In der Bar in der Augustenstraße ist im Lockdown die Idee zu einem Buch entstanden. Mit Rezepten und Musikempfehlungen zu 18 Drinks kann man es sich auch in den eigenen vier Wänden schön machen.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - „Die Leichtigkeit beim Ausgehen ist längst verloren gegangen“, sagt Ralf Groher, der mit seiner Bar im Stuttgarter Westen seit bald 25 Jahren eine Institution ist. Zweimal musste er schon in den Lockdown gehen, und seit vor einigen Wochen die Clubs wieder schließen mussten, weiß man auch in der Barszene nicht so recht, wie lange es weitergehen kann. Die Tin Tin Bar an der Neuen Weinsteige hat schon den Cut gemacht und bietet nur noch Cocktails to go an. So weit ist man in der Bar in der Augustenstraße noch nicht, aber man hat ebenfalls etwas für zu Hause anzubieten: ein beziehungsweise das „Bar“-Buch.

 

Die Idee ist zu Beginn des zweiten Lockdowns entstanden, und nun ist sie verwirklicht. Ralf Groher erzählt, dass man viel Zeit und noch ein paar Pappdeckel für die Barkarte übrig hatte. Also haben sich er und Batuhan Gugeler, vor Corona in der Bar angestellt, aber als Architekturstudent an der Kunstakademie auch mit einem Faible für Fotografie und Gestaltung ausgestattet, gesagt: Der eine macht ein paar Fotos, der andere schreibt ein paar Rezepturen, das wird zwischen die Deckel geklebt – fertig! Dann aber ist das Projekt professionell ausgeartet. Gugeler fotografierte die Drinks mit einer analogen Kamera, begab sich daheim in seine Dunkelkammer – es handelt sich um einen Wandschrank ohne Wasseranschluss – und hat Farbabzug um Farbabzug gemacht, 463 insgesamt.

Zwei kleine Auflagen werden zum Liebhaberpreis verkauft

Für das Buch wurden in japanischer Bindung gefaltete Doppelbögen verwendet, damit man die Originalfotos einklemmen kann. Und schließlich hat man sich doch noch entschieden, ergänzend zur Unikat-Eedition von 15 Stück eine Kleinstauflage von 50 Exemplaren digital zu drucken, der auf Nachfrage weitere folgen könnten. Alles in Eigenregie und ohne Verlag. Beide Auflagen haben ihren Preis, mit dem aber eigentlich nur die Materialkosten abgedeckt sind: In der Liebhaberedition kostet ein Buch 65 Euro, in der absoluten Liebhaberedition mit den nummerierten Originalen 148 Euro.

Die allgemeine Verunsicherung ist groß

Gerade in diesen Zeiten kann man das einfach nur „Bar“ genannte Buch als Unterstützerprojekt sehen. Ralf Groher sagt: „Seit der Verwirrung über die Zulassungsbeschränkungen sind immer weniger Gäste gekommen.“ Tag für Tag müsse er die Lage neu bewerten. Sollten sich in der allgemeinen Verunsicherung immer weniger für einen Barbesuch entscheiden, wird er die Konsequenz ziehen und seine Location wie schon zweimal während der Pandemie wieder schließen müssen.

Insofern kann man das Buch als schöne Anregung für daheim sehen. Es enthält 18 Cocktails – Klassiker wie Whiskey Sour und Negroni, aber auch Signature Drinks wie den Hohenlohe Highball und Château d’If – für den Hausgebrauch: mit Zutaten, Anleitung und Musikempfehlung. Für uns mixt Groher eine rauchige Manhattan-Variante. Im Original heißt der Drink Rob Roy, den es in der Bar auch als Rockin‘ und Hard Rockin‘ Rob Roy gibt. Angesichts der musikalischen Empfehlung könnte man den Drink aber auch Krautrockin‘ Rob Roy nennen, denn als Musik hat Groher, der Musiker ist, „Mother Sky“ von der progressiven Deutschrock-Band Can ins Buch geschrieben.

Für lange Winterabende einen Whisky

Die Drinks sollen „leicht zu machen“ sein und kommen „ohne komplizierte Zutaten“ aus. Zudem werden im Auftaktkapitel „Technik“ fachspezifische Begriffe und die Grundausstattung erläutert. Völlig losgelöst vom Barbuch antwortet Groher auf die Frage, welche drei bis fünf Spirituosen in die Hausbar gehören: „Mit Gin, Rum, Wodka und wechselnden alkoholfreien Komponenten kommt man schon ziemlich weit. Und wenn man auch in die bittere Richtung gehen will, dann noch Campari und einen Wermut dazu.“ Für seine Empfehlung für lange Winterabende daheim allerdings braucht man einen guten und starken Whisky. Aber da ähnlich wie mancher Weinkeller auch die eine oder andere Hausbar inzwischen besser ausgestattet sein dürfte als vor Corona ... Der Barmann Ralf Groher jedenfalls habe bemerkt, dass die Leute viel in Qualität investieren, gerade auch bei den Spirituosen.

Hard Rockin‘ Rob Roy

5 cl Islay cask strength Single Malt (z. B. Ileach 58%)

2,5 cl roten Vermouth (Antica Fomula)

1,5 cl trockenen Vermouth (Noilly Prat)

2 Spritzer Fee Brothers Whiskey Barrel Bitters (im Notfall Angostura)

Alles sieben Sekunden in einem Rührglas auf Eiswürfeln rühren und in ein gefrostetes Cocktailglas abseihen. Eine Orangenzeste über dem Drink ausdrücken, den Glasrand damit abreiben und hineingeben.