Der Großteil der Deutschen macht sich Sorgen um die Verschmutzung der Weltmeere. Auch der Müll aus deutschen Innenstädten landet oft im Ozean. Eine neue Kampagne des Cleanup Networks soll jetzt darauf aufmerksam machen.

Stuttgart - „Das Meer beginnt hier“ – ein Schriftzug, der nicht nur in Stuttgart Gulli-Deckel und Abwasserschächte ziert. Dahinter steckt eine Aktion des Cleanup Networks, um auf die Umweltverschmutzung durch Müll aufmerksam zu machen. „Ziel der Aktion ist es unsere Reichweite zu erhöhen und eine Diskussion anzustoßen“, sagt Thomas Venugopal im Interview. Er hat die Initiative „Cleanup Network“ gegründet und möchte bei den Menschen mehr Bewusstsein für den Müll in unseren Städten schaffen. Dieser lande letztendlich auch in Deutschland oft in Flüssen und so letztendlich im Meer.

 

Laut einer Umfrage von YouGov in Kooperation mit dem SINUS-Institut sorgen sich knapp 80 Prozent der Deutschen zwischen 18 und 69 Jahren um die Weltmeere. Und doch fühlen sich laut Venugopal die wenigsten dafür verantwortlich: „Es erscheint den Menschen immer so weit weg, dabei hängt in einem Ökosystem alles zusammen“. Gerade zu Zeiten der Corona-Pandemie werde immer deutlicher, dass Probleme gemeinsam bewältigt werden müssen. Mit der Aktion „Das Meer beginnt hier“ möchte das Cleanup Network sowie dessen Partner nun deutschlandweit auf die Umweltverschmutzung aufmerksam machen.

Farbe aus Kinderschminke

Die Schriftzüge werden in der Nähe von Gulli-Deckeln angebracht. „Das Abwasser kommt, anders als die meisten denken, nicht in die Kläranlage. In vielen deutschen Städten wird es einfach in die Flüsse geleitet“, sagt Thomas Venugopal. Der Müll, den die Menschen in die Schächte werfen, landet früher oder später im Meer. Sprühkreide kam als Farbe zum Auftragen nicht in Frage, diese sei gesundheitsschädlich: Eine nachhaltige Alternative musste her. „Wir haben lange getestet und sind am Ende bei Kinderschminke hängen geblieben“. Diese sei zwar schwer wasserlöslich, ließe sich aber entfernen, wenn sie jemand wegschrubben möchte. Außerdem sei sie als Produkt für Kinderhaut durch hohen Auflagen sehr umweltverträglich.

Die Farbe sowie Schablonen aus recyceltem Plastik hat das Cleanup Network seinen Partnern zugeschickt. In kleinen Dörfern bis hin zu Großstädten wie Berlin pinseln Aktivisten die Nachricht nun an Gulli-Deckel. Sachbeschädigung sei das nicht: „Das ist wie Kinderkreide“, sagt Thomas Venugopal. Ins Straßenbild darf aber nicht eingegriffen werden, weshalb das Cleanup Network die Beschriftungen dort anbringt, wo sie von Fußgängern gesehen werden. „Was unsere Netzwerkpartner machen, darauf haben wir aber keinen Einfluss“.

22.000 Zigaretten am Marienplatz

Bisher komme die Aktion sehr gut an. Dennoch gebe es Optimierungspotenzial: „Nächstes Mal malen wir direkt vor den Medienhäusern und Redaktionen“, sagt er. Die Lerneffekte fließen in die Planung der kommenden Aktionen ein, denn das Cleanup Network habe noch zwei weitere Schablonen versendet. Was drauf steht, will Venugopal noch nicht verraten. Der nächste Schriftzug beziehe sich aber konkret auf Zigaretten.

Jedes dritte Stück Plastikmüll im Meer sei ein Zigarettenfilter. „Am Marienplatz haben wir in 90 Minuten 22.000 Zigaretten gesammelt“, sagt Venugopal. . „Die SSB-Haltestellen wollen wir uns vorknöpfen“. Aschenbecher gibt es dort bis heute nicht, die SSB stelle sich quer. Das ärgert Thomas Venugopal. „Am Feuersee werden Zigaretten auf den Mülleimern ausgedrückt. Auf Kopfhöhe von Kindern.“

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In der Corona-Pandemie stellt Venugopal ein neues Bewusstsein für Müll fest: „Die Masken, die überall herumliegen fallen den Menschen auf und sie echauffieren sich“. Dabei fallen ihnen die vielen Zigarettenstummel, Kronkorken oder Einweg-Becher nicht mehr auf, die Menschen gewöhnen sich daran. Müllblindheit nennt er dieses Phänomen. „Dabei liegen deutlich weniger Einwegmasken in der Gegend herum.“ Thomas Venugopal möchte den Menschen das Bewusstsein für den Müll in ihrer Stadt zurückbringen. Auf „Das Meer beginnt hier“ werden noch weitere Aktionen des Cleanup Networks folgen, um eine Debatte in der Gesellschaft zu starten. „Wir suchen immer neue Möglichkeiten um das Thema weiterzuspinnen“.