Gewaltforscher Andreas Zick befürchtet, dass die Einführung einer Corona-Impfpflicht zu einer Radikalisierung der Impfgegner führen könnte. Diese Gruppe sei in der Gesellschaft kein Randphänomen mehr.

Bonn/Bielefeld - Der Bielefelder Gewaltforscher Andreas Zick sieht in einer Corona-Impfpflicht ein großes gesellschaftliches Konfliktpotenzial, das zur weiteren Radikalisierung der Minderheit der Impfgegner führen wird. Dem TV-Sender phoenix sagte der Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld am Dienstag: „Es wird immer deutlicher, dass wir Demokratie-distante Minoritäten haben, die ihre Einstellung durchsetzen wollen, die sich keinen Fußbreit bewegen.“

 

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Dies seien Menschen, die kein Interesse hätten „an einem Zusammenhalt, an einem Konsens, an einem Weg, Lösungen zu finden“, so Zick. „Wir hören keinen Vorschlag, wie es denn gehen soll ohne eine Impfpflicht, auch nicht aus rechtspopulistischen Parteien. Es gibt keine Vorschläge dazu, außer dem: Wir ändern unsere Einstellung sowieso nicht“, sagte Zick weiter.

Radikalisiert sich die Mitte der Gesellschaft?

Das Problem sei längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen: „Wir haben hier ein sehr stabiles Milieu, was inzwischen in der Mitte verhaftet ist, was sich von gar keinen Argumenten mehr überzeugen lässt, also ein Eindringen von Verschwörungsglauben, von Rechtspopulismus, eine Mischung in der Gesellschaft.“ Es hätten sich neue radikale Gruppen gebildet, von denen noch absehbar sei, inwieweit sie einen neuen Extremismus bilden, sagte Zick.

Durch diese Radikalisierung und mangelnde Bereitschaft zur Einsicht würden die Solidaritätswerte für diese Gruppen im Rest der Gesellschaft sinken. „Wir hatten bislang in einer stabilen Demokratie den Grundgedanken: Wir hören Minoritäten an, wir dulden auch Protest“, so Zick. Diese Idee kippe jetzt. „Da ändern sich jetzt Solidaritätswerte.“