Seit rund 20 Jahren feiert Vince Ebert mit Wissenschafts-Comedy im deutschsprachigen Raum Erfolge. Jetzt hat er einige Monate in New York verbracht – um sein Englisch zu verbessern und sich auf dem US-Markt zu testen. Beides war schwierig, aber die Erkenntnisse sind groß.

New York - „Hi, mein Name ist Vince Ebert“, stellt sich der Mann auf der Bühne in New York vor – auf Englisch mit starkem deutschen Akzent. „Mein Akzent verrät es ja schon, ich bin aus Mississippi.“ Gelächter im Publikum. „Nein, ich bin natürlich aus Deutschland. Ich bin ein deutscher Comedian – und ich weiß, was Sie jetzt denken: Ein deutscher Comedian, das ist ja wie ein englischer Koch, das ist ein Widerspruch.“ Erneutes Gelächter. „Und dann bin ich auch noch Physiker. Ein deutscher Physiker – Doppel-Spaß!“

 

Seit rund zwanzig Jahren tourt der 1968 im unterfränkischen Miltenberg geborene Ebert als Wissenschafts-Kabarettistdurch Deutschland. Auch mit Büchern und Auftritten in Fernsehshows wie der ARD-Sendung „Wissen vor acht“ ist er bekannt geworden. „Nach 20 Jahren war alles ein wenig Routine geworden und ich dachte, ich sollte vielleicht ein Sabbatical nehmen. Aber dann dachte ich, ich mag doch meinen Job - was würde passieren, wenn ich ihn in New York mache?“ Also zog Ebert gemeinsam mit seiner Frau für ein Jahr nach New York, wo sie vor rund zehn Jahren auch schon ihre Hochzeitsreise hingeführt hatte. Der Comedian wollte endlich richtig gut Englisch lernen – und schauen, ob er auch auf dem US-Markt eine Chance hat.

In New York gibt es an jeder Ecke einen Comedy-Klub

„Es war alles sehr einschüchternd, denn New York ist ja das Mekka der Stand-up-Comedy. An jeder Ecke gibt es einen Comedy-Klub, wo Jerry Seinfeld oder Dave Chapelle regelmäßig vorbeischauen.“ Ebert begann mit einem Workshop am American Comedy Institute. „Das war eine gute Möglichkeit, Kollegen kennenzulernen und einen ersten Fuß in die Szene zu setzen.“

Ebert bekommt erste kleine Auftritte, merkt aber auch rasch, wie groß die Konkurrenz ist und wie sehr ihm ein Netzwerk fehlt. „Das war schwierig für mich, weil ich gesehen habe, dass alle sich extrem anstrengen, aber dass das Ganze auch total verwirrend ist. Niemand weiß, wer genau verantwortlich ist, und man muss ein sehr gutes Netzwerk haben und Freunde, die einen immer weiterempfehlen. Für einen gut strukturierten Deutschen ist das einfach schreckliches Chaos.“ Jüngere Comedians würden oft jahrelang auftreten, ohne Geld dafür zu bekommen, oder sogar draufzahlen und sich währenddessen mit anderen Jobs finanzieren – in der Hoffnung, irgendwann den Durchbruch zu schaffen. „Da habe ich mir dann irgendwann gesagt, dass ich für so eine Abzocke zu alt bin.“

Die Konkurrenz in den USA ist riesig

Ihn habe überrascht, wie sehr sich die Situation auf dem Comedy-Markt in Amerika von der in Deutschland unterscheide, sagt Ebert. „Von der Comedy zu leben, ist in Deutschland sehr einfach. Man muss kein Superstar sein, um genug damit zu verdienen, um seine Familie zu ernähren. Die Regierung steckt so viel Geld in Kultur, jeder kleine Ort hat eine Bühne, und die wird von der Ortsverwaltung finanziert. Und die Konkurrenz ist auch nicht so groß. In Deutschland haben wir vielleicht um die 400 Comedians? In New York sind es Tausende. Es ist fast unmöglich, in New York mit Comedy Geld zu verdienen.“

Aber Ebert bleibt dran, übersetzt Witze aus dem Deutschen, denkt sich neue direkt auf Englisch aus und entwickelt sein englisches Programm „Sexy Science“ weiter. Nachdem ihm klar wird, dass er es in die wirklich berühmten New Yorker Comedy-Klubs in einem Jahr nicht schaffen wird, mietet er sich Ende Februar für rund ein Dutzend Auftritte eine kleine Bühne im Theater SoHo Playhouse in Manhattan. Ebert sei ein „großer Hit in seinem Heimatland Deutschland“ und wolle nun seinen „einzigartigen Sinn für deutschen Humor nach NYC exportieren“, hieß es in der Ankündigung.

Amerikanische Comedians machen sich immer über die Zuschauer lustig

Die Show sei ganz anders als die Comedy-Auftritte amerikanischer Comedians gewesen, sagt eine Zuschauerin aus New York. „Man musste viel mehr denken. Amerikanische Comedians sind viel offensichtlicher, das hier war sehr subtil. Und er hat sich auch gar nicht über die Zuschauer lustig gemacht, das machen amerikanische Comedians immer.“ Ein deutsches Paar, das in New York lebt, war nach dem Auftritt weniger überrascht. „Wir kennen ihn aus dem Fernsehen und dachten, wir schauen uns das mal an. War ein guter Abend. Hat Spaß gemacht.“

Die amerikanischen Zuschauer seien von seinen Auftritten wohl ein bisschen verwirrt gewesen, gesteht Ebert ein. „Sie haben eine klassische Stand-up-Show erwartet, und dann mussten sie sich einen Vortrag anhören.“ Aber immerhin seien sie überhaupt erschienen. „Das hat mich glücklich gemacht – und erleichtert, denn meine größte Angst war, dass ich Shows absagen muss, weil niemand kommt. Aber das ist nicht passiert, also war es für mich schon ein großer Erfolg.“

Kurz danach brach Ebert seine Zeit in New York wegen der Corona-Krise früher als geplant ab und kehrte mit seiner österreichischen Frau nach Wien zurück. Ihm und seiner Familie gehe es gesundheitlich gut, sagt Ebert. Alle seine Auftritte seien natürlich erst mal abgesagt, „aber ich bin glücklicherweise in der privilegierten Lage, dass ich es mir leisten kann, ein paar Monate auszusetzen“.

Ebert schreibt ein Buch über sein Leben in New York

Ende August soll ein Buch über seine Erfahrungen in New York im Ullstein-Verlag erscheinen („Broadway statt Jakobsweg: Mein Anti-Entschleunigungsjahr in New York“). Ab September will er, wenn möglich, auch wieder mit einem neuen Programm auftreten, das von New York inspiriert, persönlicher und interaktiver sein soll. „Ich bin mir noch nicht sicher, ob die deutschen Zuschauer das akzeptieren, aber ich hoffe es.“

Die Zeit in New York habe ihn verändert, sagt Ebert. „Es hat mich total auf den Boden geholt, weil ich gemerkt habe, wie gut es mir in Deutschland als Comedian geht. Als ich gemerkt habe, wie hart man in New York dafür arbeiten muss, wie sehr man es wollen muss, habe ich mich nach zwanzig Jahren in dem Business fast ein bisschen faul gefühlt. In New York kann man nicht faul sein, man muss jeden Abend 100 Prozent Energie auf der Bühne geben. Und das habe ich geliebt, auch wenn ich kein Geld verdient habe, es hat mich an die Anfänge meiner Karriere erinnert. Es geht doch um den Spaß und nicht ums Geld.“

Seine Englisch-Kenntnisse hingegen? „Mit denen bin ich immer noch nicht zufrieden. Aber das ist natürlich auch sehr Deutsch, wenn man 99 Prozent hat, sagt man, da fehlt doch noch 1 Prozent. Ich habe so viele Menschen in New York getroffen, die schlechtes Englisch gesprochen haben, sogar Amerikaner. Deswegen ist mir jetzt auch egal – und das ist gut so.“