Armin Bär setzt mit seinem Leonberger Start-up „Collective Mind“ die KI ein. Kunden aus der Region könnten davon profitieren.

Leonberg - Im idyllischen Münklingen arbeitet der intelligente Kollege eifrig. Nein, kein Mensch, sondern eine Maschine, ausgestattet mit „Künstlicher Intelligenz“ (KI). Von außen sieht man ihr die futuristische Technik nicht an, oben ist eine Kamera montiert, unten ein Brett. Bei dem Münklinger Daimler-Zulieferer kontrolliert die Maschine kleine Metallplättchen für die Schaufelräder einer Turbine. Die Aufgabe für den KI-Roboter: Rausbekommen, ob die Metallplättchen kleine Fehler aufweisen. Deren Größe darf nämlich nur um 50 Mikrometer abweichen.

 

Kevin Fischer, Software-Entwickler bei dem Leonberger Start-up Collective Mind, ist einer der Papas dieses kleinen KI-Roboters. „Früher, in der herkömmlichen Software-Entwicklung, haben wir dem Computer Aufgaben vorgegeben“, erklärt er. Das ist in der KI anders. Jetzt zeigen Fischer und seine Kollegen dem Computer die Metallplättchen-Produktion eines Tages, bei dem alles glatt lief. „Das KI-System hat an diesem Tag selbst gelernt, wie es die Fehler an den Metallplättchen erkennt.“ 200 000 solcher Plättchen kontrolliert die Maschine jetzt pro Tag und ist mittlerweile besser, als es die Anforderungen verlangen. Sogar Abweichungen von nur 10 Mikrometer erkennt der KI-Roboter.

„Eine Revolution rollt da auf uns zu“

Collective Mind ist eine Ausgründung des Leonberger Projektsteuerungsbüros Aaronprojects von Armin Bär. 40 Mitarbeiter tüfteln für seine beiden Firmen in den Büros in der Römergalerie – und das ist erst der Anfang. „Wir wollen weiter wachsen“, kündigt Bär an und setzt dabei vor allem auf die Zukunftstechnologie KI. „Eine Revolution rollt da auf uns zu, das verändert unser Leben sicherlich ähnlich stark wie die Dampfmaschine.“

Armin Bär hat das Start-up gegründet. Foto: privat
Als lokales Unternehmen will Armin Bär die lokale Unternehmerschaft ansprechen und von den Vorteilen der KI überzeugen. Die Reaktionen sind geteilt, stellt Bärs Mitarbeiter Kevin Fischer fest, wenn er sich bei Kunden vorstellt: „Viele sagen: Wow! Viele verstehen es aber zuerst auch nicht, was KI überhaupt ist.“ Vor allem monotone Arbeitsvorgänge oder Qualitätssicherungsvorgänge könnten die Maschinen zunehmend übernehmen und viel besser erledigen, als menschliche Mitarbeiter. Aber auch in Fabriken wird sie eingesetzt, wo sie die Abläufe nicht nur automatisiert, sondern autonomisiert. Will heißen: Die KI kann die Fabrikationsabläufe selbst regeln und optimieren.

Aber auch in den Dienstleistungsbereich dringt die Technologie vor. Armin Bär nennt ein Beispiel aus dem Portfolio von Collective Mind: den automatisierten Onlineshop. Einem Zwanzigjähriger könne dann ein ganz anderer, ein auf seine Bedürfnisse angepasster Onlineshop angezeigt werden, als einem Sechzigjährigen. „Die KI entscheidet dann, wem sie was anzeigt“, erklärt Bär. Das gilt auch für Support-Systeme, die die Tüftler bei Collective Mind entwickeln. „Auf 80 Prozent der Fragen gibt es die gleichen Antworten“, sagt Kevin Fischer. Das könne man ohne Probleme automatisieren.

Ein weltweiter und regionaler Markt

Aber was sagen die Kunden, wenn sie künftig mit Maschinen telefonieren? „Ja, der KI haftet natürlich noch ein bedrohlicher, aber auch mystischer Zauber an“, sagt Armin Bär. Das müsse sich einspielen. „In ein paar Jahren nutzen wir die KI genauso selbstverständlich, wie wir heute Software-Anwendungen nutzen“, ist er überzeugt.

Bär spielt mit seinen beiden Leonberger Start-ups Aaronprojects und Collective Mind auf einem weltweiten Markt. Von welchem Punkt der Erde aus jemand eine KI-Dienstleistung anbietet, spielt keine Rolle. Per Internet und Cloud sind die verschiedenen Standorte schnell verbunden. Aber eben auch nur per Cloud – und genau da setzen Bär und seine Kollegen an. „Wir kommen direkt zu den Kunden“, erklärt Kevin Fischer. Zum Beispiel ein Versicherungsunternehmen dürfe aus Datenschutzgründen seine Kundendaten in gar keine Cloud hochladen. Will es also auf KI zurückgreifen, müssen Softwareentwickler ins Unternehmen kommen und die Systeme vor Ort überarbeiten – eine Marktnische, die das Silicon Valley nicht erfüllen kann. Sondern die kleineren, lokalen Tüftler-Kaderschmieden wie Collective Mind in Leonberg.