Im Etat des Katholikentags waren knapp 1,4 Millionen Euro an Einnahmen vorgesehen. Durch die schwache Resonanz in Stuttgart lässt sich das Ziel nicht erreichen.

Der Katholikentag in Stuttgart zieht eine nüchterne Bilanz. Statt der erhofften 35.000 Besucher zählte Roland Vilsmaier, der Geschäftsführer des Kirchenfestes, nur 27.000 Teilnehmer. Es seien 20.000 Dauerteilnehmer und 7000 Tagesgäste gewesen. Beim ungewöhnlich gut besuchten Katholikentag 2018 in Münster waren es mehr als drei Mal so viele Teilnehmer – 90.000 Menschen. Den starken Rückgang führt der Veranstalter, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), zum einen auf die Coronapandemie, zum anderen auf die Krise der katholischen Kirche etwa durch den Missbrauchsskandal zurück.

 

Ein Loch in der Kasse

Damit dürften sich auch die finanziellen Erwartungen nicht erfüllen. Denn durch die Eintrittskarten habe man sich Einnahmen in Höhe von 1,37 Millionen Euro erwartet. Die gastgebende Bistum, die Diözese Rottenburg-Stuttgart, hat eine Ausfallbürgschaft in Höhe von 470.000 Euro beschlossen, um die Mindereinnahmen zu kompensieren.

In diesem Zusammenhang kritisierte die humanistische Giordano-Bruno-Stiftung die öffentlichen Zuschüsse von Stadt, Land und Bund für den Katholikentag. Inzwischen hätten die Summen ein Rekordniveau erreicht. „Diese absurd hohen Fördersummen sind mit einem weltanschaulich neutralen Staat nicht zu vereinbaren“, sagte David Farago, Aktionsleiter der Giordano-Bruno-Stiftung.

Ein Etat in Höhe von zehn Millionen Euro

Der Katholikentag mit seinen rund 1500 Veranstaltungen kostet nach offiziellen Angaben rund zehn Millionen Euro. 3,2 Millionen Euro davon würden aus Eigenmitteln aufgebracht, teilen die Veranstalter mit. 1,8 Millionen Euro steuere der Verband der Diözesen Deutschlands bei und 1,3 Millionen Euro die gastgebende Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die Stadt Stuttgart beteiligt sich mit 1,5 Millionen Euro, das Land Baden-Württemberg mit zwei Millionen Euro und der Bund mit 500.000 Euro.

ZDK-Präsidentin Irme Stetter-Karp kündigte mit Blick auf das Katholikentreffen 2024 in Erfurt an, über die Formate nachzudenken: „Dieser Katholikentag ist mit vorigen nicht zu vergleichen. Es wird möglicherweise einen größerer Umbau auf allen Ebenen geben. Wir müssen flexibel sein und schauen.“ In ihrer persönlichen Bilanz fragte sie laut „Wie war der Katholikentag?“ und lieferte gleich Antworten dazu: „Es war ein Herantasten an die Wiederbegegnung . . . ein Spiegel des Istzustandes der Gesellschaft und Kirche.“ Stetter-Karp betonte, es sei in Stuttgart gelungen, der Sehnsucht nach Frieden Ausdruck zu verleihen. Zuletzt stellt sie die Frage: „Was strahlen wir aus? Strahlen wir wirklich die befreiende Botschaft aus? Oder sind wir die Geduckten, die an der Wand stehen und denen man, wenn sie sich bewegen, allenfalls zuschreibt, dass sie sich nur bewegen, weil die Druckwelle so hoch war?“

Bischof Fürst ist zufrieden

Zufrieden äußerten sich der gastgebende Bischof Gebhard Fürst und der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Bei seinen Rundgängen in Stuttgart stellte Bätzing auch fest, wie bunt die Stadt kulturell sei. Für ihn stellt sich daher die Frage, „wie gelingt es uns für so eine multikulturelle Stadt Katholikentag zu sein. Da haben wir noch eine Menge Arbeit zu leisten“.

Obwohl dieser Katholikentag für viele als ein Kirchentag der Zeitenwende gesehen wird, warnte Bätzing davor, die innerkirchliche Reformdiskussionen auf die Frage einer Aufhebung der verpflichtenden Ehelosigkeit für Priester oder eine Weihe von Frauen zu Diakoninnen zu fokussieren. Weiter sagte Bätzing, zunächst gelte es das zu tun, was bereits jetzt möglich sei. Dafür seien Selbstbindungen der Bischöfe an Abmachungen nötig, wie sie beim Reformprojekt Synodaler Weg getroffen würden.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Maria 2.0 – Protest der Frauen wird lauter

Bischof Fürst sieht sogar Chancen für die Weihe von Frauen zu Diakoninnen. Auch dieses wird bei dem derzeitigen Reformprozess der deutschen Katholiken, dem Synodalen Weg, besprochen. Fürst hat die „verhaltene Hoffnung“ auf eine Mehrheit in der Bischofskonferenz für Diakoninnen: „Und wenn wir dann gemeinsam, Laien und Bischöfe, diesen Beschluss mit Nachdruck nach Rom bringen, dann meine ich, dass sich vielleicht etwas bewegt.“ Er wisse vom Leiter der Glaubenskongregation, dass diese Frage im Vatikan „offen“ behandelt werde. „Wir sollten daran festhalten“, sagte Fürst, warnte aber zugleich vor zu hohen Forderungen der Reformbewegungen: „Nicht alles, was erwartet wird, kann auch erfüllt werden. Und wenn man die Erwartungen überfrachtet, werden wir in Rom nur Angstreaktionen auslösen. Nicht alles, was erwartet wird im Synodalen Prozess, kann auch erfüllt werden.“

Beim Synodalen Weg geht es um den Umgang mit Macht, die katholische Sexualmoral, die verpflichtende Ehelosigkeit der Priester (Zölibat) und die Position der Frau. Viele Beobachter halten Reformen bei den Machtstrukturen für möglich, da die deutschen Katholiken hier vieles allein entscheiden können. Gerade bei der Zulassung von Frauen zu Weiheämtern wird dagegen im Allgemeinen wenig Spielraum gesehen, da die deutschen Katholiken hier auf Zustimmung aus Rom angewiesen wären.

Mehr Tempo bei den Reformen gewünscht

Manchen geht das alles nicht schnell genug. So hofft etwa der Generalsekretär und Geschäftsführer des Katholikentags Marc Frings, dass sich bis in wenigen Jahren etwas Grundsätzliches in der katholischen Kirche tut. Denn dann stehe die Firmung seiner beiden Kinder an. Und die Entscheidung dazu werden seine Kinder selbstbestimmt und autonom treffen, erklärte Frings und blickte auf dem Podium zu den Bischöfen Fürst und Bätzing. Frei interpretiert könnte man diesen Hinweis so interpretieren: Beeilt euch mit den Reformen, sonst könnte es zu spät sein.

Der 102. Katholikentag geht am Sonntagvormittag mit einem großen Abschlussgottesdienst auf dem Schlossplatz zu Ende.