Den Einrichtungen fehlen klare Ansagen im Corona-Verordnungsdschungel – vor allem aber fehlen die Kinder.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen/Kaltental - Leise rieselt der Schnee an diesem Vormittag auf die Jugendfarm an der Balinger Straße. Er taucht alles in eine friedliche Stille. Nur die Hühner watscheln leise schnatternd über das Gelände. Sonst ist es ruhig. Zu ruhig, will man meinen – denn was fehlt, sind die Kinder, die unter normalen Umständen den Platz mit viel Lachen und Leben füllen würden. Doch die dürfen im zweiten harten Lockdown, den Deutschland gerade erlebt, natürlich nicht kommen.

 

Zu tun gibt es für die Mitarbeiter dennoch jede Menge. Denn die vielen Tiere müssen versorgt, die Ställe ausgemistet werden. Hier fehlt die Hilfe der Kinder. „Wir haben zum Glück ein paar engagierte Jugendliche, welche uns an den Wochenenden und Feiertagen unterstützen – natürlich coronakonform. Ohne sie wäre die Pflege der Tiere nicht zu schaffen“, sagt Antje Fydrich. Sie ist auf der Farm unter anderem für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Zudem widmen sich die Mitarbeiter in der kinderfreien Zeit Projekten, die sonst immer nach hinten geschoben werden. Im Frühjahr war das die große Elektrosanierung, die ohnehin anstand. Jetzt wird zum Beispiel jede Menge Brennholz gemacht. Aber so richtig zufriedenstellend sei das alles nicht, sagt Thomas Lang, einer der hauptamtlichen Mitarbeiter.

Familien unterstützen den Verein mit Spenden

Immerhin: Große finanzielle Sorgen plagen den Verein noch nicht. Stuttgart zahle weiterhin alle Zuschüsse für die Farm und den angeschlossenen Naturkindergarten, sagt Antje Fydrich und lobt auch die Informationspolitik der Stadt. Was jedoch fehle, seien die Einnahmen aus den Veranstaltungen wie Farmfest und Familientage. Auch die Christbaumsammlung, die dieser Tage hätte stattfinden sollen, wurde abgesagt. Mittagsbetreuung und Reittherapie mussten im vergangenen Jahr über Monate hinweg ausgesetzt werden. Diese Angebote seien der zweite Pfeiler der Farm, so Fydrich, da die Finanzierung der Stadt nicht zu 100 Prozent ausreiche, um die Kosten zu decken.

Um einen Ausgleich zu schaffen, rief der Verein im Herbst zu Spenden auf. Mit Erfolg, rund 6000 Euro kamen zusammen. „Dieses Ergebnis fand ich bemerkenswert“, sagt Lang. „Wir sind sehr froh, dass unsere Mitglieder hinter unserer Arbeit stehen“, ergänzt Fydrich. Allerdings seien die Verluste damit nicht ausgeglichen. „Wir zehren von unseren Reserven.“ Kurzarbeit habe man bisher aber vermeiden können. „Wenn sich die Situation nicht bessert, müssen wir das jetzt jedoch ins Auge fassen. Da wir auch geringfügig beschäftigtes Personal haben, würde dies für diese Personen den kompletten Verlust ihres Gehalts bedeuten. Das möchten wir eigentlich verhindern“, sagt Antje Fydrich.

Wie es weiter geht, ist offen. Man müsse von Woche zu Woche in die Verordnungen schauen, sagt Lang. „Schwierig ist, dass die Jugendfarm nicht so recht einzuordnen ist. Wir sind uns häufig unsicher, an was wir uns orientieren können: Die Regelungen passen nicht 100 Prozent zu uns“, sagt Fydrich. So sei die Mittagsbetreuung eher als Schule einzuordnen, der daran anschließende offene Betrieb aber eher mit einem Spielplatz vergleichbar. Zu denken gebe dem Verein zudem, das wenn der Platz öffne, die Mitarbeitenden einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt seien. Gerade bei der Mittagsbetreuung und im Kindergarten bestehe die Gefahr, sich anzustecken.

Farm-Team will Herausforderungen kreativ begegnen

Auch das Team der Jugendfarm Elsental versucht in der Pandemie, das beste aus der Situation herauszuholen. „Wir haben auch viele sehr gute Erfahrungen gemacht. Wir hatten viele glückliche Kinder auf dem Platz und haben viele positive Rückmeldungen von den Eltern bekommen“, sagt die hauptamtliche Mitarbeiterin Sabine Boehm. Für sie und ihre Kollegen sei es mit viel Aufwand verbunden gewesen, den Betrieb den immer wieder neuen Bestimmungen anzupassen und den Kontakt zu den Familien zu halten. Die Kurzfristigkeit vieler Entscheidungen in der Corona-Krise habe die Sache besonders schwierig gemacht. Hinzu kam, dass manche Mitarbeiter in Kurzarbeit waren. Und der Jugendfarmverein muss ein Einnahmedefizit in Höhe von 10 000 Euro verbuchen, weil beispielsweise Ferienbetreuung und Veranstaltungen nicht wie gewohnt stattfinden konnten.

Ihren Optimismus lässt sich Sabine Boehm davon aber nicht nehmen. Krisen würden ein Neudenken erfordern. „Es ist unsere Aufgabe, den Herausforderungen kreativ zu begegnen und positiv nach vorne zu schauen. Das wollen wir schließlich auch den Kindern vermitteln.“