Der Buchhandel schaut noch sehr vorsichtig in die kommenden Wochen und Monate: Publikumsveranstaltungen wird es wohl erst von Ende September an geben.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Vieles ist in diesen Coronazeiten jetzt wieder möglich, an das vor wenigen Wochen noch nicht zu denken war. Doch die Vorsicht bleibt ein beständiger Begleiter. Vor allem bei Veranstaltern, die das volle unternehmerische Risiko schultern müssen. Der Buchhandel etwa bleibt abwartend, was eigene Lesungen betrifft. Kein Wunder, auch die großzügigeren Möglichkeiten des Besuchs einer Buchhandlung in Zeiten von hoher Inzidenz wurden bei Weitem nicht so genutzt, wie es möglich gewesen wäre. Eine Ausnahme scheinen da die Kinder- und Jugendbuchwochen in Stuttgart zu sein.

 

Kinder- und Jugendbuchwochen mit 37 Lesungen

Der Dachverband, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Baden-Württemberg, veranstaltet diese noch bis zu diesem Freitag. Dann haben in zwei Wochen insgesamt 37 Lesungen stattgefunden vor dem jungen Publikum. Beatrix Sureanu, die Organisatorin vom Börsenverein, bemerkt schon zu Recht: „Wir freuen uns sehr, dass wir Schülern und Lehrern im Großraum Stuttgart dieses Angebot machen können, da uns die Leseförderung gerade in diesen Zeiten besonders am Herzen liegt. Die gute Resonanz auf das Angebot hat gezeigt, wie sehr Kinder und Lehrer eine kleine Auszeit vom anstrengenden Pandemiealltag brauchen und wie erfreulich hoch der Stellenwert von Literaturvermittlung und Leseförderung in den Schulen ist.“ Dazu muss hinzugefügt werden: Diese Veranstaltungen haben erst nach Anmeldung in den jeweiligen Klassenräumen stattgefunden, wo es ja bereits Hygienekonzepte gibt. Öffentliche Lesungen, gar eine Ausstellung im Treffpunkt Rotebühlplatz, wie in den Jahren vor Corona üblich, hat es nicht gegeben.

Der Publikumsansturm ist ausgeblieben

Die Buchhandlungen in der Stadt hatten dagegen erst einmal Grund zur Freude: Früher als andere Branchen kamen sie in den Genuss von großzügigeren Zugangsregeln vergleichbar den Discountern. Ein Angebot, das nach damaligen Umfragen kaum in Anspruch genommen wurde. Entsprechend zurückhaltend sind nun die Planungen: Vor und während der Schulferien geht erst einmal gar nichts, frühestens für Ende September oder Anfang Oktober werden die Fühler vorsichtig ausgestreckt.

Lesungen in der Kirche

Eine Buchhandlung hat das große Los gezogen hat: der Botnanger Buchladen. „Im vergangenen Herbst hatten wir fünf Veranstaltungen eingeplant“, so die Inhaberin Uscha Kloke, „doch die konnten alle nicht bei uns stattfinden.“ Die Lösung kam in Gestalt der evangelischen Kirchengemeinde Botnang: Dahin konnten die Lesungen nun ausweichen. Kloke: „Da konnten sogar bis zu 80 Leute rein.“ Das sind nun nicht wesentlich mehr als die 60, die sonst maximal in den Buchladen passen. Aber das war doch ein großer Trost, denn die Lesungen in Botnang sind stets schnell ausverkauft. Und das Besondere: Die Lesungen haben nicht wie zu erwarten im Gemeindezentrum stattgefunden, sondern in der Nikodemus-Kirche. „Das ist schon ein besonderes Ambiente für eine Lesung“, schwärmt Kloke, „da begrüße ich von der Kanzel herab.“ Und die fünf Lesungen, mal angedacht für den Herbst, dürfen dann wieder in der Nikodemus-Kirche stattfinden. Bleibt es bei niedrigen Inzidenzzahlen, können dann noch viel mehr Interessierte rein als 80 Besucher.

Die Ladenfläche erweitern

Myriam Kunz vom erst kürzlich prämierten Kinder- und Jugendbuchladen Buchstäbchen im Stuttgarter Westen hat da ein größeres Problem. Schon seit Längerem hat sie eine Ladenfläche gleich neben ihrem Geschäft am Bismarckplatz angemietet, um dort ungestört Veranstaltungen machen zu können. Doch seit Monaten steht der leer. Und ihr fehlt nun die Zuversicht, dass es in diesem Herbst wieder Leseveranstaltungen geben kann. Kunz: „Im vergangenen Jahr hatten wir auch für den Herbst geplant, mussten dann aber alles absagen. Jetzt bin ich eben daran, die Verkaufsfläche um diesen Raum zu erweitern. Zunächst mal bis zum Ende dieses Jahres. Mal schauen, wie es dann aussieht.“

Hoffen auf die Zeit nach den großen Ferien

Selbst die Großen der Branche bleiben erst mal zurückhaltend. Rainer Bartle, Filialleiter von Wittwer-Thalia am Schlossplatz: „Im Juli fangen wir mal klein an mit einigen Veranstaltungen für unser junges Publikum zu den Themen Fantasy oder Comic. Große Publikumsveranstaltungen, etwa mit Autoren wie Wolfgang Schorlau oder Heinrich Steinfest planen wir von Ende September an. Aber da stehen noch weder Namen noch das Datum fest.“ Und von Osiander heißt es: „Momentan halten wir uns mit Veranstaltungen zurück. Einzige Ausnahme: das Tübinger Bücherfest, das vom 24. bis 26. September stattfindet und bei dem wir über 50 Veranstaltungen planen.“ Zurückhaltung wird auch erst mal von den Fildern signalisiert. Helke Stadelmeier vom Vaihinger Buchladen: „Wir strecken derzeit unsere Fühler aus auf Ende September und Anfang Oktober, also auf jeden Fall nach den Schulferien.“ Dazu gibt es Überlegungen, den Hof zwischen Straße und Ladeneingang zu bespielen. „Da ist aber noch nichts spruchreif“, so Stadelmeier. „Am Ende entscheiden die Inzidenzzahlen, was möglich ist.“