Der Andrang war so groß wie selten – vor den Clubs in der Stuttgarter Innenstadt bildeten sich teilweise lange Schlangen. Alle freuten sich auf ein Wiedersehen mit der Tanzfläche.

Stuttgart -

 

Endlich wieder die ganze Nacht bei lauten Bässen auf der Tanzfläche schwitzen: danach haben sich vor allem junge Stuttgarterinnen und Stuttgarter lange gesehnt. Mit der neuen Corona-Verordnung kehrt das Clubleben nun Stück für Stück in die Stuttgarter Innenstadt zurück. Wer vollständig geimpft oder genesen ist, oder aber einen negativen PCR-Tests vorlegt, der nicht älter ist als 48 Stunden, kann nun wieder feiern gehen. Ein Haken bleibt jedoch weiterhin bestehen – in den Innenräumen der Clubs herrscht Maskenpflicht, auch auf der Tanzfläche.

Die meisten Inhaber wollen unter diesen Bedingungen ihre Betriebe lieber geschlossen lassen. Doch ein paar wenige Clubs haben trotz der geltenden Maskenpflicht ihre Tore wieder geöffnet. „Wenn wir aufmachen können, machen wir auf“, sagt Benjamin Rossaro, der das Mica am Kronprinzplatz betreibt. „Aber klar, das geht auf’s Gemüt, dieses Hin und Her“. Über Social Media habe der Club die Wiedereröffnung für dieses Wochenende groß angekündigt, über 1500 Stammgäste wurden im Voraus kontaktiert. „Jetzt mussten wir wieder an alle kommunizieren, dass die Maskenpflicht doch nicht entfällt“, so Rossaro. Das habe alles Zeit, Geld und Nerven gekostet.

Der Andrang ist so groß wie noch nie

Doch am Freitagabend zeigt sich deutlich, wie sehr das Nachtleben den Stuttgarterinnen und Stuttgartern gefehlt hat. Die Schlange vor dem Mica ist bereits vor 22 Uhr so lang wie noch nie. „Wir wollten eigentlich hier feiern gehen, doch wie es aussieht, kommen wir heute nicht rein“, sagt die 23-jährige Leonie Weller und lacht. Vor dem Mica müsse man normalerweise nicht lange anstehen. „Es ist jetzt natürlich total überfüllt, weil einfach alle Feiern gehen – auch die, die früher vielleicht eher zu Hause geblieben wären“, mutmaßt die Stuttgarterin.

Benjamin Rossaro freut sich über den Zulauf und ist erleichtert, dass es nach einer für den Club sehr schwierigen Zeit nun wieder losgehen kann. „Wir haben im Januar 2020 erstmals eröffnet, bevor wir nur fünf Monate später aufgrund von Corona wieder schließen mussten. Das war sicher die bitterste Stunde in meinem Leben“, erinnert sich der Clubbetreiber. Seit ein paar Wochen habe das Mica nun wieder geöffnet. „Natürlich dauert und kostet es, den Betrieb nach eineinhalb Jahren wieder hochzufahren. Umso glücklicher bin ich, dass die Leute uns nicht vergessen haben“, so Rossaro. „Mit einem solchen Andrang habe ich allerdings nicht gerechnet. Bei dem ganzen Regel-Wirrwarr“.

„Ich kann mein Zimmer nicht mehr sehen“

Die meisten Gäste scheinen sich von den Hygienemaßnahmen nicht stören zu lassen. Andere sind noch verwirrt darüber, was eigentlich aktuell gilt. So etwa die 22-jährigen Stuttgarter Marc Huydts und Tom Armbrust, die von der nun doch geltenden Maskenpflicht erst vor Ort erfahren haben. „Wir sind hier, weil wir gelesen haben, dass das Mica einer der wenigen Clubs ist, der zum Tanzen aufmacht“, so Huydts. „Dass wir doch Maske tragen müssen, haben wir erst gerade erfahren“.

Auch die 23-jährige Ayris Tilki wusste nichts von der Maskenpflicht. „Ich verfolge das ehrlich gesagt auch gar nicht mehr, weil es sich ja eh dauernd ändert“. Doch auch mit den Einschränkungen will sie lieber feiern gehen, als zu Hause zu bleiben. „Ich kann mein Zimmer nicht mehr sehen“, sagt die Auszubildende und lacht.

Auch das Kowalski beim Hauptbahnhof hat am Freitagabend wieder geöffnet, allerdings nur mit Barbetrieb. „Ich glaube, ab einer gewissen Uhrzeit funktioniert das nicht mit der Maske beim Tanzen, das macht dann auch keinen Spaß. Wir handhaben es deshalb lieber gleich anders“ sagt Clubbesitzer Sasa Mijailovic. Am nächsten Freitag soll dann hoffentlich das große Re-Opening stattfinden. „Für mich ist das fast noch spektakulärer als die Cluberöffnung selbst“, so Mijailovic. „Viele verstehen gar nicht, wie essenziell es für junge Leute ist, wegzugehen. Nach so einer langen Zeit ist das ein besonderes Gefühl, wieder anzufangen“. An den Einschränkungen scheint sich auch im Kowalski niemand besonders zu stören. „Ich glaube, die Masken sind den meisten egal. Daran hat man sich nach all der Zeit einfach gewöhnt“, meint der in Stuttgart lebende Brasilianer Emanoel de Oliveira. „Wir sind einfach dankbar, dass wir hier sein können. Vor allem aber freue ich mich für das Personal. Für die ist es sicherlich noch wichtiger als für uns, dass Normalität zurückkehrt. Daran hängt immerhin ihr Job“, so der 29-Jährige.