Am Tag vor dem Start hat die Handball-WM in Ägypten ein Corona-Problem. Tschechien zieht sich zurück, die Teilnahme des US-Teams ist fraglich. Die deutsche Mannschaft ist unterdessen nach ersten Tests in ihrem Hotel angekommen.

Gizeh/Kairo/Basel - Die deutschen Handballer hatten vor der Weiterfahrt ins Hotel an den Pyramiden gerade ihre ersten Corona-Tests in Ägypten hinter sich, als die Weltmeisterschaft einen Tag vor dem Eröffnungsspiel schon einen unerwünschten Verlauf nahm. Tschechien zog nach zahlreichen Corona-Infektionen am Dienstag die Reißleine und sagte seine Teilnahme ab. „Die ägyptische Weltmeisterschaft muss aufgrund der Anwesenheit von Covid-19 im Team auf die Teilnahme Tschechiens verzichten“, schrieb der Verband auf seiner Facebook-Seite.

 

Der Weltverband IHF reagierte umgehend und lud als Ersatz Nordmazedonien ein. Das Team sei als 15. der letzten Europameisterschaft der erste Nachrücker, teilte der Verband mit. Nordmazedonien trifft nun anstelle Tschechiens bei der WM (13. bis 31. Januar) in der Gruppe G auf Schweden sowie den Gastgeber und Chile, die an diesem Mittwoch das Auftaktspiel bestreiten.

Deutsche Mannschaft in Kairo gelandet

Bei sommerlichen 27 Grad war zuvor die deutsche Mannschaft in Kairo gelandet. Dort wurden Kapitän Uwe Gensheimer und seine Teamkollegen von medizinischem Personal empfangen. Noch an der Gangway wurde die Temperatur gemessen, dann ging es zum Corona-Test. „Wir haben ein riesiges Ereignis vor uns und wollen möglichst viele Spiele gewinnen“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer. „Es ist aber auch wichtig, dass im Vorfeld viele Fragen abseits des Sports zufriedenstellend beantwortet wurden.“

Mit einem Sonderbus wurde die streng isolierte DHB-Auswahl in ein Luxushotel unweit der weltberühmten Pyramiden von Gizeh gebracht. Das Fünf-Sterne-Haus bildet mindestens für eine Woche den Lebensmittelpunkt von Spielern und Trainerteam. Verlassen dürfen sie es nur, um zu trainieren oder die Vorrundenpartien gegen Uruguay, Kap Verde und Ungarn zu bestreiten.

Das sogenannte Blasenkonzept war die wichtigste von vielen Voraussetzungen für die Durchführung des umstrittenen Turniers. Die WM in seinem Heimatland gilt als Prestigeprojekt des ägyptischen Weltverbandspräsidenten Hassan Moustafa. Trotz teils massiver Widerstände hat der 76-Jährige alles daran gesetzt, dass die Endrunde mit erstmals 32 Mannschaften stattfinden kann.

Schon vor dem coronabedingten Rückzug Tschechiens drohte der WM aber weiteres Ungemach. Denn im Trainingslager in Dänemark wurden zehn Spieler und sieben Betreuer des US-Teams positiv getestet. Ob die Auswahl des schwedischen Nationaltrainers Robert Hedin überhaupt nach Ägypten reisen darf, war am Dienstagabend unklar. „Jetzt warten wir die Ergebnisse vom zweiten Test ab“, sagte Hedin im TV-Sender „Sky“. „Wir glauben, dass einer von denen, die aus den USA gekommen sind, die Infektion mit sich gebracht hat. Aber wir wissen es nicht“, hatte er zuvor der Zeitung „Aftenposten“ gesagt.

Weltweit instabile Corona-Situation

Der frühere Bundesliga-Spieler klammerte sich an die Hoffnung, wenigstens mit einem Not-Team an der WM teilnehmen zu können. „Wir gucken jetzt, ob es Möglichkeiten gibt, elf Spieler zu schicken und dann hoffen, dass wir nachher negative Tests bekommen“, sagte der Schwede. Auch beim deutschen Vorrundengegner Kap Verde soll es sieben positive Fälle geben.

Die weltweit instabile Corona-Situation hatte die Organisatoren in den vergangenen Wochen wiederholt zu Anpassungen beim Hygienekonzept gezwungen. Bis zuletzt hatte Moustafa auch noch davon geträumt, die Spiele zumindest vor einigen wenigen Zuschauern durchführen zu können. Dieser Plan scheiterte kurzfristig, nachdem etliche Spieler aus Europa massive Bedenken geäußert hatten.

Sorgen machen sich viele Spieler und Funktionäre aber auch jetzt noch. Einige Bundesligisten befürchten, dass ihre Spieler mit Corona-Infektionen aus Ägypten zurückkehren, was zu weiteren Spielabsagen führen könnte. Moustafa versteht die Bedenken. „Mit dem Covid-19-Vorsorgeplan für Ägypten 2021 wurde jedoch ein Dokument ausgearbeitet - und kontinuierlich aktualisiert und verbessert –, das allen Beteiligten Bedingungen gewährleisten soll, die sicherer nicht sein könnten“, sagte er der „Handballwoche“.

Das ist der Corona-Plan

Der Plan sieht unter anderem vor, dass die deutschen Spieler in Ägypten mindestens alle zwei Tage auf Corona getestet werden. Anfangs sollen sogar täglich PCR-Tests erfolgen. „Die Labore in Ägypten arbeiten sehr, sehr schnell zu“, sagte Kromer. „Entgegen dem Standard in Deutschland kommen die Ergebnisse relativ schnell ans Team zurück, innerhalb von drei Stunden.“

Wird ein Akteur positiv getestet, soll er sofort isoliert werden. Um jederzeit besorgte oder infizierte Spieler aus Ägypten herausbringen zu können, hat der DHB sogar eigens für die WM einen Charterflieger geordert, der während des Turniers auf Abruf zur Verfügung steht. Sollten Spieler oder andere Mitglieder des WM-Teams positiv getestet werden, können sie sofort in die Heimat geflogen werden.

„Es wird auch Corona-Fälle bei dieser WM geben, wie es sie gesellschaftlich gerade überall gibt“, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning. Dennoch ist er zuversichtlich: „Das Risiko in einer funktionierenden WM-Blase ist nicht größer, als wenn Bayern München zu einem Champions-League-Spiel fliegt.“ Ob das Konzept funktioniert, werden die nächsten Tage zeigen.