Jahrelang haben die EU-Staaten um eine Reform der Maut-Regeln gerungen. Nun stehen neue Gebühren-Vorgaben für Lkw. Allerdings dürften noch schwierige Verhandlungen mit dem Europaparlament bevorstehen.

Berlin - Die EU-Staaten haben sich mehrheitlich auf neue Maut-Regeln für Lastwagen in der EU geeinigt. Einzig Österreich lehnte bei öffentlichen Beratungen der Verkehrsminister am Dienstag einen Vorschlag der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ab. Demnach soll es mittelfristig in allen EU-Staaten, in denen es bereits Gebührensysteme für Lkw gibt, eine verpflichtende Gebührenerhebung für Lastwagen über 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht geben. Die Länder sollen jedoch selbst entscheiden können, ob sie ein strecken- oder zeitbezogenes Mautsystem einführen, wie das Bundesverkehrsministerium mitteilte.

 

Höhe der Mautsätze richtet sich auch nach CO2-Ausstoß

Zudem seien Ausnahmen für Transporte des Handwerks sowie für Nullemissionsfahrzeuge möglich. Auch hier solle jedes Land selbst bestimmen können, in welchem Umfang Transporte des Handwerks zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht von den Gebühren ausgenommen werden, hieß es.

Mit Blick auf den Klimaschutz müssen die Mautsätze nach CO2-Ausstoß der Fahrzeuge differenziert werden. So könnten CO2-freie Fahrzeuge bis 2025 komplett von der Maut befreit werden, hieß es. Anschließend könnten die Gebühren je nach CO2-Bilanz um bis zu 75 Prozent gekürzt werden. Dies solle jedoch im Ermessen des jeweiligen Landes liegen.

Ab 2027 sind Vans und Minibusse betroffen

Die Einigung der Verkehrsminister auf die Reform der Eurovignetten-Richtlinie soll formell am 18. Dezember von den EU-Botschaftern der Mitgliedstaaten bestätigt werden. Die Richtlinie ist die europarechtliche Grundlage für die Erhebung von Straßennutzungsgebühren. Bisher geht es dabei vor allem um schweren Lkw-Verkehr.

Anschließend muss noch eine gemeinsame Linie mit dem Europaparlament gefunden werden. Das Parlament hatte sich bereits 2018 auf eine Position festgelegt. Diese sieht allerdings eine streckenbezogene Gebühr für alle Fahrzeuge ab 2,4 Tonnen ab 2023 vor. Von 2027 an solle dies auch für leichtere Fahrzeuge wie Vans und Minibusse gelten.

Andreas Scheuer leitete die Beratungen

Weil Deutschland noch bis Ende des Jahres den Vorsitz der EU-Staaten innehat, leitete Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die Beratungen am Dienstag. „Nach jahrelangen zähen Verhandlungen haben wir heute einen Kompromiss erzielt“, sagte der CSU-Politiker. Er sprach von einem wichtigen Arbeitsschritt, der den EU-Staaten Flexibilität erlaube. Gleichzeitig stelle beispielsweise die vorgesehene CO2-Differenzierung wichtige Weichen für mehr Klimafreundlichkeit im Straßenverkehr, indem saubere Fahrzeuge weniger zahlen.

Scheuers Parteikollege, der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber, lobte die Einigung: „Der Kompromiss schafft eine Balance zwischen der notwendigen Flexibilität und der Schlagkraft verpflichtender Vorgaben.“ Er sei für alle praktikabel, ohne seine Hebelwirkung für den Umweltschutz zu verlieren.

Ausweitung auf Pkw?

In vielen EU-Ländern gibt es streckenbezogene Autobahngebühren oder Vignetten bereits auch für Pkw. In Deutschland gilt bisher für Lkw ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht eine streckenbezogene Lkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen.

Eine Ausweitung der Mautpflicht auf alle Fahrzeuge ist nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums nicht vorgesehen, „weil es dazu innerhalb der Bundesregierung keine Einigungschancen gibt“. Im Sommer 2019 hatte der Europäische Gerichtshof ein Modell für eine deutsche Pkw-Maut für rechtswidrig erklärt.