Deine Freunde, Eule findet den Beat, Gorilla Club und jetzt auch die Baked Beans. Kindermusik hat sich sehr verändert. Das ist gut – vor allem für die mithörenden Eltern.

Freizeit & Unterhaltung: Anja Wasserbäch (nja)

Stuttgart - „Mama, bitte nicht mitsingen und mittanzen“, sagt die Tochter vor ihrem allerersten Konzertbesuch. Deine Freunde sind mal wieder in der Stadt (das nächste Mal übrigens am 15. Juni auf der Freilichtbühne am Killesberg). 1300 Menschen, davon circa die Hälfte klein, die andere Hälfte erziehungsberechtigt, sind da, um 90 Minuten zu der Hip-Hop-Pop-Musik von Deine Freunde zu feiern. Ein großer Bereich vor der Bühne ist nur für die Kinder reserviert. Damit niemand verloren geht, bekommen die Kleinen Bändchen ums Handgelenk, auf denen man die Handynummer der Eltern notieren kann.

 

Ein Lied von Blumentopf und Afrobs „Reimemonster“ kommen aus den Boxen. Man weiß, wie man auch die Eltern abholt – die müssen ja die Tickets bezahlen. Und die Kinder begleiten. Väter haben ein Bier in der Hand und wippen im Takt mit. 15 Minuten, bevor Deine Freunde auf die Bühne kommen, gibt es eine Durchsage: „Jetzt ist es an der Zeit, noch mal aufs Klo zu gehen.“ Es ist an alles gedacht.

„Da war eine Stimmung, wie wenn bei Bibi und Tina ein Fohlen geboren wird“

Sie singen über „Schokolade“, „Fontanelle“, den „Brudi“ und lästige Hausaufgaben, die Musik bewegt sich irgendwo zwischen Hip-Hop und Pop. Wer keine Kinder im Grundschulalter hat, hat von der Band Deine Freunde wahrscheinlich noch nie etwas gehört. Deine Freunde sind eine Kinderband, taugen aber auch Erziehungsberechtigten, die „Lass jetzt los“ und andere Kinderzimmerhits nicht mehr hören können. Und: Ihr Erfolg gibt ihnen recht.

Deine Freunde sind Florian Sump, Markus Pauli und Lukas Nimscheck. Zum Teil sind sie heute selbst Eltern, Bühnenerfahrung haben sie schon massig. Florian Sump war früher Schlagzeuger der Band Echt, eigentlich eine Boygroup mit Gitarren und ohne Choreografien Ende der neunziger Jahre. Markus Pauli war Tour-DJ bei Fettes Brot, Lukas Nimscheck Moderator beim „Tigerenten Club“. Gemeinsam sind sie Deine Freunde und haben vor allem sehr viel Freude bei dem, was sie da machen.

Die drei Typen auf der Bühne nehmen die Kinder ernst, aber sich selbst nicht so sehr, weil sie Humor haben und Selbstironie sogar schon bei Kindern funktioniert, wenn alle zusammen „Ich bin nervig“ rappen. Da tanzen sie mit Lichtschwertern, nennen die richtigen Worte („Da war eine Stimmung, wie wenn bei Bibi und Tina ein Fohlen geboren wird“) und singen zusammen ein Loblied auf „deine Mudder“ und natürlich auf „Schokolade“. Für die Eltern gibt es Popreferenzen wie etwa „Push It“ und eine Boygroup-Choreografie in goldenen Blousons. Dazu singen sie eine Hymne auf die Fontanelle. Die Musik von Deine Freunde – inzwischen sind schon vier Alben veröffentlicht – erscheint auf dem Label von Rolf Zuckowski, dem Vater deutscher Kindermusik. Dabei ist die Musik von Deine Freunde der zeitgemäße Gegenentwurf dazu.

Weit entfernt von Hüpfburg-Entertainment und Luftballontierchen

Dass ist nicht neu. Schon 2015 erschien der erste Sampler namens „Unter meinem Bett“. Darauf: Gisbert zu Knyphausen, Francesco Wilking, Peter Licht, Olli Schulz oder auch Nils Koppruch. Alles kredibile Indie-Musiker, die eine erwachsene Fanbasis haben. Und diese Fans haben – wie die Musiker selbst – nun eben Kinder, sind Ende dreißig oder Anfang vierzig, also genau jene Zielgruppe, die noch CDs kauft. Es gibt dann neben den Samplern auch noch Bummelkasten, Die Gäng, Herr H oder Randale, der Reggaebär. Oder der Gorilla Club, hinter dem die Kölner Indie-Band Locas in Love steckt.

Unter dem Titel „Eule findet den Beat“ wiederum sucht eine Eule den Beat und findet ganz unterschiedliche Musikrichtungen wie etwa Pop, Jazz oder Elektro. Gefördert wird dieses Projekt übrigens auch von Rolf Zuckowski. Wie eben Deine Freunde, die den Kindern zeigen, dass sie auf richtige Konzerte in richtigen Clubs mit Bühne und Lightshow dürfen. Weit entfernt von Hüpfburg-Entertainment und Luftballontierchen. Ja, Deine Freunde machen alles richtig. Und es ist ja wie mit allem: Es ist nur eine kurze Phase. Es sind nur ein paar Jahre, in denen man zusammen auf Konzerte gehen kann. Und die Rebellion kommt dann in Gestalt von irgendwelchen Youtubern.