Unter welchen Bedingungen kann der Budenzauber in der Corona-Krise stattfinden? Wie attraktiv wären die Veranstaltungen und wie groß das Infektionsrisiko? Und würde sich das für die Teilnehmer am Ende rechnen? Viele Fragen müssen geklärt werden.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Stuttgart/Waldenbuch - Der Vaihinger Weihnachtsmarkt ist einer der größten auf der Filderebene. Jährlich kommen zwischen 20 000 und 25 0000 Besucher zu der zweitägigen Veranstaltung am ersten Adventswochenende, die vom Verbund Vaihinger Fachgeschäfte (VVF) organisiert wird. Sie genießen Glühwein und Gutsle, treffen sich mit Freunden in geselliger Runde und besorgen im Gedränge das ein oder andere Weihnachtsgeschenk.

 

Doch in der aktuellen Corona-Pandemie darf vieles von dem so nicht sein. Wenn es einen Weihnachtsmarkt geben kann, dann nur unter strengen Hygiene- und Abstandsregeln. Ludwigsburg und Esslingen haben dazu bereits Konzepte erarbeitet. Der VVF-Sprecher Ingo Vögele schaut auf diese mit einiger Skepsis: Ein eingezäunter Weihnachtsmarkt, auf dem die Zahl der Besucher begrenzt ist. Eine Art Rundgang im Einbahnstraßensystem, bei dem kontrolliert werden muss, wie viele Besucher den Markt am Ausgang verlassen, um vorne am Eingang wieder neue Besucher einlassen zu dürfen. Kein Verzehr von Essen und Trinken auf dem Markt, kein Schwatz in geselliger Runde am Stehtisch. „Wie viele Menschen würden zu so einer Art von Weihnachtsmarkt wohl kommen?“, fragt sich Vögele.

Der Markt soll nicht aus Bequemlichkeit abgesagt werden

Ob es in diesem Jahr einen Weihnachtsmarkt in Vaihingen gibt oder nicht, hat der VVF vor Kurzem bei seiner Mitgliederversammlung diskutiert. Der Tenor: „Wir sind noch in der Lage, abzuwarten, und wollen das auch tun“, sagt Vögele. Der Vorstand werde Mitte oder Ende September sich erneut treffen und dann entscheiden. Fakt sei: „Wir wollen den Weihnachtsmarkt nicht aus Bequemlichkeit absagen. Denn wir wissen um die Wichtigkeit der Veranstaltung für die Aussteller und den Handel drumrum“, sagt Vögele.

Fakt sei aber auch: „Wir müssen uns vor einem Konzept hüten, das uns am Ende ein Defizit beschert. Klares Votum auf der Mitgliederversammlung war, das wir nichts tun, was die Vereinskasse belastet“, sagt Vögele. Es gelte also genau zu rechnen, welche Kosten entstehen, und ob diese durch Standgebühren gedeckt werden. In Ludwigsburg oder Esslingen, wo die Stadtverwaltung der Veranstalter sei und die Wirtschaftsförderung dahinter stehe, sei diese Kalkulation einfacher.

Und natürlich müsse der VVF als Veranstalter in der Pandemie auch das Infektionsrisiko berücksichtigen. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn ein Weihnachtsmarkt in Vaihingen sich als ein Corona-Superspreader entpuppen würde. „Denn für eventuelle Schadenersatzansprüche würden wir als Vereinsvorstände mit unserem Privatvermögen haften“, gibt Vögele zu bedenken.

Auch in Plieningen warten die Veranstalter noch ab

Der Bürgerverein Möhringen hat sich schon entschieden und den Christkindlesmarkt abgesagt. „Die Durchführung unter Einhaltung von Hygieneforderungen und Abstandsregeln ist in der Praxis schlichtweg nicht möglich“, schreibt der Vorsitzende Volker Grosser in einer Pressemitteilung. Das trifft nicht nur diejenigen, die sich vielleicht schon auf den Budenzauber gefreut haben. Sondern vor allem die vielen Ehrenamtlichen, für die der Christkindlesmarkt eine wichtige Einnahmequelle ist. Denn in Möhringen ist es seit jeher ein rein karitativer Markt und jeder Euro für den guten Zweck.

Ob der Markttag im Advent stattfindet, steht noch nicht fest. Noch sei keine Ausschreibung draußen, sagt Folker Baur von der Plieninger Leistungsgemeinschaft (PLG). „Interesse ist da. Wir würden es gerne machen“, sagt er. Doch man müsse zunächst die weitere Entwicklung der Infektionszahlen abwarten und dann in Absprache mit der Stadtverwaltung Stuttgart entscheiden. Baur selbst ist skeptisch: „Ich glaube nicht, dass es bis Ende November massive Lockerungen in der Pandemie geben kann. Man darf da nicht blauäugig sein“, sagt er und ergänzt: „Ich habe großes Verständnis, wenn da nichts gelockert wird. Wir wollen ja nicht, dass sich die Krise noch verstärkt.“ Und wenn die Abstands- und Hygieneregeln weiter so gelten wie bisher oder gar verschärft werden, dann würde es sehr schwierig werden, den Markttag im Advent umzusetzen. „Wir müssen da Aufwand und Nutzen abwägen. Wir wollen ja keinen Schaden anrichten“, sagt Folker Baur.

Wer trägt die Verantwortung?

In Waldenbuch organisiert die Stadtverwaltung gemeinsam mit dem Vereinsring den Weihnachtsmarkt. Ob dieser in diesem Jahr stattfindet oder nicht, soll in einer gemeinsamen Sitzung im Oktober entschieden werden. „Es gibt Überlegungen, ihn zu machen“, sagt der Hauptamtsleiter Ralph Hintersehr. Die Verantwortung dafür, dass alle Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden, würde bei der Stadt liegen. „Aber bei uns besteht der Teilnehmerkreis überwiegend aus Vereinen. Und die haben überwiegend ältere Mitglieder“, sagt Hintersehr. Es gehe auch und vor allem um deren Gesundheit. „Und diese Verantwortung nach Innen müssten die Vereine selbst tragen“, gibt der Hauptamtsleiter zu bedenken.