Der Landkreis Esslingen ist ein Hotspot in der Pandemie. Aktuell ist die Sieben-Tage-Inzidenz dort um etwa die Hälfte höher als im landesweiten Durchschnitt. Was hat das für Folgen für die Menschen in Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt?

Filder/Esslingen - Die Zahlen steigen, es geht wieder Schlag auf Schlag. Doch weil das Infektionsgeschehen unterschiedlich ist, gehen die einzelnen Bundesländer auch unterschiedlich mit der Pandemie um. Die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten konnten sich zuletzt nur auf Mindeststandards einigen. Das Ergebnis ist ein Flickenteppich. Noch komplizierter wird dieser dadurch, dass auch in den verschiedenen Landkreisen in Baden-Württemberg unterschiedliche Corona-Regeln gelten können. Ein Überblick über das Infektionsgeschehen und die Regeln für Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen.

 

Wie viele Corona-Fälle gibt es aktuell in Filderstadt?

In Filderstadt waren, Stand 22. Oktober, 61 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner sei damit im roten Bereich, also über dem kritischen Wert von 50, sagt der Ordnungsamtsleiter Jan-Stefan Blessing. Er ergänzt: „Die Zahlen haben sich innerhalb einer Woche in etwa verdoppelt.“ Zum Vergleich: Für den Landkreis liegt die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner aktuell bei etwa 95,7, der Durchschnitt für gesamt Baden-Württemberg bei 61,2.

Entsprechend der Corona-Regeln befinden sich alle Menschen, bei denen eine Infektion nachgewiesen wurde, in Quarantäne. Hinzu kommen die Kontaktpersonen ersten Grades. Diese Zahl schwanke aber stark, sagt Blessing. Denn bei einer einzelnen Neuinfektion könne die Zahl der Kontaktpersonen, die in Quarantäne müssen, bei nur zwei liegen, wenn es sich um eine sehr isoliert lebende Person handele, oder aber auch bei 20, wenn der Fall zum Beispiel in einer Schulklasse auftrete. In etwa sei die Zahl der Menschen in Quarantäne fünf- bis sechsmal so hoch wie die Zahl der aktuell Infizierten, so Blessing.

Wie ist die Situation in Leinfelden-Echterdingen?

In Leinfelden-Echterdingen waren, Stand 22. Oktober, 58 Bürger mit dem Coronavirus infiziert, wie Gerd Maier, der Leiter des dortigen Ordnungsamts, mitteilt. Zahlen zur Sieben-Tage-Inzidenz veröffentliche die Kommune nicht, das habe der Verwaltungsstab Corona so entschieden, sagt Thomas Krämer, Sprecher der Stadt Leinfelden-Echterdingen. Die Zahlen würden stark schwanken, die Aussagekraft sei nur gering.

Wie ist die Lage in Stuttgart?

In Stuttgart liegt die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner derzeit bei knapp über 80. „Die Fallzahlen verteilen sich recht gleichmäßig über die einzelnen Stadtbezirke“, erklärt die Stuttgarter Pressesprecherin auf Anfrage. Je nachdem, wo es einen stationären Hotspot gebe, zum Beispiel in einem Seniorenheim oder einer Flüchtlingsunterkunft, könnten die Zahlen in einzelnen Bezirken aber natürlich auch höher sein. Genauere Angaben dazu seien aber nicht möglich.

Welche Regeln gelten jetzt vor Ort?

Wegen der steigenden Infektionszahlen in ganz Baden-Württemberg hat sich vergangenes Wochenende das Land eingeschaltet und Regeln definiert. Diese gelten seit dem 19. Oktober. Bis zum 21. Oktober galten im Landkreis Esslingen teils strengere Regeln, das war offenbar ein Sonderfall, wie der Sprecher des baden-württembergischen Landkreistages gegenüber unserer Zeitung sagte. Knackpunkt waren vor allem die Regeln bei privaten Treffen. Landesweit ist es aktuell erlaubt, sich mit maximal zehn Personen zu treffen, mehr dürfen es sein, wenn sie nur zwei Haushalten angehören. Im Landkreis Esslingen galt bis 21. Oktober: Treffen, auch in privaten Räumen, waren auf zehn Personen begrenzt. Nun hat das Landratsamt die Regeln zum 22. Oktober hin angeglichen.

Überall im Kreis gilt im öffentlichen Raum eine Maskenpflicht, und zwar immer dann, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen nicht eingehalten werden kann. In diesem Punkt sind sich das Land und der Landkreis einig.

Wie werden die Regeln kontrolliert?

Das Regierungspräsidium (RP) hat die Ortspolizeibehörden dazu aufgerufen, die Einhaltung der Corona-Regeln und der Quarantänepflicht verstärkt zu kontrollieren. In Filderstadt gab es deshalb in dieser Woche eine Schwerpunktaktion. Man sei dem Aufruf des RP gefolgt, sagt Blessing. Die Situation im Landkreis sei sehr angespannt. Es gehe darum, andere Menschen vor einer Infektion zu schützen. In Filderstadt haben Mitarbeiter der Verwaltung bei den aktuell Infizierten sowie den Kontaktpersonen ersten Grades angerufen, um zu kontrollieren, dass sie in häuslicher Quarantäne sind. Wo die Verwaltung keine Telefonnummern hatte, gab es Hausbesuche. Die Filderstädter Pressestelle teilt mit, dass Stand Freitag nur eine Person sich nicht an die Quarantäne gehalten habe. Zudem weist sie darauf hin, dass wer sich nicht an die verordnete Quarantäne hält, mit einem Bußgeld oder einer Strafanzeige zu rechnen habe. In Leinfelden-Echterdingen müssen die Menschen, die sich in Quarantäne befinden, ebenfalls mit einem Besuch der Behörden rechnen, wie der Ordnungsamtsleiter Maier sagt.

Sind die Kommunen erleichtert, dass Messeherbst und CMT ausfallen, weil sie kaum stemmbar gewesen wären?

„Ich bin dem Heulen näher als dem Lachen“, sagt Angelika Goldak, die Wirtschaftsförderin von L.-E., dazu. „Die Absagen sind an Dramatik nicht zu überbieten.“ Für die Unternehmen und alles, was daran hänge. „Es ist ein Quasi-Lockdown.“ Allerdings sei dieser Schritt eben leider unabdingbar. Jan-Stefan Blessing möchte zu diesem Thema nicht viel sagen, weil Filderstadt das nicht zu entscheiden habe: Nur so viel: „Wenn es aufgrund der Infektionslage notwendig ist, muss man es auf alle Fälle tun. Wirtschaftlich ist es aber natürlich ein Rückschlag, vor allem für das Hotelgewerbe und die Gastronomie.“