Coronavirus in Stuttgart So schützen sich Bäcker und Metzger

Bäckereien und Metzgereien zählen zu den Geschäften, die auch weiterhin geöffnet bleiben dürfen. Wir haben uns in Stuttgarter Betrieben umgehört, wie man dort mit der aktuellen Situation umgeht und wie Kunden und Angestellte vor möglichen Ansteckungen geschützt werden.
Stuttgart - Die Bundesregierung und die Länder haben zur Eindämmung des Coronavirus eine weitgehende Schließung von Geschäften in Deutschland vereinbart. Ausgenommen von diesem Beschluss sind unter anderem Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Tankstellen, Banken und Poststellen. Somit sollen auch Bäckereien und Metzgereien vorerst geöffnet bleiben. Doch was bedeutet das konkret für die Bäcker und Metzger in Stuttgart? Welche Vorkehrungen treffen sie in ihren Ladengeschäften?
„Bitte mit Karte zahlen, wenn möglich“, heißt es an der Kasse der Metzgerei Sum an der Forststraße 190 im Stuttgarter Westen. Als Lebensmittelgeschäft dient die Metzgerei der Grundversorgung und bleibt daher auch in Zeiten der Corona-Krise geöffnet. „Vor ein paar Tagen war ein Handwerker da“, berichtet Inhaber Martin Sum. Dieser hat uns eine Plexiglasscheibe angefertigt, die nun über einem Teil der Verkaufstheke angebracht ist. Nur ein Schlitz ist frei, durch den der Metzger die Ware an seine Kunden reichen kann. Auch sonst achtet Sum auf seine Gesundheit und die seiner Angestellten. „Wir fordern die Kunden dazu auf, bargeldlos zu zahlen, um möglichst wenig mit dem Münzgeld in Berührung zu kommen.“
Disziplinierte Kunden
Bis jetzt ist er sehr zufrieden damit, wie diszipliniert sich die Kunden bei ihrem Einkauf verhalten. „Sie halten automatisch Abstand zueinander und stellen sich in einer Reihe an. Deshalb reicht die Schlange schon mal bis raus auf die Straße.“ Was er nicht verstehen kann, ist, warum die Leute so viel Fleisch einkaufen. Manch einer kaufe Fleisch für 14 Tage ein, so der Metzger. Vor allem vakuumverpackte Produkte, wie beispielsweise Maultaschen, würden in Massen gekauft werden.
Spuckschutz soll Ansteckung verhindern
„Wir tragen eine doppelte Verantwortung Ihnen und uns gegenüber, deshalb diese Maßnahmen . . .“, steht mit rotem Filzstift auf ein großes Schild am Eingang der Bäckerei Bosch geschrieben. Die Bäckerei, die in der ganzen Stadt für ihre Brezeln bekannt ist, macht ähnliche Erfahrungen wie Metzger Sum und versucht Kunden und Angestellten unter Anbetracht der Lage gerecht zu werden. Bäckerin Fanny Gutekunst hat ebenfalls den Eindruck, dass mehr Leute einkaufen und vor allem die Menge an verkauften Backwaren pro Kunde angestiegen ist. Vor allem die dunklen Brotsorten seien gefragt, da diese länger haltbar sind. „Manche Kunden kaufen auch mehrere Laib Brot und wollen einen Teil davon einfrieren“, berichtet die Bäckerin. Auch in der Bäckerei an der Schwabstraße sind besondere Schutzvorkehrungen eingerichtet worden: Seit Samstag ist eine durchsichtige Folie – Gutekunst spricht von dem „Spuckschutz“ – zwischen Ladentheke und Kunden gespannt, um eine mögliche Virusverbreitung zu vermeiden. Außerdem waschen sich alle Angestellten häufiger die Hände und kassieren das Geld nur mit Handschuhen ab. „Die Kunden sind aber sehr diszipliniert. Es sind meistens nur zwei bis drei Personen im Ladenraum, die anderen warten draußen.“
Stunden vor Ladenschluss ausverkauft
Die Bäckerei Katz hat mehrere Filialen in Stuttgart und der Umgebung. Aktuell sind diese teilweise schon mehrere Stunden vor Ladenschluss ausverkauft. Zwei Verkäufer am Standort Vogelsang berichten von Kunden, die dann schon mal ungemütlich werden. „Wir haben von Montag bis Samstag von 7 bis 21 Uhr geöffnet. In den letzten Tagen war teilweise schon um 18.30 Uhr alles ausverkauft“, berichtet einer der beiden Angestellten. „Die Leute werden dann unverschämt und beklagen sich dann bei uns, warum wir nichts mehr haben. Dabei können wir nichts dafür.“ Sein Kollege bejaht und zeigt ein Foto, auf dem die leer gekaufte Ladentheke zu sehen ist.
Das gesamte Catering fällt weg
Doch der Schein trügt, weiß der Geschäftsführer des Landesinnungsverbands für das Württembergische Bäckerhandwerk, Frank Sautter. Die Nachfrage in den Bäckereien sei zwar hoch, doch würde der Liefer- und Cateringservice derzeit wegfallen. „Eigentlich stehen jetzt viele Konfirmationen an, die nun abgesagt wurden. Einige unserer Bäcker beliefern zum Beispiel auch Stadien oder das Frühlingsfest. All das fällt jetzt weg“, sagt Sautter.
Die Menschen könnten nicht mehr in Restaurants zum Essen und würden sich dafür etwas bei einer Bäckerei mitnehmen, mit dem fehlenden Catering würde aber ein großer Teil der Einnahmen wegfallen. „Unterm Strich befürchte ich, dass auch Bäckereien einen Umsatzrückgang verzeichnen werden“, so Sautter. Aktuell versucht der Landesinnungsverband den einzelnen Bäckereien beizustehen und informiert über geeignete Sicherheitsvorkehrungen, so beispielsweise, dass sich keine größeren Personengruppen mehr im Verkaufsraum aufhalten sollen. „Unsere Bäckereien versuchen, die Bevölkerung in gewohnter Qualität zu versorgen“, sagt Sautter.
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