Eine große Mehrheit im Stuttgarter Rathaus hat das eigentlich im Klimaschutzpaket beschlossene Verbot von Heizpilzen vorläufig ausgesetzt. Damit soll die durch die Corona-Pandemie gebeutelte Gastronomie unterstützt werden. Ein anderer Vorschlag fand jedoch keine Mehrheit.

Stuttgart - Die Stadt will den von der Corona-Pandemie gebeutelten Gastronomen in der Innenstadt entgegenkommen: Die Verwaltung setzt das im Klimaschutzpaket vorgesehene Verbot sogenannter Heizpilze für den Zeitraum zwischen 1. November 2020 und 31. März 2021 befristet aus. Schon ab 1. Oktober dürfen Heizpilze ab 20 Uhr in Betrieb genommen werden. Der Beschluss wurde am Dienstag im Ausschuss für Klima und Umwelt gegen die Stimmen der Linksfraktionsgemeinschaft und der Fraktionsgemeinschaft Puls gefasst. Auch OB Fritz Kuhn (Grüne) hatte sich für die Ausnahmeregelung starkgemacht, um der Gastronomie das Überleben zu erleichtern und die Bewirtung im Freien zu ermöglichen.

 

Während Grüne, CDU, SPD, FDP und Freie Wähler sowie die AfD die Aussetzung des Heizpilzverbots befürworteten, lehnte der Sprecher des Linksbündnisses, Hannes Rockenbauch, die Ausnahme ab. Die temporäre Lockerung sei keine zielgerichtete Hilfe für die Gastronomie und schädige das Klima. Andreas Winter (Grüne) sprach hingegen von einer Abwägungsentscheidung zugunsten der Gastronomie. Ausdrücklich begrüßte Winter, dass der Beschluss darauf abhebt, die Wirte sollten möglichst elektrische, energiesparende und klimaschonende Heizpilze einsetzen. CDU-Fraktionschef Alexander Kotz sagte, durch die Heizpilze würden wohl nicht alle Gastronomen vor der Insolvenz gerettet werden können. Es sei aber eine Hilfestellung für die Betriebe, um auch in der kälteren Jahreszeit Gäste bewirten zu können: „Andererseits wird sich durch die Heizpilze das Weltklima nicht fundamental verschlechtern.“

Puls-Fraktionsgemeinschaft scheitert mit Antrag auf Kohlendioxidabgabe

Er regte an, die Verwaltung möge weitere Ermessensspielräume nutzen, um etwa das Aufstellen von Zelten im Außenbereich von Lokalen zu ermöglichen. Lucia Schanbacher (SPD) zeigte sich zufrieden mit dem Vorschlag der Verwaltung. Es gehe um einen Hoffnungsschimmer für die in ihrer Existenz bedrohte Gastronomie. Auch die Außenbestuhlung müsse erleichtert werden, um die Folgen der Wirtschaftskrise abzufedern. Grüne und SPD betonten, dass es nach der Übergangsfrist zu einem stadtweit einheitlichen Verbot der Heizstrahler kommen müsse. In den Außenbezirken und für den privaten Gebrauch sind diese derzeit erlaubt.

Für die AfD, bei der maßgebliche Funktionäre den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel noch immer leugnen, sagte Stadtrat Kai Goller: „Früher gab es auch keine Heizpilze, aber das Weltklima wird durch dieses Verbot nicht gerettet.“ Er erklärte, dass der Strom für elektrisch betriebene Geräte zudem gar nicht aus erneuerbaren Energien bezogen werde könne. Die Menge an verfügbarem Ökostrom im Netz sei konstant, zusätzlich benötigte Energie müsse aus Kohle erzeugt werden. Nicht durchsetzen konnte sich die Deborah Köngeter (Puls) mit ihrem Antrag, eine Kohlendioxidabgabe von 46 Euro pro Gerät einzuführen, die zu 50 Prozent von der Stadt bezuschusst und direkt in klimaschonende Projekte investiert werden sollte. Umweltbürgermeister Peter Pätzold (Grüne) sagte, die Einzelgenehmigung sowie das Eintreiben der Abgabe bedeuteten einen zu hohen bürokratischen Aufwand. Die Abgabe selbst sei zudem ein „Ablasshandel“. Er versprach, die Stadt werde die rechtliche Grundlage für das angestrebte Verbot der Heizpilze ab April 2021 zügig erarbeiten.