Trotz des besten Ergebnisses der Unternehmensgeschichte im vergangenen Jahr: Der Stuttgarter Flughafen steht vor schwierigen Zeiten. Die Coronakrise stoppt die Ausbaupläne bei Terminals und Parkhäusern, und auch der Zeitplan für die Sanierung der Start- und Landebahn könnte durcheinander geraten.

Stuttgart - Es dürfte wohl auf absehbare Zeit das letzte Mal gewesen sein, dass der Stuttgarter Manfred-Rommel-Flughafen Rekordergebnisse verkünden kann. Das Jahr 2019 brachte dem Airport 7,6 Prozent mehr Fluggäste (mehr als 12,7 Millionen Passagiere), einen Zuwachs von 3,4 Prozent an Starts und Landungen sowie einen Umsatz von mehr als 300 Millionen Euro und einen Gewinn von 50,2 Millionen Euro nach Steuern. Doch die Freude über das „beste Jahr unserer Firmengeschichte“, so Flughafengeschäftsführer Walter Schoefer, ist getrübt. Der weitgehende Zusammenbruch der Reisebranche trifft nun auch den Flughafen mit voller Wucht. Weil die Zahl der Starts und Landungen seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie um 99 Prozent zurückgegangen ist, hat das Unternehmen für 50 Prozent der rund 2000 Beschäftigte der Flughafengesellschaft (FSG) und ihrer Tochtergesellschaften zunächst bis Ende Juni Kurzarbeit angemeldet.

 

Eine weitere Folge: Die Erweiterungspläne des Airports werden fürs Erste ad acta gelegt. Der geplante Ausbau der Terminals sowie der Bau neuer Parkhäuser werde vorerst nicht weiter verfolgt, so FSG-Geschäftsführer Schoefer bei einer Online-Pressekonferenz am Mittwoch. Er bestätigte Informationen unserer Zeitung, wonach im Aufsichtsrat der Flughafen-GmbH, dem Vertreter der Gesellschafter Stadt und Land angehören, ein entsprechender Beschluss für ein Moratorium in Vorbereitung sei.

Coronakrise könnte auch Sanierung der Start- und Landebahn beeinträchtigen

Co-Geschäftsführerin Arina Freitag sprach von einer „absolut deprimierenden Situation“, was den Rückgang der Starts und Landungen betrifft. So habe man etwa am Dienstag dieser Woche insgesamt nur zehn An- und Abflüge über den Tag verzeichnet. Freitag sagte, die Airlines hätten signalisiert, dass die Zahl der Flugbewegungen wohl auch in den nächsten Monaten auf niedrigem Stand verharren werde.

Die Coronakrise könnte zudem die ab Ende April geplante Sanierung der Start- und Landebahn am Stuttgarter Airport beeinträchtigen. Die Arbeiten sollten eigentlich in 56 Tagen durchgezogen werden. Allerdings ist laut Schoefer unklar, ob sich der Zeitplan halten lässt: „Das Coronavirus macht auch vor Bauarbeitern nicht halt.“ Es bestehe außerdem das Risiko, dass ausländische Mitarbeiter der Baufirmen über Ostern zu ihren Familien fahren und dann möglicherweise nicht mehr so einfach wieder einreisen könnten. „Wir arbeiten aber mit Hochdruck daran, den Zeitplan einhalten zu können“, sagte Schoefer. Eine zeitliche Streckung der Sanierung ist nach seinen Angaben nicht möglich: Die geplanten 56 Tage Bauzeit seien an den internationalen Luftverkehrsplan gekoppelt. Falls es länger daure, „müssten wir den Flughafen für Restarbeiten komplett schließen.“

Für das Jahr 2020 erwartet die FSG-Geschäftsführung jedenfalls tief rote Zahlen – auch wenn der Flughafen in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet habe und über eine hohe Eigenkapitalquote von knapp 79 Prozent und eine hohe Liquidität verfüge. Das Ergebnis 2019 werde im laufenden Geschäftsjahr dabei helfen, die durch die Pandemie verursachten massiven Verkehrseinbrüche und Ertragsverluste zu überstehen, so Arina Freitag. Sie rechnet für 2020 dennoch im Ergebnis mit einem „hohen zweistelligen negativen Millionenbetrag“.

Geplante Investitionen am Manfred-Rommel-Airport werden verschoben

Um die Folgen der Coronakrise abzumildern, sei nun ein „knallhartes Kostenmanagement“ angesagt, so Freitag weiter. Alle nicht akut notwendigen Investitionen am Flughafen würden auf den Prüfstand gestellt. Schoefer ergänzte, man müsse die geplanten Ausgaben priorisieren und auf Sicht fahren. Eine dauerhafte komplette Schließung des Airports sei aber trotz Coronakrise ausgeschlossen: „Wir haben eine Betriebspflicht.“ Man erhoffe sich nun vom Kurzarbeitergeld Entlastung: Schoefer geht davon aus, dass man auch künftig inklusive der Tochtergesellschaft die Zahl von 2000 Beschäftigen halten kann.

Auch landseitig ist das Geschäft nahezu völlig zum Erliegen gekommen: Boutiquen, Bars und sonstige Läden am Flughafen mussten wie auch andernorts wegen der Ansteckungsgefahr geschlossen werden, lediglich die Apotheke sowie ein Lebensmittelmarkt und ein Bäcker haben noch geöffnet. Die Atmosphäre in den Terminals, „wo sonst das Leben pulsiert“, nannte Schoefer „deprimierend.“

Die Krise könnte auch den Luftfahrt-Mark insgesamt neu ordnen: 2019 war die Lufthansa-Tochter Eurowings der größte Kunde des Stuttgarter Airports, gefolgt von der Ryanair-Tochter Laudamotion und der britischen Easyjet. Welche Airlines am Ende den wochen- oder gar monatelangen Stillstand wirtschaftlich überleben, lässt sich kaum vorhersagen.