Hannelore Elsner spielt in „Club der einsamen Herzen“ mit spürbarer Hingabe eine alternde Schlagerdiva. Nicht lange nach den Dreharbeiten ist sie gestorben.

Stuttgart - Das Alter, lehrt uns das gesammelte Medienangebot seit Jahrzehnten, gibt es gemeinhin nur in zwei Aggregatzuständen: entweder vergreist oder juvenil, also spießig oder unkonventionell. Wenn die Reklame etwa das Pensionsalter umwirbt, gesellen sich zum rüstigen, aber schwergängigen Rentner auf Treppenliftsuche daher vor allem hochagile Best-Ager, an denen höchstens die Haarfarbe betagt wirken darf. So ähnlich werden Senioren auch in Filmen präsentiert.

 

Neben dem aussterbenden Ohrensessel-Typus dominiert darin die Sorte „Unruhestand“, den Didi Hallervorden seit Jahren mit Tatendrang füllt. Strickjacke statt Turnschuh, der Kopf voll Flausen, die Libido intakt, Freaks mit Falten, die es im hohen Alter „einfach noch mal wissen wollen“, wie es im PR-Sprech der Sender oft heißt.

Leben, lieben, lachen, leiden

Die von Hannelore Elsner in einem ihrer letzten Auftritte gespielte Kiki muss in „Club der einsamen Herzen“ trotz (oder wegen) ihrer dermatologisch sichtbaren 70 plus Cowboystiefel tragen und Zigarette rauchen, junge Lover haben und – ganz wichtig im Feelgood-Fernsehen – ein echt total verrücktes Auto. Hier ist es ein grasgrüner Oldtimer, in dem der „internationale Schlagerstar“ lebt und liebt und lacht und leidet. Weil das allein jedoch noch keine Erzählung ist, trifft sie zu Beginn der Tragikomödie nach jahrzehntelanger Trennung ihre Ex-Freundinnen Maria und Helga, deren Lebensabend vor lauter Langeweile fast Mitternacht schlägt.

Damit wir den Gegensatz auch wirklich verstehen, zückt die adrette Helga bei der ersten Wiederbegegnung Fotos von Kindern (drei) und Haus (abbezahlt), während die strenge Maria ihr ablaufendes Haltbarkeitsdatum im störrischen Disput mit den Nachgeborenen ums Familiengeschäft verdeutlicht. Spätestens als Kiki ihnen beim lustigen Disco-Besuch frische Energie einhaucht, gerinnt der Titel zur unvermeidbaren Handlung: Die drei eröffnen zum Ende hin den „Club der einsamen Herzen“, ein Tanzcafé für Senioren mit Schwung. Weil das Ende von Anfang an feststeht, darf man verraten: Zum Schluss liegen sich alle fröhlich in den Armen. Dazu singt jemand Play-back, dem man nun wirklich ein anspruchsvolleres Requiem gewünscht hätte.

Ideenlos berechenbar

Hannelore Elsner, Deutschlands wohl letzte wahre Filmdiva, spielt Kiki mit spürbarer Hingabe. Die hätte ein besseres Drehbuch als das der versierten „Tatort“-Regisseurin Christine Hartmann verdient. Jutta Speidel dagegen guckt als verwitwete Helga 90 Minuten lang wie ein verschrecktes Reh, während Uschi Glas ihrer halsstarrigen Maria stets ein wenig zu viel Bitterkeit in den Eierflip kippt.

Ein Konzentrat ideenloser Berechenbarkeit, in dem kleine Kinder sogar noch ein bisschen biederer sein müssen als ihre Eltern. Schon nach der Hälfte des Films wünscht man sich daher inständig, Hannelore Elsner schaue sich den „Club der einsamen Herzen“ von droben nicht auch noch an.

Ausstrahlung: ARD, 8. Juni 2019, 20.15 Uhr