Corona zieht sich hin wie Kaugummi. 2022 will Grün-Schwarz eigentlich ohne neue Schulden auskommen. Für weitere Risiken sieht sich der Finanzminister bisher gut gerüstet – warnt aber auch.

Stuttgart - Baden-Württemberg hat noch einen Puffer von 3,4 Milliarden Euro für die Bewältigung der Corona-Krise. Die grün-schwarze Regierung hat seit Beginn der Pandemie den Topf für Haushaltsrisiken mit Hilfe von neuen Schulden auf 10,7 Milliarden Euro angefüllt.

 

Davon seien bis Ende vergangenen Jahres gut 5,4 Milliarden Euro abgeflossen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus dem Finanzministerium in Stuttgart. Für das laufende Jahr seien bisher Ausgaben von rund 1,9 Milliarden Euro aus dem Topf bewilligt. Damit hat das Land noch 3,4 Milliarden Euro zur Verfügung.

Minister will sich alle Optionen offenhalten

Finanzminister Danyal Bayaz zeigte sich optimistisch, dass das Polster genügt. „Stand heute gehen wir davon aus, dass unsere Rücklage reicht. Aber wir müssen vorsichtig sein“, sagte der Grünen-Politiker der dpa. „Ich bin weiterhin auch ein Risikomanager, die Pandemie belastet uns immer noch. Wir müssen auf Sicht fahren.“ Hintergrund ist, dass immer noch nicht ganz klar ist, wie die Pandemie weiter verlaufen wird.

Die grün-schwarze Koalition beschloss Ende 2021 einen Etat ohne neue Schulden, auch weil die Steuerschätzung ein Plus von 2,5 Milliarden Euro für dieses Jahr ergeben hatte. Es wurde in der Koalition aber angesichts des unklaren Verlaufs der Pandemie nicht ausgeschlossen, dass es im Notfall nochmal einen Nachtrag mit neuen Schulden geben könnte.

Kostentreiber: Tests, Impfungen und Masken

Am meisten musste das Land bisher für die Bereitstellung von Tests, Impfungen und Schutzausrüstung ausgeben. Bis Ende 2021 sind 970 Millionen Euro abgeflossen, wie aus einer Aufstellung des Ressorts hervorgeht. Es gebe aber weitere Zusagen für dieses Jahr in Höhe von knapp einer Milliarde Euro für diese Zwecke. Hier könnte noch mehr auf das Land zukommen, etwa wenn die vierte Impfung oder eine Impfpflicht kommen sollte.

Muss das Land den Betrieben noch mehr unter die Arme greifen?

Der zweitgrößte Posten sind die Wirtschaftshilfen. Hier sind schon bis Ende vergangenen Jahres Mittel in Höhe von 1,4 Milliarden Euro ausgezahlt worden. Für dieses Jahr rechnet das Ministerium bisher mit einem weiteren Abfluss von etwa 360 Millionen Euro. Hier könnte es Mehrbelastungen geben, sollte das Land doch nicht so strikt auf die Rückzahlung der Corona-Soforthilfen pochen.

Hilfen für Kommunen, Kliniken und Schulen summieren sich

Die direkten Finanzhilfen für Städte und Gemeinden machen in der Rechnung 739 Millionen Euro aus. Daneben griff das Land den Uni-Kliniken unter die Arme, damit diese sich besser auf die Herausforderung durch Corona einstellen können. Abgerufen wurden bisher 283 Millionen Euro, es sollen in diesem Jahr nochmal 261 Millionen Euro dazukommen.

Für die Entschädigung von Arbeitnehmern, die wegen Corona nicht arbeiten konnten und Verdienstausfall hatten, nahm die Regierung bis Ende 2021 rund 144 Millionen Euro in die Hand. Hier gehen die Finanzexperten davon aus, dass nochmal 112 Millionen Euro hinzukommen.

Rettungsfonds für Firmen hat Volumen von einer Milliarde Euro

In der Liste der Ausgaben steht auch der Corona-Rettungsfonds für mittlere Firmen mit einem Volumen von einer Milliarde Euro. Da dieser aber von den Unternehmen nicht abgerufen wurde, nutzte die Regierung das Geld für eine Sondertilgung der Notkredite.

Darüber hinaus gab das Land bis Ende 2021 knapp 890 Millionen Euro für eine Reihe verschiedener Hilfen aus: Darunter finden sich IT-Maßnahmen, der Rettungsschirm für den Öffentlichen Nahverkehr, das Programm für Schüler mit Lernrückständen „Brigde the gap“ oder der Nothilfefonds für Kunst- und Kultureinrichtungen. Hier sind bisher noch weitere Ausgaben im laufenden Jahr in Höhe von 35 Millionen Euro angegeben.

Land nahm Rekordschulden auf

Grün-Schwarz hatte kurz nach Beginn der Pandemie per Nachtragsetat Rekordschulden in Höhe von 13,5 Milliarden Euro aufgenommen, um die Folgen abzumildern. Mitte 2021 kamen nochmal 1,2 Milliarden Euro hinzu. Mit dem Geld glich das Land Steuermindereinnahmen aus, unterstützte Städte und Gemeinden über den kommunalen Finanzausgleich und füllte den Puffer für Haushaltsrisiken auf. 2020 schob Grün-Schwarz 6,5 Milliarden Euro in die Rücklage, 2021 nochmal 1,8 Milliarden Euro und in diesem Jahr kommen 1,5 Milliarden Euro hinzu. Rechnet man die gut 850 Millionen Euro hinzu, die 2020 schon in dem Topf waren, kommt man auf rund 10,7 Milliarden Euro.