Coronavirus in Stuttgart Blumen gibt es nicht mehr im Laden, sondern davor

Aufgrund der Corona-Krise haben fast alle Geschäfte in Stuttgart zu. Eine Einzelhändlerin aus Stuttgart-Degerloch verkauft ihre Blumen deshalb nicht mehr im Laden, sondern davor. Dafür braucht es jedoch ein gewisses Vertrauen.
Degerloch - Die Idee kam Marion Henzler vor wenigen Tagen. Nachdem die baden-württembergische Landesregierung entschieden hatte, dass aufgrund des Coronavirus vorerst so gut wie alle Läden in Stuttgart geschlossen bleiben müssen – ausgenommen sind etwa Supermärkte, Apotheken und Drogerien –, hat die Einzelhändlerin erst einmal ein paar Tage gebraucht, um ihre Gedanken zu ordnen. Dann entwickelte die Inhaberin des Wohn-, und Dekorationsladens Bella Casa in Degerloch ein alternatives Geschäftskonzept: Nun gibt es Blumen zwar nicht mehr in ihrem Laden zu kaufen, allerdings können sich Kunden auf Selbstbedienungsbasis bunte Sträuße vor der Ladentür mitnehmen.
„Uns Einzelhändler stürzt das Coronavirus in eine große Krise“, erläutert Marion Henzler. „Wir mussten erst einmal überlegen, was wir nun machen.“ Wie kann man trotz der Lahmlegung des öffentlichen Lebens die Stammkunden halten, möglicherweise sogar neue Kunden dazugewinnen – und sich selbst zumindest etwas Geld in die Kasse spülen? Der Blumenverkauf per Selbstbedienung ist zumindest eine mögliche Variante. Außerdem liefert Marion Henzler bestellte Sträuße zu den Kunden nach Hause.
„Die Leute wollen Farbe, etwas Buntes“
„Ich fahre nach wie vor jeden Morgen zum Großmarkt und kaufe Blumen“, erläutert Marion Henzler. Zurück im Laden bindet sie Sträuße und stellt diese in Vasen auf Tische, die sie vor ihrem Laden an der Epplestraße aufgebaut hat. Auch spezielles Blumenpapier liegt bereit, damit die Kunden ihre gekauften Sträuße unbeschadet nach Hause transportieren können. Und daneben steht eine Kasse, in die das Geld hineingeworfen werden soll.
„Bisher funktioniert das wunderbar. Und die Kunden sind begeistert“, sagt Marion Henzler. Das schreibt auch eine Leserin unserer Zeitung in einer E-Mail an die Redaktion. „Finde ich eine tolle Idee, und ich freue mich, dass diese Vertrauenslösung offensichtlich funktioniert.“ Marion Henzler glaubt: Auch oder gerade weil das Leben etlicher Menschen aktuell so aus den Fugen gerate und die Verunsicherung groß sei, hätten die Menschen ein Bedürfnis nach Blumen. „Die Leute wollen Farbe, etwas Buntes.“
Bisher sind die Kunden zuverlässig
Dass jemand ihr neues Geschäftsmodell ausnutzt, sich einfach so Blumen mitnimmt und kein Geld in die Kasse wirft? Das glaubt Marion Henzler nicht. „Ich gehe da immer von mir selbst aus. In der aktuellen Situation macht das keiner.“ Und wenn jemand versehentlich mal einen Euro weniger als veranschlagt zahle, dann sei dies halt so, meint sie. Großes Glück hat die Händlerin mit der Lage an der Epplestraße. Denn obwohl aktuell so viele Läden geschlossen sind, seien dort noch recht viele Menschen unterwegs, sagt sie – allein deshalb, weil dort mehrere Supermärkte und Drogerien sind.
Ganz neu ist die Idee mit dem Blumenverkauf auf Selbstbedienungsbasis freilich nicht. Am Waldfriedhof in Degerloch konnte man sich beispielsweise auch schon in der Vergangenheit Blumen aussuchen und das Geld dafür in eine Kasse werfen. Heinz Tiedemann von der dort angesiedelten Gärtnerei Tiedemann erläutert: In der Vergangenheit hätten die Kunden ihre Blumen an Werktagen tagsüber in der Regel direkt bei ihm oder einem der Mitarbeiter gekauft, nur wer abends oder sonntags kam, habe sich selbst bedient. Nun gelte das Selbstbedienungsprinzip durchgehend – zumindest so lange, bis sich die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamt und irgendwann wieder Normalität einkehrt.
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