Die Polizei in Gotham City hat es nicht leicht. Sie steht in Batmans Schatten. Die Comicserie „Gotham Central“ aber erlöst die Cops vom Randfigurendasein. Hier wird echte Polizeiarbeit unter extrem frustrierenden Bedingungen geleistet.

Stuttgart - Gotham City, das ist die Stadt von Batman. Aber dieser dunkle Ritter, der sich in Fledermausgewandung gegen das Verbrechen der Großstadt stellt, ist kein Sicherheitsfaktor. Er ist eher ein Unsicherheitsfaktor. In seinen frühen Comicabenteuern – 1939 ist Batman alias Bruce Wayne in Dienst getreten – hat der Vigilant sich noch um ganz normale Kriminelle gekümmert. Aber rasch hat der exzentrische Selbstjustizchampion ebenso exzentrische Verbrecher angezogen – um nicht zu sagen, gezeugt.

 

Der Millionärssohn, dessen Eltern von einem Straßenräuber getötet wurden, kann nicht mehr aus seiner zweiten Haut. Aber das können auch seine Gegner, der Joker, Two-Face, der Pinguin, Mr. Freeze, all die Mixturen aus Massenmörder, Erfindergenie und Varieté-Nummer, nicht mehr. Sie sind so traumatisiert wie er und wollen noch überlebensgrößer sein.

Degradiert zum Scheinwerferbediener

Im Zusammenhang des Krimis will das heißen: die Polizei hat in Gotham wenig zu melden. Den Bizarro-Waffen der Supergangster ist sie hoffnungslos unterlegen, Batmans ständig das forensische Limit ausdehnenden Hightech-Methoden hechelt sie resigniert hinterdrein. Sie waren lange dazu da, in Gestalt des kummervollen Police Commissioner Gordon die Ohnmacht der Zivilgesellschaft angesichts ihrer internen Probleme zu bekennen. Und den Scheinwerfer des Batsignals in den Nachthimmel zu richten: Hilfe von oben, bitte!

Das blieb so, bis die Autoren Ed Rucka und Ed Brubaker sowie der Zeichner Michael Lark 2002 die Spinoff-Serie „Gotham Central“ starteten. Gordon und dessen Familie hatten schon früher prominente Rollen bekommen, auch ein paar Polizei-Nebenfiguren Namen erhalten. Aber sie waren stets nur dazu dagewesen, das hilflose Eingebundensein in Regeln und Methoden zu symbolisieren, über die Batman sich locker hinausschwang.

Schluss mit der Knöllchenschreiberei

„Gotham Central“ aber, das nun endlich bei Panini auch auf Deutsch vollständig erscheinen soll, gibt diesen Polizisten klare Gesichter, komplexe Probleme, echte Kompetenzen und einen eiternden Stachel im Fleisch: neben Batman immer nur dazustehen wie der Parkknöllchenschreiber neben dem SWAT-Cowboy. Diese Cops wollen nicht akzeptieren, dass Batman die ultimative Instanz von Schutz, Vorbeugung und Ermittlung ist.

Ein Panorama der Gefrusteten und Gebeutelten, der Verbiesterten und Korrupten, der Zornigen und der Aufrechten wird hier entworfen, wobei die Autoren Ed Brubaker und Greg Rucka mit großer Differenziertheit, Ambivalenz und Spannung vom Privaten und Dienstlichen erzählen. Ihr Noir-Comic, der oft Schlammfarben bevorzugt, ist nicht nur eine der besten Sachen, die je im Batman-Universum passiert sind. Er bewegt sich auf Augenhöhe mit TV-Serien wie „The Shield“ und „Southland“. Also bietet „Gotham Central“ auch packende Lektüre für Krimifreunde, denen alles Kostümierte bislang zu abstrus vorkam.