Die Corona-Fallzahlen in Deutschland steigen wieder. Nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts handelt es sich aber vor allem um lokale Ausbrüche. Die „zweite Welle“ rollt noch nicht – zumindest in Deutschland.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Der stark gestiegene R-Wert bei den Corona-Infektionen in Deutschland hat Anfang der Woche für Aufsehen gesorgt. Erleben wir gerade den Beginn einer „zweiten Welle“ an Infektionen?

 

Der R-Wert bildet, so wie er vom Robert-Koch-Institut für die Corona-Pandemie in Deutschland berechnet wird, letztlich die Infektionszahlen von vor einigen Tagen ab. Diese sind zuletzt wieder angestiegen. Der relative Anstieg wirkt vergleichsweise dramatisch, die Zahlen sind im Wochenvergleich um mehr als das Anderthalbfache gestiegen. In absoluten Zahlen hat die Zahl der täglichen Infektionen um mehr als 200 auf aktuell 575 zugenommen. Das entspricht in etwa den Zahlen, die zuletzt Mitte Mai beobachtet wurden.

In einer Pressekonferenz hat der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, die steigenden Fallzahlen eingeordnet. Demnach bildeten die Zahlen vor allem lokale Ausbrüche ab, etwa im Landkreis Gütersloh sowie in Göttingen, Magdeburg oder Neukölln. Dort gab es größere Ausbrüche in Schlachthöfen und Glaubensgemeinschaften, es seien viele Haushalte in Quarantäne. In solchen Fällen wird im Umfeld der betroffenen Unternehmen oder Gemeinschaften umfassend getestet, um Infektionen zu erkennen und Infektionsketten zu unterbrechen. Zugleich werden dadurch neue Infektionen registriert und fließen in die Statistik ein.

„Ausbrüche finden vor allem in sozial schwierigen Umfeldern statt“, sagte Wieler am Dienstag. Dazu gehörten unter anderem beengte Wohnverhältnisse. Der RKI-Präsident rechnet damit, dass die aktuelle Situation bis zum Herbst anhält: Derzeit gebe es in zahlreichen Kreisen wenige bis gar keine neuen Covid-19-Fälle, in einigen wenigen aber größere Ausbrüche. Diese sollen möglichst rasch eingehegt werden.

Anderswo rollt die „zweite Welle“ schon

Gleichwohl bestehe die Gefahr, dass aus vielen einzelnen Hotspots irgendwann doch eine „zweite Welle“ entstehe, so Wieler. Interessant werde auch der weitere Verlauf der Pandemie im Herbst, wenn es wieder kälter wird und Infektionen wahrscheinlicher sind. Südkorea spricht bereits von einer „zweiten Welle“ und auch im Iran rolle eine „zweite Welle“ bereits, so Wieler. Der RKI-Präsident zeigte sich am Dienstag aber optimistisch, so eine Entwicklung in Deutschland verhindern zu können. Zentral sei dafür die Arbeit der örtlichen Gesundheitsämter, die lokale Ausbrüche eindämmen sollen.

Auch eine zweite Corona-Kurve knickte zuletzt wieder nach oben: die Zahl der aktuell Infizierten. Sie errechnet sich aus den registrierten Infizierten abzüglich der Verstorbenen und neu Genesenen. Letztere werden vom Robert-Koch-Institut geschätzt. Mit mehr als 6000 aktuell Infizierten liegt deren Zahl aktuell um etwa 1000 über dem Wert aus der Vorwoche:

In Baden-Württemberg ist die Zahl der Corona-Neuinfektionen seit etwa zwei Wochen relativ konstant. Etwa 30 Infektionen werden pro Tag registriert. Die Neuinfiziertenrate liegt mit einem Infizierten je 100 000 Einwohner deutlich unter dem Bundesschnitt (4,4). Es gibt aktuell auch keinen größeren lokalen Ausbruch.