In den Unterkünften werden Bewohner kreativ. Schneider aus Afghanistan und Somalia fertigen Alltagsmasken an.

Stuttgart-Feuerbach/Stuttgart-Weilimdorf - Die Corona-Krise hat viele Menschen vor große Herausforderungen gestellt. Auch in den knapp 100 Flüchtlingsunterkünften in der Landeshauptstadt „ist die aktuelle Situation aufgrund der beengten Verhältnisse für die Bewohnerinnen und Bewohner sehr belastend“, sagt Jasmin Bühler, eine Sprecherin der Stadt, auf Nachfrage. 27,4 Prozent der zur Verfügung stehenden Plätze fallen derzeit noch unter die 4,5-Quadratmeterregelung. Alle anderen Bewohner dürfen auf einer Fläche von sieben Quadratmetern leben. Doch von Lagerkoller ist zumindest in Feuerbach nichts zu hören und zu sehen. Knapp 800 Flüchtlinge sind in den Unterkünften im Bezirk derzeit untergekommen. Die Situation sei schwierig. Aber die Bewohner würden sich an die Regeln halten, heißt es beim Freundeskreis Flüchtlinge Feuerbach (FFF).

 

Auch bei der Stadt stellt man die positiven Aspekte in den Vordergrund: „Durch die Wiedereröffnung der Spielplätze am 6. Mai bei den Unterkünften haben zumindest die Familien mit Kindern wieder ein bisschen Abwechslung“, sagt Bühler. Die etwa 5700 Menschen, die derzeit in den Unterkünften leben, „werden im Rahmen des Infektionsschutzes regelmäßig über die allgemeinen Hygiene- und Abstandsregeln informiert. Dies erfordert allen beteiligten Personen ein hohes Maß an Disziplin ab“, ergänzt Bühler. „Außerdem hat die Stadt diese Regelungen als mehrsprachiges Video zur Verfügung gestellt. Um ein mögliches Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten, gilt aktuell in den Unterkünften noch ein allgemeines Besuchsverbot.“ Falls es Menschen gibt, die positiv auf Covid-19 getestet werden oder als möglicher Verdachtsfall gelten, „werden diese in besonderen Schutzunterkünften im Rahmen einer häuslichen Isolation untergebracht“.

Die Corona-Krise hat viele Bewohner kreativ werden lassen. Da wäre zum Beispiel der 39-jährige Amin Rajobi, der seit der Eröffnung der Unterkunft an der Wiener Straße in Feuerbach lebt. Zusammen mit seiner Familie ist er aus Afghanistan geflohen, um in Deutschland Schutz zu suchen. „Nun bietet er mit seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten anderen Menschen Schutz“, sagt der Heimleiter vom Deutschen Roten Kreuz, Güney Varol. Amin Rajabi hat in Afghanistan 20 Jahre lang als Schneider gearbeitet.

Auch in Weilimdorf wurden Masken genäht

Als klar war, dass in kurzer Zeit viele Masken gebraucht werden, damit die öffentlichen Verkehrsmittel genutzt werden können und auch beim Einkaufen ein Mund-Nase-Schutz benötigt wird, machte sich Rajabi ans Werk. „Er war sehr fleißig und hat seinen Mitbewohnern und auch den Ehrenamtlichen schnell helfen können, Masken zu bekommen“, sagt Wolf-Dieter Dorn, der Sprecher des FFF. Rund 170 Bewohner leben in den Unterkünften an der Wiener Straße. Rajabi war aber nicht der einzige, der sich dort in die Arbeit gestürzt hat. Auch Muhudin Abdullahi Ibrahim zeigte Initiative und schneiderte los. Der gebürtige Somalier ist ebenfalls Schneider und seit 19 Monaten in Feuerbach.

Wer noch eine Alltagsmaske braucht, kann sich gerne an den FFF wenden. Mehr Informationen gibt es im Internet unter www.ff-feuerbach.de.

Auch in Weilimdorf wurde der Flüchtlingskreis aktiv und hat sich überlegt, wie die Geflüchteten in den Gemeinschaftseinrichtungen mit Masken versorgt werden können. „Es war bekannt, dass die vom Betreiber der Gemeinschaftsunterkünfte bestellten Masken nicht rechtzeitig eintreffen würden“, sagt Werner Bossert, der Sprecher des Flüchtlingskreises Weilimdorf. „Ein Aufruf war außerordentlich erfolgreich.“ Neben über 60 handgenähten Masken, die die Ehrenamtlichen an einem Wochenende angefertigt haben, erhielt der Flüchtlingskreis von der Firma Magna Roof Systems aus Bietigheim-Bissingen 300 weitere waschbare Masken. „Damit konnten die Bewohner an der Solitudestraße und der Steinröhre erst einmal versorgt werden.