Man hört sie heraus, die angeraute Stimme des früheren Smokie-Sängers Chris Norman. Mit seiner Band Smokie machte er vor allem Schmusesongs – sieht sich selbst aber als Rocker.

Frankfurt a.M. - Als die Partygröler vor 25 Jahren in globaler Beschwipstheit „Who The Fuck Is Alice“ anstimmten, war Chris Normann nicht erfreut. „Die Parodie der niederländischen Band Gompie war wirklich nicht cool“, sagt der britische Sänger und Songwriter kurz vor seinem 70. Geburtstag am 25. Oktober. Mit „Living Next Door To Alice“ landete Norman als Frontmann der Pop-Rock-Gruppe „Smokie“ 1976 einen Welthit. Dann zogen auch noch die alten Smokie-Kollegen 1995 die gute „Alice“ durch den Kakao und veröffentlichten eine weitere Blödelversion. Er fand das alles „überhaupt nicht gut“, sagt der noch immer jugendlich wirkende Musiker heute.

 

Chris Normans angeraute, aber gefühlvolle Stimme geht den Fans zu Herzen. Der Sänger und Rhythmusgitarrist mit der typischen „Vokuhila“-Frisur setzte Mitte der 1970er Jahre mit seinen drei Schulfreunden von „Smokie“ eine Hitmaschine in Gang. Mit dem Titel „If you think you know how to love me“ machte die Band 1975 in ganz Europa auf sich aufmerksam. „Smokie“ wurde zu einer der populärsten Gruppen der 1970er Jahre. Bis zur Auflösung der Originalformation 1982 hatten die Briten zahlreiche Single-Hits.

Smokie waren Weltstars

Tanzbare Schmusesongs mit mehrstimmigen Chören wie „Lay back In the Arms of Someone“, „Mexican Girl“, „Don’t you play that Rock’n’ Roll to me“, der Cover-Song „Needles and Pins“, „It’s your Live“ oder „For a few Dollars more“ kreisten weltweit auf den Plattentellern der Diskotheken.

Ihren unverwechselbaren Charme erhielten die kurzen Stücke vor allem durch Normans Stimme. Kaum eine Party, ein Schulfest oder eine Tanzschule, in der die Musik des Quartetts nicht gespielt wurde. Mit seiner deutschen Version von „Alice“ („Tür an Tür mit Alice“) landete der Schlagersänger Howard Carpendale 1977 einen großen Erfolg. Bis heute spielen die Radio-Playlisten Musik von Smokie und Chris Norman.

Ein Duett mit Suzy Quatro

Vor allem das deutsche Publikum „50 plus“ liebt Chris Norman. Bei früheren Teenie-Musikshows wie „Disco“ beim ZDF waren Norman und seine Bandkollegen Terry Uttley (Bass, Gesang), Alan Silson (Gitarre, Gesang) und Pete Spencer (Schlagzeug, Gesang) Stammgäste. Im bunten Hemd, in Schlaghosen gezwängt und mit schulterlanger Mähne sang der Engländer seine Songs über Sehnsucht und Liebesschmerz. Die eingängigen Melodien lagen irgendwo zwischen Folk, Rock, Country und Balladen.

1982 trennten sich Smokie. Ihr softer Rock kam im Jahrzehnt des Synthesizer-Pop weniger an. Der ehemalige Bassist Uttley tourt als einziges Urmitglied mit eigener Band bis heute unter dem Smokie-Label. Bereits 1978 hatte sich eine Solokarriere von Chris Norman angedeutet, als er mit der amerikanischen Rocksängerin Suzie Quatro den Song „Stumblin’ in“ aufnahm. Das Gesangsduett gilt als eines der schönsten Liebeslieder der Ära – in Deutschland erreichte es Platz zwei der Charts.

Über Kreuz mit Dieter Bohlen

Smokie kamen 1985 nochmals für eine Wiedervereinigung zusammen, doch kurz darauf stieg Norman aus. Unterstützung als Solist erhielt er von dem Musikproduzenten Dieter Bohlen. Er produzierte Normans erstes eigenes Album und schrieb für ihn den Ohrwurm „Midnight Lady“. Die schwülstige Ballade aus dem Schimanski-„Tatort“ „Der Tausch“ gab die Initialzündung für Normans Solo-Karriere. Sechs Wochen lang behauptete sich der Titel 1986 in Deutschland an der Chartspitze. Die Zusammenarbeit mit Bohlen war aber nicht von Dauer: „Dieter bevorzugt synthetische Musik – ich bin aber ein Rocker“, sagt Norman.

Mehr als 20 Soloalben, darunter auch Neueinspielungen alter „Smokie“-Songs sowie ein Akustik- und ein Weihnachtsalbum, hat der Sänger aus der nordwestenglischen Küstenstadt Redcar bisher veröffentlicht. Heute lebt er mit seiner Familie auf der Isle of Man und engagiert sich auch für soziale Projekte. So ist er ehrenamtlicher Botschafter des Kinderhospizes Mitteldeutschland im thüringischen Nordhausen. Im Jahr 2001 kam Brian, das älteste seiner fünf Kinder, bei einem Motorradunfall ums Leben. Normans neues Album „Just A Man“ ist im Kasten, wird aber wegen der Corona-Pandemie erst im kommenden Frühjahr veröffentlicht. Auch seine geplanten Deutschland-Konzerte wurden auf 2021 verlegt.

Smokie kommen wohl nicht wieder

Die Chancen für eine Smokie-Wiedervereinigung stünden schlecht, sagt Norman: „Es gibt dafür wirklich keine Pläne oder ein großes Interesse. Aber auch hier gilt: Sag niemals nie.“ Ein Leben ohne Musik ist für den Sänger auch mit 70 undenkbar. „Musik und meine Familie sind mein Leben, Hobbies habe ich keine“, sagt er. „Ich hoffe einfach, weitermachen zu können.“