Reisen ins Risikogebiet? Seit dem Wochenende gilt für Rückkehrer aus Ländern wie Serbien oder der Türkei eine Corona-Testpflicht. Denn nicht wenige Infektionen werden eingeschleppt.

Stuttgart - Sommerzeit ist Urlaubszeit. Millionen Menschen sind derzeit im Ausland unterwegs, sie liegen an Stränden oder besuchen ihre Familien. Vielerorts steigt aber die Zahl der Corona-Infektionen wieder. Damit das Virus nicht aus dem Urlaub mit eingeschleppt wird, werden Reisende nun verstärkt getestet.

 

Wer genau muss sich testen lassen?

Alle Urlauber, die aus Ländern mit vielen Infizierten zurückkommen. Wer kein negatives Test-Ergebnis von kurz vor der Abreise dabei hat, muss sich nach der Ankunft aus einem Risikogebiet testen lassen. Dies ist bis zu drei Tage nach der Einreise kostenlos möglich, wie eine Verordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) festlegt. Die Testpflicht gilt seit Samstag.

Was sind die Risikogebiete?

Welche Länder als Risikogebiete gelten, geht aus einer Liste des Robert Koch-Instituts (RKI) hervor. Sie umfasst etwa 130 Staaten von Ägypten über Russland bis zu den USA. Aus der EU sind aktuell Luxemburg, die belgische Provinz Antwerpen und die spanischen Regionen Aragón, Katalonien und Navarra sowie Teile Rumäniens und Bulgariens, darunter auch die Touristenhochburg Warna, auf der Liste.

Wo kann man sich in Baden-Württemberg testen lassen?

Die meisten Reisenden aus Risikogebieten kommen an den drei Flughäfen im Land an. Deshalb sind Testcenter am Flughafen Stuttgart, am Bodensee-Airport Friedrichshafen sowie am Baden-Airpark in Rheinmünster in Betrieb. Nach etwa 48 Stunden liege ein Ergebnis vor, das man über eine App erfahren könne, berichtet die Kassenärztliche Vereinigung, die für die Tests an den Flughäfen zuständig ist. Für den Bahnverkehr ist zudem eine Teststation am Stuttgarter Hauptbahnhof geplant, für den Straßenverkehr ein Testzentrum an der Raststätte Neuenburg-Ost an der A5 - aller Voraussicht nach sollen die beiden Stationen noch diese Woche in Betrieb gehen, heißt es aus dem Sozialministerium. Weitere Teststationen können bei Bedarf zeitnah aufgebaut werden.

Kann ich auch einfach zu meinem Arzt gehen? 

Ja. Die Teststationen stellen nur ein zusätzliches Angebot dar, um sich schnell und relativ unkompliziert nach der Rückkehr testen zu lassen. Wer das nicht möchte, kann sich auch innerhalb von 72 Stunden in den Corona-Abstrichzentren oder direkt beim Hausarzt testen lassen. Hier muss vorab telefonisch ein Termin vereinbart werden.

Wie aussagekräftig ist so ein Test?

Der Test könne immer nur eine Momentaufnahme sein, schreibt die Kassenärztliche Vereinigung. Außerdem könne er auch negativ sein, wenn die Infektion zu frisch ist. Wer sich also auf dem Rückflug infiziert, könnte bei dem Test gleich nach der Landung noch ein negatives Ergebnis erhalten, obwohl er das Virus bereits in sich trägt. Medizinisch sinnvoll wären laut Kassenärztlicher Vereinigung zwei Tests im Abstand von fünf bis sieben Tagen.

Wie sind die Tests im Südwesten angelaufen?

Tausende Reiserückkehrer wurden bereits in den ersten Tagen getestet. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtet von 1100 Tests am Stuttgarter Flughafen allein am Samstag, von 1400 am Sonntag. Am Montag waren es 971. Von den anderen Flughäfen gab es noch keine Zahlen. Am Dienstag landete aber erst wieder eine Maschine aus dem bulgarischen Warna mit 150 Passagieren am Baden-Airpark. Dabei unterschiedet die Kassenärztliche Vereinigung nicht zwischen verpflichtenden und freiwilligen Tests. Reisende, die nicht aus einem Risikogebiet zurückkehren, können sich nämlich ebenfalls kostenlos testen lassen.

Wie viele Corona-Fälle werden in den Südwesten importiert?

Nach dem neuesten Lagebericht des Landesgesundheitsamtes wurden seit der Aufhebung der Reisewarnung für die EU-Länder und einige weitere europäischen Staaten Mitte Juni mehr als 430 Corona-Fälle bekannt, deren Ansteckung mutmaßlich im Ausland stattgefunden hat. Das sind rund 18 Prozent aller Corona-Fälle. Mehr als jeder fünfte (22 Prozent) dieser Auslandsfälle geht auf Serbien als Infektionsland zurück, rund 21 Prozent auf den Kosovo. Darauf folgen Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Rumänien. Nach einer Abifahrt auf die kroatische Insel Pag sind erst vergangene Woche mehrere Corona-Infektionen bei Abiturienten aus dem Raum Donzdorf (Kreis Göppingen) bestätigt worden.

Sind die Labore ausgelastet, weil mehr getestet wird?

Grundsätzlich nicht. Bei voller Auslastung könnten die Labore im Land laut Sozialministerium rund 150 000 Tests pro Woche vornehmen. Derzeit seien es aber nur gut die Hälfte, pro Woche würden rund78 000 Corona-Tests durchgeführt. Während manche Labore noch Luft haben, könnten aber andere schon an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt seien. Die Ferien in Baden-Württemberg haben erst begonnen, deshalb sei es zu früh für eine erste Bilanz. „Wir rechnen nicht damit, dass das so bleibt“, sagte eine Sprecherin mit Blick auf Zehntausende Reiserückkehrer in den kommenden Wochen und auf die Lehrer im Land, die sich zum Ende der Ferien testen lassen können. Wenn die Kapazitäten der Labore an ihre Grenzen stoßen, müsse man wieder gezielter testen.

Wird die Testpflicht kontrolliert?

Nein. Der Staat setzt auf die Eigenverantwortung seiner Bürger. Wer der Testpflicht nicht nachkommt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 25 000 Euro.