In Bayern und Hessen treffen die Corona-Verordnungen die Kulturschaffenden besonders hart. Jetzt werden Proteste laut.

München/Dresden/Frankfurt - Im Restaurant ohne Mundschutz am gleichen Tisch - beim Theaterbesuch nur noch mit Test, Maske und nur 25 Prozent Auslastung. So sehen zurzeit die Corona-Regeln in Bayern aus. In Hessen gilt bei Kulturveranstaltungen eine Obergrenze von 250 Besuchern. Sachsen immerhin beendet am Freitag seinen wochenlangen Kultur-Lockdown und erlaubt 1000 Besucher – allerdings nur unter Vorbehalt. Beim Überschreiten der Überlastungsgrenze in den Krankenhäusern soll die Zahl hier wieder auf 200 reduziert werden.

 

Vor allem in Bayern wächst der Druck auf die bayerische Staatsregierung. Immer mehr Kulturschaffende und Politiker fordern, die harten Corona-Regeln für Theater, Konzerte und ähnliche Veranstaltungen zu lockern. Was die Branche vor allem erbost, sind die laxeren Regeln in der Gastronomie. Größter Streitpunkt: Nur 25 Prozent der verfügbaren Plätze dürfen bei Kulturveranstaltungen in Bayern besetzt werden. Besonders für kleine Theater ist es kaum lohnenswert, nur vor einem Viertel des Publikums zu spielen.

Bayern: „Bier geht vor Kultur“

„Wir können das nur noch so bewerten, dass die Aussage „Bayern ist ein Kulturstaat“ ein leere Hülse ist: Bier geht vor Kultur“, sagte deshalb Daniela Aue vom Verband Freie Darstellende Künste in Bayern (VfdKB). Diese Regeln seien ein „fatales Zeichen mit fatalen Folgen“. Man sende das Signal aus, dass bei Kulturveranstaltungen das Risiko einer Ansteckung groß sei – diese würden dann in der Folge gemieden. Dabei hätten Theater hervorragende Hygiene- und Lüftungskonzepte. „Gerade Letztere sind in der Gastronomie so sicherlich nicht vorhanden, und dort sitzen die Gäste häufig dicht auf dicht“, kritisierte Aue. Der Geschäftsführer des Konzertveranstalters Münchenmusik, Andreas Schessl, hat beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Klage gegen die Beschränkung der Zuschauerkapazität auf 25 Prozent zu wehren.

Sachsen: Öffnung wird bei hoher Hospitalisierung zurückgenommen

In Sachsen veröffentlichten Kulturschaffende am Montag einen offenen Brief. Seit dem 22. November und noch bis zu diesem Freitag gilt ein strenger Kultur-Lockdown. Der werde zwar an diesem Freitag gelockert, ist aber abhängig von der Hospitalisierungsquote im Freistaat. Dies trübe, so das Schreiben, die Freude über die Wiedereröffnung erheblich, denn angesichts der Omikron-Variante stehe eine höhere Auslastung der Krankenhausbetten schon bald zu erwarten. Schließungen kultureller Angebote seien nur in äußersten Notlagen gerechtfertigt. Sie dürften laut Beschluss der Kulturministerkonferenz, nicht isoliert erfolgen, sondern müssten in ein Gesamtkonzept eingebunden sein, und die Ministerpräsidenten hätten sich am 7. Januar darauf verständigt, dass bundesweit der Zugang zu Einrichtungen und Veranstaltungen der Kultur- und Freizeitgestaltung (Kinos, Theater, etc.) inzidenzunabhängig nur für Geimpfte und Genesene (2G) möglich bleibe. Die „Rückfalloption“ der Sächsischen Staatsregierung im Entwurf der neuen Sächsischen Corona-Verordnung ab 14. Januar sei vor diesem Hintergrund und angesichts der Hygienekonzepte nicht zu verstehen. „Wenn die Sächsische Staatsregierung mit Verweis auf eine Minderheit der Ungeimpften begründet, warum alle Kultureinrichtungen erneut unter dem Vorbehalt der Schließung stehen, wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen.“

„Schluss mit den Profilierungsversuchen einzelner Landespolitiker!“

Die Künstler-Initiative „Aufstehen für die Kunst“, der unter anderen der Bariton Christian Gerhaher angehört, fordert eine Abkehr vom Bayerischen Sonderweg der willkürlichen Absenkung auf 25 Prozent Saalbelegung und der hessischen starren Obergrenze von 250 Zuschauern unabhängig von der Saalgröße. Die mittlerweile zahlreichen internationalen wissenschaftlichen Studien für moderne Theater, Opern- und Konzerthäuser seien „eindeutig und übereinstimmend: Bei hälftiger Belegung, Maskenpflicht und entsprechenden Belüftungssystemen ist das Risiko einer Virusübertragung im Publikumsbereich nahezu ausgeschlossen, wohlgemerkt noch vor 2G oder 2G +- Maßnahmen, die vor allem darüber hinausgehende Belegungen absichern sollen. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen endlich zur Kenntnis genommen werden.“ Und: „Politische Profilierungsversuche einzelner Landespolitiker wie in Bayern, Hessen und Sachsen zu Lasten der Kultur, entgegen der wissenschaftlichen Datenlage und im Unterschied zu wesentlich infektionsgefährdeteren Orten wie etwa Restaurants, lehnen wir entschieden ab.“