Weil im Einzelhandel viele Läden geschlossen sind, boomt das Bestellen von Waren: Acht Millionen Päckchen und Pakete werden aktuell bundesweit täglich zugestellt. Das stresst nicht nur die Paketboten, sondern manchmal auch die Kunden.

Fellbach - Was tun, wenn man dringend etwas braucht, die Läden aber über Wochen geschlossen sind? Selbst wer im Alltag bewusst so wenig wie möglich bestellt, weicht in Corona-Zeiten ab und zu auf diese Art des Warenerwerbs aus. Wieder andere nutzen die Freizeit ganz bewusst zum Online-Shoppen.

 

Erfreulich sei für ihn, dass in den meisten Haushalten momentan auch jemand daheim sei und auf sein Klingeln reagiere

Allein die Deutsche Post hat deshalb momentan bundesweit täglich acht Millionen Päckchen und Pakete zuzustellen. „Es ist ein Aufkommen wie in der Vorweihnachtszeit. Bloß auf die können wir uns Jahr für Jahr vorbereiten. Corona hingegen traf uns unvermittelt“, sagt Marc Mombauer von der Pressestelle der Posttochter DHL. Man unternehme alles, um mehr Kollegen in der Paketauslieferung einzusetzen – trotzdem sei die Belastung sehr hoch. „Manche von uns fahren bis in den späten Abend Pakete aus“, verrät ein Zusteller in Fellbach. Er bringe die Sendungen auch nach wie vor mehrere Stockwerke hoch bis zur Wohnungstür, sagt der junge Mann, der nur das notwendigste Deutsch spricht.

Erfreulich sei für ihn, dass in den meisten Haushalten momentan auch jemand daheim sei und auf sein Klingeln reagiere. „Leute sehr freundlich“, sagt der Mann, der die Auslieferung seit einiger Zeit nicht mehr vom Kunden quittieren lassen muss, sondern dies selbst tun kann. „Wir verzichten bis auf Weiteres auf die eigenhändige Empfangsbestätigung. Der Zusteller übernimmt dies kontaktfrei für den Kunden“, sagt Marc Mombauer.

Bei der Beschwerdestelle der DHL habe er sich über das Verhalten beklagt

Ganz so freundlich scheint es aber nicht immer zuzugehen: Ein Fellbacher, der nicht namentlich genannt werden möchte und auf Grund einer Knie-OP in seiner Beweglichkeit eingeschränkt ist, hat sich in unserer Redaktion über seinen „unverschämten Postboten“ beklagt. Er habe seit 14 Tagen seine Wohnung nicht mehr verlassen. Trotzdem finde er immer wieder Benachrichtigungszettel in seinem Briefkasten, dass er angeblich nicht erreichbar gewesen sei und nun Sendungen in der Postfiliale abholen solle. „Manchmal wird auch drei Mal sturmgeklingelt. Bis meine Frau oder ich drei Stockwerke hinunter geeilt sind, ist der Bote verschwunden und der Benachrichtigungszettel steckt wieder im Briefkasten“, sagt der Mann. Bei der Beschwerdestelle der DHL habe er sich über das Verhalten beklagt. Seither sei es noch schlimmer geworden, er habe geradezu den Eindruck, dass sein Postbote ihn tyrannisiere, sagt der Kunde. „Für andere Hausmitbewohner liegen die Päckchen und Pakete auf der Treppe, für uns steckt der Benachrichtigungsschein im Briefkasten“, sagt der Mann, der regelrecht verzweifelt wirkt.

In Corona-Zeiten gäbe es zum Schutz von Kunden und Mitarbeitern außerdem die Möglichkeit, einen Ablagevertrag zu schließen

Glücklicherweise scheint das der Ausnahmefall zu sein – im Zustellstress liegen möglicherweise bei beiden Seiten die Nerven blank: „In einem Gespräch zwischen Kunde und Zusteller lässt sich sicher eine für beide Seiten gangbare Lösung finden“, vermittelt Mombauer. Der entsprechende Postbote sei auf die besondere Situation hingewiesen und gebeten worden, in diesem Fall doch etwas länger zu warten, bis der Kunde öffnet.

Schließlich ist die direkte Übergabe einer Sendung für beide Seiten die kürzeste und auch vom Arbeitsaufwand her beste Lösung. „Alle unsere Zusteller sind angewiesen, einige Zeit nach dem Klingeln zu warten, und bei Nichtanwesenheit die Ersatzzustellung, beispielsweise beim Nachbarn, zu ermöglichen. Erst dann folge eine Benachrichtigung. Mit dieser Karte könne der Kunde aber auch einen zweiten Zustellungsversuch beantragen.

Über das Portal www.paket.de biete DHL den Kunden eine Vielzahl flexibler Möglichkeiten, den Paketempfang selbst zu steuern und zu bestimmen, wann und wo sie ihr Paket erhalten möchten. So könne ein Wunschtag für die Zustellung ausgesucht oder online bestimmt werden, dass die Lieferung in eine bestimmte Filiale, Packstation oder an einen Nachbarn erfolgen soll. In Corona-Zeiten gäbe es zum Schutz von Kunden und Mitarbeitern außerdem die Möglichkeit, einen Ablagevertrag zu schließen. Besonders zu empfehlen sei dies für Quarantäne-Haushalte. „Da legt der Zusteller Pakete an einen vom Kunden festgelegten Ort ab. Eine direkte Übergabe ist nicht erforderlich“, sagt der DHL-Sprecher. Vor allem im Obergeschoss wohnende Kunden würden den Zustellern sehr helfen, wenn sie einen Wunschort im Erdgeschoss vereinbaren – oder es in der aktuellen Ausnahme-Situation erlaubt werde, die Sendung nach Rücksprache über die Gegensprechanlage im Erdgeschoss abzulegen.