Inzwischen hat mehr als ein Fünftel der Bundesbürger eine Impfung bekommen, und es werden zusehends mehr. Was bedeutet das mit Blick auf Corona-Beschränkungen? Und wann kann sich jeder impfen lassen?

Berlin - Corona-Impfungen sollen spätestens ab Juni für alle in Deutschland möglich sein - also ohne die bisherige Priorisierung mit einer festen Reihenfolge. „Das heißt nicht, dass dann jeder sofort geimpft werden kann“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten. „Aber dann kann sich jeder um einen Impftermin bemühen, und die werden dann nach Maßgabe der Versorgung auch gegeben.“ Für die immer größere Zahl Geimpfter kommen außerdem Erleichterungen bei Corona-Vorschriften in Sicht - unter anderem bei Einreisen nach Deutschland oder beim Zugang zu Geschäften. Die Bundesregierung plant dazu eine Verordnung.

 

Merkel bekräftigte angesichts zunehmender Impfstofflieferungen erneut ihr Versprechen, bis Ende des Sommers am 21. September allen Bürgern ein Impfangebot zu machen. In vielen Bundesländern seien inzwischen die ersten zwei Prioritätsgruppen geimpft, teils sei die dritte und letzte Gruppe geöffnet. Im Großen und Ganzen gehe man davon aus, dass diese Gruppe im Mai geimpft werde, „so dass wir dann spätestens, je nachdem wie viele Impfdosen wir bekommen, ab Juni - aber ich sage nochmals: spätestens - die Priorisierung aufheben können“.

Impfpriorisierung

Eine feste Reihenfolge war wegen des anfangs absehbar knappen Impfstoffs eingeführt worden, um Menschen mit dem höchsten Risiko auf schwere und tödliche Corona-Verläufe zuerst zu schützen. In Gruppe 1 kamen über 80-Jährige, Menschen in Pflegeheimen und Gesundheitspersonal mit hoher Ansteckungsgefahr zum Zuge. Gerade laufen Impfungen in der zweiten Gruppe mit Menschen ab 70, Krebskranken, Kita-Erzieherinnen und Grundschullehrkräften.

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich für eine Impf-Freigabe im Juni ausgesprochen - nachdem zuvor im Mai die dritte Gruppe zum Zuge kommen soll. Dazu gehören neben über 60-Jährigen etwa Supermarktverkäuferinnen, Busfahrer, Justizbeamte und Lehrkräfte in weiterführenden Schulen. Diese könnten kein Homeoffice machen. „Die warten jetzt seit vier, fünf Monaten darauf“, sagte er im TV-Sender „Welt“. Der nächste Schritt sei das Ende der Priorisierung im Juni. „Wenn es früher geht, weil mehr Impfstoff kommt, gerne auch früher.“

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) betonte, neben impfenden Praxen würden die regionalen Impfzentren der Länder noch lange gebraucht. Es gebe jene, die dort schon Zweittermine gebucht hätten. „Aber wir werden noch große Bevölkerungsgruppen haben, die wir dann auch schnell impfen wollen, wenn man an die Jüngeren denkt, die Studierenden, die Auszubildenden.“ Gleichzeitig sollten auch die Betriebsärzte möglichst schnell in die Impfungen einbezogen werden.

Erleichterungen für Genesene

Merkel und die Länderchefs diskutierten auch über Regelungen für vollständig Geimpfte und Genesene, es gab aber wie erwartet keine Beschlüsse. Der geplanten Verordnung müssen Bundestag und Bundesrat zustimmen, wie Merkel erläuterte. Laut einem Eckpunktepapier der Bundesregierung vom Wochenende könnten Geimpfte und Genesene etwa beim Zugang zu Geschäften und Dienstleistungen wie Friseuren dieselben Ausnahmen bekommen, die für negativ Getestete gelten. Bei der Einreise aus dem Ausland könnte in den meisten Fällen eine Quarantäne wegfallen. Maskenpflicht und Abstand sollten aber auch für Geimpfte, Genesene und Getestete noch länger gelten.

Merkel sagte mit Blick auf die kommenden Wochen: „Wir werden in eine Übergangsphase kommen, die auch nicht einfach ist.“ Es werde immer mehr Geimpfte geben, aber auch immer noch viele Ungeimpfte, die schutzbedürftig seien. Oberstes Ziel sei es, allen Menschen ihre Grundrechte schnellstmöglich wiederzugeben. Spahn machte deutlich, dass noch Beratungen und Abstimmungen für die geplante Verordnung nötig sind. „So eine Verordnung braucht schon auch zwei, drei, vier Wochen“, sagte er dem Sender „Welt“. Aber das sei dann auch zügig.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte der dpa: „Für Geimpfte sollte es bald keine Tests und keine Quarantäne mehr geben bei Urlaubsreisen.“ Bisher gilt bei Flugreisen bei der Rückkehr nach Deutschland eine Testpflicht, bei der Rückkehr aus Ländern mit hohen Corona-Zahlen müssen Reisende in Deutschland in Quarantäne gehen.

Perspektiven

Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) nannte die Bund-Länder-Runde eine Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) „der Hoffnung“ und sagte voraus: „Wir werden Corona überwinden. Und wir werden in den nächsten Monaten riesige Schritte nach vorne machen.“ Merkel teilte diese Einschätzung, betonte aber, es gebe es noch viele Problem. Die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens sei nicht gebannt. „Deshalb sind jetzt noch Wochen der Anstrengung notwendig.“

Keine konkrete Aussage wollte Merkel zur Frage machen, ob und wie in diesem Sommer Urlaub möglich sein kann. Dies werde von der Höhe der Grundinzidenz abhängen, also dem Infektionsgeschehen. Im Sommer vergangenen Jahres habe die Sieben-Tage-Inzidenz zwischen 2 und 5 betragen. „Ich sage nicht, dass es wieder so weit runtergehen muss, weil uns jetzt das Impfen hilft. Aber wann wir jetzt wieder darüber nachdenken können, Hotels zu öffnen, das kann ich heute nicht sagen. Das hängt vom Verlauf dessen ab, was wir jetzt im Augenblick machen.“ Am Montagmorgen lag die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner laut RKI bundesweit bei 169,3.

Stand beim Impfen

Nach Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) von Montag (8.00 Uhr) haben inzwischen 23,4 Prozent der Bundesbürger eine erste Impfung erhalten - 7,2 Prozent sind vollständig geimpft. Spahn geht davon aus, dass im Laufe des Mai jeder Dritte in Deutschland eine erste Impfung erhalten haben wird. Bis Sonntag wurden laut RKI etwa 29,9 Millionen Dosen geliefert. 85,1 Prozent davon wurden gespritzt. Für das gesamte laufende zweite Quartal haben die Hersteller laut Gesundheitsministerium 80 Millionen Impfdosen zugesagt, davon sind etwa 50 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer.