Musiktrends 2016: Was passiert in den Stuttgarter Clubs? Geht ohne HipHop gar nichts oder ist Stuttgart nur in Sachen elektronischer Musik ein stabiler Spot? Der Versuch einer kleinen Bestandsaufnahme.

Stuttgart - „Der Januar ist der Montag unter den Monaten“, meinte kürzlich ein Barmann beim morgendlichen Aufräumen der was-von-der-Nacht-übrig-blieb-Ansammlung aus halbleeren Flaschen, zerbrochenen Gläsern, Kippenstummel und vergessenen Klamotten. Die Party war grundehrlich, nur waren die Gäste nicht ganz so trinkfreudig wie sonst. Januar eben und sowieso: „Jetzt kommen wieder die ganzen Rechnungen.“ Dieses Thema haben wir für 2016 endlich abgehakt.

 

Anderes Thema: Wo geht die musikalische Reise in den Clubs im Jahr 2016 hin? Was sind die Trends in den einzelnen Genres?

Ein exaktes Abbild des vielfältigen Stuttgarter Nachtlebens auf Papier zu bringen, wäre eine Diplomarbeit, Entschuldigung, Bachelorarbeit bzw. Masterthesis. Gefühlt scheinen aber die Bars und Clubs, aus denen das kleine HipHop-Einmaleins aus neuen Hits und alten Klassikern schallt, aktuell zu dominieren. Das liegt zum einen an der Stuttgarter Historie und zum anderen an der aktuellen Beliebtheit, die sich in deutschen Charts, bei ausverkauften Konzerten und Festivals widerspiegelt.

Nur HipHop ist nicht gleich HipHop. Wolfgang Spohn alias Gambit, Event Manager der Schräglage, meint zu den aktuellen Entwicklungen, „dass sich Hiphop in zwei Richtungen entwickeln wird und dadurch zwei getrennte Wege geht. Einmal die deepe Beat-Richtung, angelehnt an den Sound vor 20 Jahren wie z.B. Mobb Deep. Das zeigen SSIO und viele weitere gerade auch in der deutschsprachigen HipHop-Szene. Der andere Strang wird elektronisch angehaucht sein, Subbass, trappig mit Raps.“ Wie das im Cluballtag umgesetzt wird, kann man wiederum bestens in der Schräglage selbst hören.

Mix aus neuen und alten Tunes überwiegt

Gambit glaubt nicht daran, dass die Stimmung dieses Jahr kippt und die Gäste von HipHop langsam übersättigt sind. „HipHop gehört mittlerweile zur Musiklandschaft wie nie zuvor. HipHop ist immer noch für die meisten eine Art Lebensgefühl.“ Und bei einer Musik, die nun mehr als 40 Jahre alt ist, spielen Classics natürlich eine gewisse Rolle, genauso wie viele Stuttgarter DJs gleichzeitig darauf achten würden, die neuesten Entwicklungen und Sounds abzubilden, meint Gambit.

Christopher Warstat vom Freund & Kupferstecher denkt, dass die meisten HipHop-Partys von einem Mix aus neuen und alten Tunes weiterhin dominiert werden, der sich wiederum ständig weiterentwickelt: „Aktuelle Songs nehmen den Platz von nicht mehr ganz so aktuellen Songs ein.“ Das wird eben gerne gehört und gefeiert, zieht Christopher als Fazit. In seinen eigenen vier Wänden am Berliner Platz wird der Begriff HipHop allerdings sehr weit aufgefächert, damit neue internationale Trends einen Raum bekommen, „für Clubgänger, die ein etwas größeres Interesse an musikalischer Entwicklung haben“.

Immer mehr Beat-Produzenten spielen live

Die deutsche Beatmaker-Szene geht im Kupferstecher ein und aus, genauso wie angesagte und schwer agile Soundcloud-Produzenten, die auf strikte musikalische Konventionen nicht viel geben und dafür noch mehr Faves einsammeln. Der Rhythmus kann verkopfter sein, die Melodien digitaler und gerappt wird nicht unbedingt auf die Beats. Darauf muss man sich erst einmal einlassen, weiß auch Christopher. Bislang haben sich genügend Stuttgarter darauf eingelassen, die Nische funktioniert, was die „deutlich gestiegenen Besucherzahlen“ beweisen. „Das war unser Ziel und da sind wir auf einem tollen Weg.“

Christopher verfolgt gespannt die Entwicklung von UK Grime, sieht eine Tendenz, dass immer mehr Beat-Produzenten live spielen und denkt, dass die Musikstile weiter verschmelzen werden. „Produzenten werfen Elemente aus House, HipHop, Jazz, Disko & Funk, ja, auch Techno- oder Rock-Anleihen und absurde Geräusche, in einen Topf.“ Diese Soundsynthese ist auch 2016 das Markenzeichen vom Freund & Kupferstecher.