Mikrotheater mit Maximalwirkung: Das Citizen.Kane.Kollektiv zeigt „Die Stille der Familie“ in der Gaststätte Friedenau.

Stuttgart - In Gestalt einer groovigen Band lädt das Citizen.Kane.Kollektiv zum Familienfest mit dem sonst am Jungen Ensemble Stuttgart angesiedelten Regisseur Christian Müller. Sie sind untereinander verbandelt durch den Willen, Kunst aus dem realen Leben zu erschaffen. Und sie ebendort unter die Leute zu lassen. Passend wird die als Mikrotheater angekündigte Produktion „Die Stille der Familie“ im Festsaal des Restaurant-Theaters Friedenau im Stuttgarter Osten gezeigt.

 

Auf elektronische Klänge gebettete Songs mit Sogwirkung, mal großspurige, mal verdruckst Reden, Videoeinspielungen von Menschen, die aus dem familiären Netz gefallen oder diesem entkommen sind: All diese Schnipsel verdichten sich zu einer performativen Collage, die vor allem durch ihre Auslassungen zusammengehalten wird und weite Assoziationsräume eröffnet. Schon allein, weil das Publikum im Veranstaltungssaal durch gemeinschaftsstiftende Maßnahmen als erweiterte Familie fungiert. Die schaut, zur Gruppe verbunden, auf all jene, die auf sich selbst zurückgeworfen sind.

Einblicke in fremde Leben

Zu Beginn des Videos sind sie nur stumm zu sehen, die Seniorin im Samariterstift, der Flüchtling im Wohnprojekt, die in einer WG lebende Katzenfreundin und der Kapuzentyp aus einer Unterkunft für wohnungslose Jugendliche. Auch Nele, der Vierbeiner aus dem Seniorenhaus für Hunde, macht keinen Mucks. Stille herrscht. Dann sagt Frau Hild über ihre Mitbewohner im Seniorenheim: „Man kann sich austauschen, aber nicht unterhalten.“ Manchmal wünsche sie, selbst dement zu sein, um diese Tristesse weniger genau mitzubekommen.

Diese Einblicke in fremde Leben – die Betten der Porträtierten, Bilder von Fluren, Momente der Zuwendung – verknüpfen sich im Kopf der Zuschauer mit den Kurzauftritten der durchweg starken Protagonisten, die ihrerseits viel Bedeutung ins Verschweigen legen. Sie balancieren auf dem schmalen Grat eines ambivalenten Familienbegriffs, der Geborgenheit und Zugehörigkeit genauso umfasst wie Vereinnahmung und Enge. Wie dieses Paradox zu lösen ist, verrät das Kollektiv mit einem Symbol, das nicht zur Sprache kommt: Jedes Mitglied trägt zum Zeichen der Zusammengehörigkeit den gleichen Ring, aber ganz verschieden angesteckt. So behauptet sich Vielfalt im Verbund. Forum und Inhalt sind in „Die Stille der Familie“ nicht zu trennen. Bravo!

Wieder am 31. Januar, 1. und 2. Februar, jeweils um 20 Uhr. Kartentelefon: 0176-98 21 87 02 oder per Mail unter karten@citizenkane.de