Das Ateck-Hotel in Kirchheim unter Teck bereitet sich auf die Ankunft der China-Reisenden vor. Nicht alle Nachbarn sind begeistert.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Kirchheim - „Ich war zwar nicht gerade begeistert. Aber mit so viel Skepsis und Misstrauen im Umfeld habe ich nicht gerechnet.“ Rudolf Kübler steht auf dem fast leeren Hotelparkplatz. Am Mittwoch hat den Seniorchef des Ateck-Hotels in Kirchheim unter Teck (Kreis Esslingen) der Anruf aus Berlin ereilt, ob er sich vorstellen könne, sein Hotel als Beobachtungsstation für die deutschen Staatsbürger zur Verfügung zu stellen, die an diesem Freitag aus Wuhan am Stuttgarter Flughafen erwartet werden. Wie die Behörden auf sein Haus gekommen seien, wisse er nicht.

 

Nach kurzer Bedenkzeit hätten er und seine Tochter als Geschäftsführerin des Ateck-Hotels aber zugesagt. „Es ist doch so, dass doch alle Menschen, die jetzt zu uns kommen, aktuell gesund sind, und vor allem aus rechtlichen Gründen in Quarantäne genommen werden“, erläutert Kübler seine Position.

Das Hotel ist vorübergehend geschlossen

Natürlich habe das erhebliche Auswirkungen auf den Hotelbetrieb. Den werde man in dem 80-Zimmer-Haus in den kommenden 14 Tagen komplett einstellen und nur noch den als Quarantänestation genutzten Seitenflügel des Hotels mit seinen 27 Zimmern versorgen. Dramatisch sei das aus seiner Sicht nicht: „In der Faschingszeit ist die Nachfrage nach Zimmern ohnehin nicht so groß.“

Am Donnerstagnachmittag sei dann das Technische Hilfswerk (THW) angerückt und habe mit den Vorbereitungen begonnen. Die ganze Nacht über seien die Helfer am Werk gewesen. Unter anderem haben sie eine kleine Grünfläche, auf der die Reisenden aus Wuhan in den kommenden Wochen frische Luft schnappen können, mit einem Sichtschutzzaun abgegrenzt.

Ein DRK-Mitarbeiter erläutert im Video die Hintergründe:

Auf Mundschutz wollen die Sicherheitsleute verzichten

Vor dem Eingang des Seitentrakts, in dem die China-Rückkehrer leben werden, haben zwei Mitarbeiter der Firma B.E.S.T. Position bezogen und lassen schon jetzt, lange bevor die ersten Wuhan-Rückkehrer ankommen, niemanden mehr in den Quarantänebereich. Die Firma mit Hauptsitz in Berlin und einer Dependance in Ludwigsburg wird, so kündigt einer der Security-Männer an, in den kommenden zwei Wochen rund um die Uhr mit jeweils mindestens zwei Mitarbeitern das Gebäude bewachen. Sorge, dass er sich selber anstecken könnte, hat er nicht: „Bisher hat uns noch niemand gesagt, dass wir einen Mundschutz tragen sollen“, erzählt er. Deshalb werde er auch darauf verzichten: „Schließlich wollen wir nicht noch mehr Aufmerksamkeit erregen.“

In der Nachbarschaft des Hotels spricht sich langsam herum, dass das bisher so weit entfernte Thema Corona nun auch direkt in Kirchheim angekommen ist. Die Reaktionen fallen dabei höchst unterschiedlich aus. Der Chef des direkt neben dem Hotel beheimateten Edelfriseurs erklärt, er sehe das ganz gelassen. Das gelte aber nur für ihn persönlich: „Meine Mitarbeiterinnen sind in heller Panik.“ Schmunzelnd fügt er hinzu: Er rechne fest damit, dass sich die eine oder andere von ihnen am Montag krank melden werde.

„Die Behörden werden schon wissen, was sie tun“

Die Verkäuferin im nahe gelegenen Fressnapf sieht es ebenfalls sehr entspannt: „Die Behörden werden schon wissen, was sie tun.“ Deshalb habe sie keine Angst, dass nun Kirchheim zum besonders gefährdeten Gebiet wird. Ganz anders reagiert eine Verkäuferin im benachbarten Getränkegroßmarkt. Seit Wochen lebe sie in Panik vor Corona. Dass nun ausgerechnet auf der anderen Straßenseite die erste Quarantänestation in Baden-Württemberg eröffnet werde, sei für sie persönlich „ganz schlimm“.

Am Mittag dann verteilen Mitarbeiter des Landratsamts an die Nachbarn des Hotels zweiseitige Informationsblätter, in denen die Details der Unterbringung erläutert werden. Betont wird, dass eine Gefährdung der Bevölkerung ausgeschlossen werden könne und dass hausärztliche Leistungen für die Beobachteten durch eine DRK-Ärztin vor Ort erbracht werden.

Helfer haben Zusatzausbildung erhalten

Die Betreuung werden, so heißt es wörtlich, „von Helferinnen und Helfer des Deutschen Roten Kreuzes betreut, die im Vorfeld eine einsatzspezifische Zusatzausbildung erhalten haben. Unter ihnen befinden sich ehrenamtliche qualifizierte Kräfte des Katastrophenschutzes, Rotkreuzschwestern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rettungsdienstes. Sie kümmern sich um die Versorgung und soziale Betreuung der Rückkehrer und erbringen medizinische Leistungen.“