloween die zauberhafte 90er-Jahre-Sitcom „Sabrina – Total verhext!“ in die gruselige Fantasy-Thriller-Serie „Chilling Adventures of Sabrina“. Die Teen-Hexe Sabrina muss sich gegen mobbende Mitschülerinnen, rachsüchtige Hexen und den Teufel selbst wehren.

Freizeit & Unterhaltung : Gunther Reinhardt (gun)

Stuttgart - Das muss Hexerei sein! Eine verbotene Beschwörung vielleicht, die die kunterbunte Welt der Teenie-Hexe Sabrina in tristes Grau getunkt hat und als einzige Farbkleckse das Rot ihres Mantels und des immer wieder hervorspritzenden Blutes zulässt. Oder ein böser Zauberspruch, der in Greendale das Licht ausgeknipst und in all den dunklen Ecken, die sich hier auftun, Geister, Dämonen und Monster versteckt hat? Wurde Sabrina Spellman, die nette Halbhexe von nebenan, gar Opfer eines finsteren Fluches, der dafür sorgt, dass sie sich jetzt sogar mit dem Teufel persönlich anlegen muss, den alle plötzlich hochachtungsvoll The Dark Lord nennen?

 

Die Serie „Chilling Adventures of Sabrina“, die von diesem Freitag an bei Netflix verfügbar ist, macht jedenfalls Schluss mit lustig in der zauberhaften Welt Sabrinas. Zwischen 1996 und 2000 spielte Melissa Joan Hart in der Sitcom „Sabrina – Total verhext!“ ein Mädchen, das an ihrem 16. Geburtstag erfährt, dass sie eine Halbhexe ist. Sie lebt bei ihren Tanten Hilda und Zelda, ist mal mehr, mal weniger in ihren Mitschüler Harvey verknallt, der nicht wissen darf, dass sie eine Hexe ist, und sie legt sich gerne mit dem Hexenrat oder dem Schulrektor an, weil ihre Zaubersprüche oft spektakulär daneben gehen. „Sabrina – Total verhext!“ war eine wunderbar harmlose magische Comedyserie – irgendwo zwischen „Die kleine Hexe“, „Das Mädchen auf dem Besenstil“ und „Bibi Blocksberg“.

Zwischen Grimms Märchen und Shakespeares „Macbeth“

Die Hexen, die einem nun in „Chilling Adventures of Sabrina“ auflauern, sind aber keine niedlichen Mädchen mit Zauberstab und Besen, sondern vorwiegend grausame, bösartige Geschöpfe, wie man sie aus Grimms Märchen kennt. Und Prudence, Agatha und Dorcasm, besser bekannt als die Weird Sisters, sind zwar nur Schülerinnen an der Akademie der unsichtbaren Künste (das Hogwarts-Pendant in dieser Geschichte) und scheinen vor allem das Ziel zu haben, Sabrina das Leben schwer zu machen, doch eigentlich sind sie Wiedergängerinnen der drei grausigen Hexen aus Shakespeares „Macbeth“.

Zum 16. Geburtstag ein Rendezvous mit dem Teufel

Die Halbhexe Sabrina (Kiernan Shipka aus „Mad Men“) mag inzwischen Zombiefilme, verflucht andere Hexen („Succabitches!“) rächt sich am Schulrektor auch mal mit einem Spinnenfluch und lässt sich an ihrem 16. Geburtstag beim „Dark Baptism“ fast auf eine sehr unanständige Sache mit dem Teufel ein. Tante Zelda (Miranda Otto) hat sich in eine zickig-grobe Diva verwandelt, die die etwas unbedarfte Tante Hilda (Lucy Davis) auch mal zwischendurch ins Grab bringt, damit diese sich im Wiederauferstehen üben kann – Hexen tun so was in der Welt von „Chilling Adventures of Sabrina“. Nur Sabrinas Highschool-Liebe Harvey Kinkle (Ross Lynch) scheint noch der Harvey zu sein, den man aus der Sitcom kennt – ein netter Kerl, der für Sabrina alles tun würde.

Totenbeschwörungen und Vergessenszauber sind die harmlosesten Hexereien, die einem hier begegnen. Zu Creedence Clearwater Revivals „Bad Moon Rising“ schleicht sich zum Beispiel gleich zu Beginn der Serie die dämonische Madam Satan nach Greendale, die aus der Hölle abgehauen ist, um sich an den Spellmans zu rächen und als erstes Sabrinas Lieblingslehrerin (Michelle Gomez) umzubringen und sich deren Körper zu borgen.

Sabrina lebt jetzt im Nachbarort von Riverdale

Greendale kommt einem vor wie eine Stadt, in der jeden Tag Halloween ist. Und Sabrina hat natürlich nicht zufällig am 31. Oktober Geburtstag. Doch trotzdem versteht es die Serie, einem nicht nur das Fürchten zu lehren. „Chilling Aventures of Sabrina“ bemüht sich auch um eine Auseinandersetzung mit feministischen Themen – und wenn sich Sabrina weigert, wie alle anständigen Hexen ihren Namen in das „Book of the Beast“ zu schreiben, ist das letztlich ein Akt der Emanzipation und des Widerstands gegen das Patriarchat.

Roberto Aguirre-Sacasa, der „Chilling Adventures of Sabrina“ für Netflix entwickelt hat, hat diese düstere Interpretation der Sabrina-Story zuvor bereits in einem Comic erzählt. Dass in der Serienfassung die Geschichte in Greendale spielt, einem Nachbarort der Kleinstadt, in der wiederum das Jugenddrama „Riverdale“ zu Hause ist, liegt daran, dass beide Serien ursprünglich für den US-Sender The CW entwickelt wurden. Ob es tatsächlich ein Crossover geben wird, sich Sabrina und Harvey beziehungsweise Archie und Betty irgendwann auf die andere Seite des Flusses wagen, der sich zwischen Greendale und Riverdale befindet, wird noch nicht verraten.

Alle zehn Episoden der Serie „Chilling Adventures of Sabrina“ sind seit Freitag, 26. Oktober, bei Netflix verfügbar.