In einem Zuchtbetrieb für Nerze in Spanien infizieren sich sieben Mitarbeiter mit Corona. Und auch die meisten der Tiere haben das Virus. Nun ordnen die Behörden die Tötung von fast 93 000 Tieren an. Der Fall wirft ein Licht auf das grausame Geschäft mit den Pelztieren.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Valencia/Stuttgart - Wegen der Ausbreitung des Coronavirus in einer spanischen Zuchtfarm für Nerze haben die Behörden die Keulung von Zehntausenden Tieren angeordnet. Fast 93 000 Nerze müssen getötet werden, kündigte der Landwirtschaftsminister der Region Aragón, Joaquín Olona, an. Sieben Mitarbeiter des Betriebs in der etwa 100 Kilometer nordwestlich von Valencia gelegenen Ortschaft Puebla de Valverde waren vor knapp zwei Monaten positiv auf das Coronavirus getestet worden.

 

Seitdem wurde die Farm überwacht und der Verkauf der Tiere eingestellt. Weitere Tests ergaben, dass sich 87 Prozent der Nerze mit dem Coronavirus infiziert hatten. Daraufhin beschloss die Regionalregierung, alle Tiere zu keulen, um eine mögliche Übertragung des Erregers auf Menschen zu verhindern.

Niederlande: Corona-Ausbruch in Nerz-Farmen

Auch in den Niederlanden waren Anfang Juli nach Corona-Ausbrüchen in 20 Zuchtbetrieben Zehntausende Nerze getötet worden. Erstmals war das Virus Anfang April auf einer der Nerzfarmen entdeckt worden. Im Mai gaben die Behörden dann bekannt, dass sich zwei an der Lungenkrankheit Covid-19 erkrankte Mitarbeiter „sehr wahrscheinlich“ bei den Tieren angesteckt hatten.

Nach dem nach Willen des Parlaments sollen alle Betriebe bis zum Jahresende dauerhaft geschlossen werden. Nach Angaben der Tierschutzorganisation Humane Society International gibt es in den Niederlanden derzeit noch 128 Nerzfarmen.

Die Zucht von Nerzen für Pelze war im Land schon vor dem Ausbruch des Virus in den Farmen heftig umstritten. Ein Beschluss des obersten niederländischen Gerichts von 2016 sieht vor, die Nerzzucht ab dem Jahr 2024 zu verbieten. Laut dem jetzigen Parlamentsbeschluss soll der Ausstieg aus der Nerzzucht also um drei Jahre vorgezogen werden.

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Keine Nerz-Zucht mehr in Deutschland

In Deutschland gilt seit September 2017 das sogenannte Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetz. Seither ist die gewerbliche Pelztierhaltung nur noch möglich, wenn der Betreiber rigide Anforderungen an die Haltung der Tiere erfüllt. Die Auflagen sind allerdings rigide, so dass die Zucht nicht mehr rentabel ist. Anfang 2019 hatte die letzte deutsche Nerzfarm im nordrhein-westfälischen Rahden den Betrieb eingestellt.

Tierschützer kämpfen seit langem gegen die Pelzproduktion. Das Deutsche Tierschützbüro und Peta kritisieren viel zu kleine Drahtkäfige, die die Tiere zu Selbstverstümmelung treiben – für ein Produkt, das aus ihrer Sicht überflüssig ist.

Weltweit wurden nach Angaben des internationalen Pelzverbands im Jahr 2016 rund 75 Millionen Nerzpelze im Wert von rund 1,97 Milliarden Euro produziert. Dazu kamen rund 15 Millionen Fuchspelze mit einem geschätzten Wert von 780 Millionen Euro. Etwa die Hälfte stammt aus China.

In Europa ist Dänemark vor Polen führend. Nach Angaben der Tierrechtsvereinigung Peta wurden 2019 auf den rund 1600 Farmen rund 19 Millionen Nerze gezüchtet. Tschechien dagegen hat wie Deutschland entschieden: Ab 2019 ist die Pelztierzucht tabu. Peta zufolge werden die Tiere in „winzige Käfige gesperrt, wo sie für das Tierqualprodukt Pelz ein kurzes Leben unter unerträglichen Bedingungen führen müssen“.

„Nerz-Farmen mit über 100 000 Tiere sind keine Seltenheit“

Nach Recherchen des Deutschen Tierschutzbüros gibt es allein in Polen 800 bis 1000 Pelzfarmen mit insgesamt rund fünf Millionen Tieren. Tierrechtler haben die Zustände auf den polnischen Farmen recherchiert und fanden vor Ort überall Wildtiere in Käfigen vor.

„Nerzfarmen mit über 100 000 Tiere sind keine Seltenheit“, sagt Denise Weber, die Sprecherin des Deutschen Tierschutzbüros. „Nerze, Marderhunde und Füchse, alle Tiere werden in winzigen Käfigverschlägen gehalten und leiden extrem unter den herrschenden Bedingungen.“

Vor allem die dauerhafte Haltung im Käfig führe bei den Tieren zu Krankheiten wie Augen- und Gelenkentzündungen. Aufgrund des hohen Stresslevels würden sie unter massiven Verhaltensstörungen und neigten daher zu Kannibalismus, berichtet Weber.

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Im November ist „Ernte“ auf den Farmen

Tierschützer hoffen, dass ein Pelzfarm-Verbot in Europa die Preise auf dem Weltmarkt so in die Höhe treibt, dass sich die meisten keinen Pelz mehr leisten können. Experten befürchten dagegen, dass durch die Verbote in Europa in Russland mehr illegal gezüchtet werden könnte.

Nach Aussage von Denise Weber findet im November die „Pelzernte“ auf den Farmen statt. „Das bedeutet, die Tiere werden aus ihren Käfigen gezogen und auf brutale Weise per Vergasung oder Stromschlag getötet, um ihnen das Fell abzuziehen. Ein grausamer Tod, der auf ein qualvolles Leben im Käfig endet. Viele der Felle landen dann als Billigpelz im Handel.“